© Kainz

Fotografie

Digitale Fotofehler als Kunstobjekte

Digitale Fotografie zeichent sich heute dadurch aus, Fehler möglichst unbemerkt verschwinden zu lassen. Das Auftreten von Unschärfen, Bildrauschen, Artefakten oder der Moiré-Effekt sollen so gut wie möglich verhindert werden. Die Wiener Fotografen Birgit und Peter Kainz wollen Fehlern, die digitale Kameras produzieren eine Chance geben. Dabei spezialisieren sie sich auf “Totalausfälle” der Kameras, mit denen sie arbeiten.

Fehlaufnahmen behalten

Die mitunter mehrere Tausend Euro teuren großformatigen Kameras von Traditionsherstellern wie Hasselblad, Sinar oder Phase One produzieren teilweise Aufnahmen, die nichts mit dem zu tun haben, das sich vor der Linse abspielt. "Früher habe ich diese Fehlaufnahmen einfach gelöscht”, erzählt Peter Kainz im Gespräch mit der futurezone. “Heute hebe ich sie auf. Die ganze Gesellschaft und auch die Fotografie will makellos sein, das muss aber nicht immer sein."

“Fehler sind wertvoll”, sagt Birgit Kainz. Diesem Bekenntnis zu den “Totalausfällen” der Kameras hat das Fotografen-Paar vor kurzem sogar eine eigene Ausstellung mit dem Titel “Fotofehler” gewidmet. “Eine Botschaft ist sicher auch, dass man vor Fehlern keine Angst haben soll”, meint Peter Kainz. “Fehlerhaftigkeit hat Charakter."

Gerade in einer Gesellschaft wie unserer, wo Makellosigkeit eine so große Rolle spielt, sei es wichtig, auch jenen Teilen des Lebens einen Platz zu geben, die nicht so sind, wie man es gewohnt ist oder wie man es erwarten würde. Die Fotografie habe den Anspruch, die Wirklicheit abzubilden. Durch Fehler werde einem erst bewusst, das dies gar nicht der Fall ist", sagt Peter Kainz. “Wir erzeugen eine Wirklichkeit. Wir sehen uns auch nicht als Fotografen, obwohl die Berufsbezeichnung offiziell so lautet. Viel mehr sind wir eigentlich Bildermacher”.

Seltenheit

Gerade das seltene und unberechenbare Auftreten der Fehlfunktionen machen die Aufnahmen wieder zu etwas Besonderem. Was der Grund für die fehlerhaften Bilder ist, darüber können auch Birgit und Peter Kainz nur spekulieren. “Bei Consumer-Kameras bishin zu Vollformat-DSLRs kommen derartige Fehler fast nie vor, es passiert so gut wie ausschließlich bei großformatigeren Kameras”, erzählt Peter Kainz. Es sei möglich, dass es zu Übertragungsfehlern kommt, da diese Kameras oft modular aufgebaut seien.

Wem gehören die Bilder

Birgit und Peter Kainz, die unter den ersten professionellen Digitalfotografen in Österreich waren und heute zu den führenden Spezialisten für digitale Fotografie zählen, sind weltweit die ersten Künstler, die ein derartiges Projekt realisiert haben. Macht man sich über das Projekt Gedanken, stößt man auch auf die Frage, wem die Bilder eigentlich gehören. “Eigentlich mache nicht ich das Foto, sondern die Kamera”, sagt Peter Kainz. “Das einzige was ich mache, ist den Auslöser betätigen."

Neben den Fotofehlern machte das Paar auch mit ihrem jüngsten Projekt HUMAN von sich reden. Informationen dazu gibt es auf der Homepage des Projekts.

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Thomas Prenner

ThPrenner

Beschäftigt sich mit Dingen, die man täglich nutzt. Möchte Altes mit Neuem verbinden. Mag Streaming genauso gern wie seine Schallplatten. Fotografiert am liebsten auf Film, meistens aber mit dem Smartphone.

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