Der Facebook-Roman Zwirbler wird auf drei Klopapierrollen gedruckt.
Der Facebook-Roman Zwirbler wird auf drei Klopapierrollen gedruckt.
© Martin Melcher

Crowdfunding

Facebook-Roman Zwirbler endet auf Klopapier

Seit 2010 gibt es auf Facebook Zwirbler. Zwirbler ist der Protagonist des gleichnamigen Romans, dessen Abenteuer von mittlerweile mehr als 16.000 Lesern verfolgt werden. Einmal sucht Zwirbler seine Schwester im Krankenhaus, ein anderes Mal in Stripclubs oder den Katakomben der Großstadt. Jeden Tag kommen 420 Zeichen an digitaler Literatur-Lektüre hinzu.

"Idee kam von Facebook-Fans"

Nun hat der Autor TG alias Gergely Teglasy nach fast vier Jahren Schreibarbeit beschlossen, Zwirbler aus Facebook herauszuholen und auf Papier zu drucken. Neben einem Buch, das in hochwertigem Gmundner Baumwollpapier mit behutsam geprägtem Titel gebunden sein wird und mit gerundetem Rücken und bestückt mit zwirbelrotem Kapital- und Leseband für Fans ab 25 Euro (inklusive Versand) erhältlich sein wird, wird Zwirbler auch auf Klopapier gedruckt.

Zwirbler
„Ich habe lange nach einer Form gesucht, die gut zu Zwirbler passt. Außergewöhnlich sollte sie sein und möglichst viel von der Form transportieren, in der der Roman entsteht“, erzählt der Autor der futurezone. „Die Idee mit dem WC-Papier kam dann von einem der kreativen Zwirbler-Fans, natürlich auf Facebook.“

Für die Klopapier-Edition wird ebenso wie für das Buch via Crowdfunding Geld gesammelt. Herausgegeben wird der gedruckte Zwirbler vom Crowdpublishing-Pionier kladdebuch Verlag. „Es gab mehrere interessierte Verlage aus Österreich und Deutschland, von kleinen bis großen. Doch der kladdebuch Verlag hat sich mit solch einem Engagement um das Projekt bemüht, dass er mich überzeugt hat. Und nichts geht über Leidenschaft“, so der Autor.

Analer Fokus

Für den Zwirbler auf Klopapier müssen Fans, die sich ihr Exemplar via zwirbler.com/wc sichern können, stolze 55 Euro hinblättern. „Das WC-Papier wird in einem aufwendigen Prozess, denn es darf nicht reißen und nicht abfärben, per Hand in limitierter Auflage gefertigt“, erklärt Teglasy den Preis. Für 5555 Euro verspricht der Autor, den Hintern persönlich abzuwischen. Das Angebot sei „ernst gemeint“.

Der Druck auf Papier, der in zirka 200 Buchseiten und drei Rollen Klopapier enden wird, bedeutet zugleich auch das Ende des Facebook-Romans, denn Teglasy wird Zwirbler im Netz nicht mehr weiterführen. „Das Ende wird es nur im Buch und auf der limitierten Sonderedition auf WC-Papier geben“, sagt der Autor. „Ich will mein Leben zurück.“

Der Zwirbler-Autor am Wc.
Das impliziert, dass es eine Phase im Leben des Autors gegeben haben muss, wo der Autor Zwirbler bereits vorzeitig abbrechen wollte. „Ja, als meine Tochter im Krankenhaus war. Da habe ich mir gedacht: Wozu mache ich das überhaupt? Ich verdiene keinen Cent damit, ich investiere unglaublich viel Zeit und statt am Abend einen Film anzuschauen, oder einfach mal zu schlafen, kämpfe ich mit Satzzeichen, damit ich den 420 Zeichen treu bleibe“, so Teglasy.

Interaktion mit Lesern

Die Erfahrung, die er bei dem Experiment „Facebook-Roman“ gemacht hat, will Teglasy aber nicht missen. „Hunderte haben die Möglichkeit des Eingreifens in die Handlung immer wieder genützt und interagiert. Manche nur für ein paar Wochen, sehr viele regelmäßig über Monate oder sogar Jahre“, erklärt der Zwirbler-Autor. Das Besondere des Facebook-Romans ist nämlich, dass er tatsächlich kollaborativ entstanden ist.

„Ich habe nur die erste Status-Meldung unbeeinflusst geschrieben. Wenn ich mich zum Schreiben hinsetze, habe ich noch keine Ahnung, wie es weitergeht, was ich schreiben werde. Ich lese die Kommentare durch und daraus ergeben sich dann die nächsten Gedanken oder Handlungen des Protagonisten.“ Das wird auch bis zum Ende des Romans so bleiben. „Deshalb ist Zwirbler so einzigartig. Von den Usern gelenkt, für die User geschrieben.“

"Schreiben Literaturgeschichte"

Wenn Zwirbler zu Ende ist und auf Toilettenpapier gedruckt wurde, ist das Kapitel „Facebook-Roman“ für Teglasy erst einmal abgeschlossen. „Zwirbler ist der erste seiner Art und absolut einzigartig. Wir schreiben damit Literaturgeschichte. Noch einmal das Gleiche wäre nur eine Kopie des Originals.“ Das Resümee des Autors: „Facebook kann nicht nur für Banales wie Essens- oder Katzenbilder verwendet werden, sondern sehr wohl tiefgreifende Erfahrungen wiederspiegeln. Technik ist nichts ohne Inhalte und die Inhalte bei den Sozialen Medien bestimmen wir. Das ist eine unglaubliche Chance für uns zu wachsen und uns gegenseitig zu inspirieren.“

Neben dem Buch, einem E-Book, der Version auf dem Toilettenpapier wird es auch ein Hörbuch von Zwirbler geben – wenn insgesamt 15.000 Euro eingesammelt werden, damit der Verlag das Projekt finanzieren kann. Bei 16.000 Facebook-Fans, die statt Katzenfotos auf Literatur setzen, sollte dieses Ziel realisierbar sein.

Gewinnspiel

Die futurezone verlost ein Zwirbler WC-Design-Pack und drei Mal eine E-Book-Ausgabe von Zwirbler unter allen, die bis 10. Oktober eine E-Mail mit dem Betreff "Zwirbler" an redaktion@futurezone.at schicken und die Frage: "In welchem Jahr wurde der Facebook-Roman Zwirbler gestartet?" richtig beantworten. Die Gewinner werden unter allen richtigen Antworten per Zufallsverfahren ermittelt und per E-Mail benachrichtigt. Und zur Absicherung: Falls das Crowdfunding-Ziel nicht erreicht werden sollte und Zwirbler nicht gedruckt werden sollte, fällt leider auch das Gewinnspiel flach.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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