Identitären-Aufmarsch in Wien

Identitären-Aufmarsch in Wien

© APA/ROLAND SCHLAGER

Digital Life

Braune App: Rechtsextreme arbeiten an Vernetzungsplattform

Die "Identitäre Bewegung Österreich" (IBÖ) - eine Art Waldorfschule der rechtsextremen Szene - und ihr Chef Martin Sellner haben es sich zum Auftrag gemacht, rechtes Gedankengut in hippem Gewand zu präsentieren. Dazu gehört ein ordentlicher Onlineauftritt. YouTube-Kanäle und Social-Media-Aktivitäten sind bereits etabliert, seit einigen Jahren wird auch von einer App geträumt, mit deren Hilfe sich Gesinnungsgenossen einfach finden und vernetzten können.

Wie die taz schreibt, gibt es jetzt offenbar Fortschritte bei der Erstellung des Vernetzungswerkzeugs. "Patriot Peer", wie die braune App heißen soll, steht angeblich kurz vor der Fertigstellung. Das geht aus einem Video auf dem YouTube-Kanal von Sellner hervor, in dem der IBÖ-Chef mit zwei Handlangern einen Test der Smartphone-Applikation durchführt. "Patriot Peer" soll dabei helfen, "Kräfte zu vernetzen", die "schweigende Mehrheit zu visualisieren" und den "Widerstand als Spiel" zu inszenieren, heißt es auf der Webseite der App. „Wenn ihr Nichts habt, worin ihr gut seid, im ganzen Leben versagt habt, könnt ihr immer noch (…) bei Patriot Peer der höchste Level-Patriot werden“, zitiert die taz Sellner.

Ärger mit (Datenschutz)gesetz

Finanziert wird die App über eine Crowdfunding-Kampagne auf Kickstarter. Dass sich die Veröffentlichung so lange hinzieht, hat verschiedene Gründe. Zum einen muss die rechte Software der Datenschutzgrundverordnung genügen, zum anderen haben 17 Mitglieder der Identitären in Österreich - inklusive des Vorstehers Sellner -  derzeit Probleme mit der Justiz. Weil die Personaldecke hierzulande offenbar nicht dick genug ist, hat jetzt der deutsche Identitäre Kai Alexander Naggert beschlossen, die Arbeit an der Veröffentlichung für seine österreichischen Kameraden zu übernehmen.

Sobald die letzten Tests abgeschlossen sind, soll "Patriot Peer" in den App Stores verfügbar gemacht werden. Die Applikation funktioniert wie ein soziales Netzwerk für Rechtsextreme. Jeder kann sich die Software herunterladen und ein Profil erstellen. Dann muss eingestellt werden, ob und für wen der eigene Standort sichtbar sein soll. So sollen sich braune Schwestern und Brüder überall auf der Welt einfach finden können.

 

Über das gegenseitige Scannen von QR-Codes mit dem Smartphone können Freundschaften bestätigt werden. Die Kontaktaufnahme mit beliebigen anderen App-Nutzern ist ebenfalls vorgesehen. Wenn ein Nutzer Kontakte knüpft, wird er mit Punkten belohnt, die ihm den Aufstieg in der identitären App-Hackordnung ermöglichen. Kontakte mit hoch eingestuften Nutzern geben mehr Punkte. An der Spitze der Hierarchie werden aller Voraussicht nach Sellner, der möglicherweise die Mitgliedsnummer 1 bekommt, und seine Vertrauten stehen.

Damit "Patriot Peer" nicht ungenutzt im virtuellen App-Regal verstaubt, sollen sie in die Offline-Aktivitäten der Identitären integriert werden. Bei Veranstaltungen sollen QR-Codes ausgegeben werden, die Punkte einbringen. Wer sich die Reden von Sellner und Co regelmäßig anhört oder mit auf Bootsausflüge im Mittelmeer fährt, kann so zum großen Patrioten aufsteigen. Damit sollen Strukturen in der Organisation gestärkt werden und die Rekrutierung von App-affinen potenziellen Mitstreitern erleichtert werden.

Ein genaues Veröffentlichungsdatum haben die Identitären noch nicht bekanntgegeben. Das könnte auch daran liegen, dass noch an einer Lösung für das potenzielle Problem einer Infiltration durch politisch Andersdenkende gearbeitet werden muss. Nicht nur Ärger mit militanten Antifaschisten, sondern auch eine unabsichtliche Gesinnungsentblößung der Nutzer scheint denkbar. Hier hat Sellner einen Tipp: " Wenn du einen Verdacht hast, nimmst du einfach zwei Freunde mit."

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