Kapsch: "Autonomes Fahren ist für uns ein Wachstumsfeld"
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!
Der börsennotierte Mautsystemanbieter Kapsch TrafficCom hat im Geschäftsjahr 2015/16 ein Rekordergebnis hingelegt und sieht sich weiterhin auf dem richtigen Kurs. Beim eigenen Budget hat jedenfalls im abgelaufenen Geschäftsjahr alles funktioniert. "Wir waren mit nichts nicht zufrieden", sagt Konzernchef Georg Kapsch.
Künftig will sich die Kapsch TrafficCom mehr im Bereich von städtischen Verkehrsleit- und Mautsystemen engagieren, etwa im Bereich Parkraumbewirtschaftung. So hat Kapsch etwa in Los Angeles, Boston, San Francisco und weiteren US-Städten implementiert, das mithilfe von Sensoren im Boden, den Fahrzeuglenkern freie straßenseitige Stellplätze in einer App anzeigt. Realisiert wurde dieses Projekt unter anderem mit dem US-Unternehmen Streetline, das von Kapsch übernommen wurde.
Aber auch in Österreich würden derartige Projekte in Zukunft eine gewichtigere Rolle spielen. "30 Prozent des Verkehrs innerhalb des Wiener Ringes ist Parkplatzsuche", rechnete Kapsch vor. Kapsch, aber auch Mitbewerber führen diesbezüglich derzeit Gespräche mit der Stadt Wien. Allerdings sei eine derartige Anzeige von freien Parkplätzen weit schwieriger, da die einzelnen Stellplätze nicht abgegrenzt und markiert sind.
Verkehrsmanagement
Im weltgrößten Mautmarkt USA gebe es etwa auf einigen Strecken eigene Fahrstreifen für zahlende Autofahrer, die sich dadurch Staus ersparen. "In Europa ist ein bisschen der Neid zu groß dass jemand dafür zahlt um schneller zu sein", so Kapsch, der auch Präsident der Industriellenvereinigung (IV) ist.
Es gehe in erster Linie um eine Optimierung des Verkehrsaufkommens in der Stadt mithilfe intelligenter Ampelsteuerungen bzw. Verkehrssteuerungen. Darüber hinaus soll eine möglichst effiziente Kombination aus öffentlichem Verkehr und Individualverkehr organisiert werden. Realisiert werden könnte dies durch gemeinsames Ticketing für Maut, Öffi-Nutzung und Car-Sharing sowie durch Verkehrsleit- und Navigationssysteme, die die effizientesten und umweltfreundlichsten Varianten finden, um von A nach B zu komm
Autonomes Fahren
Damit ein derartiges Verkehrsmanagement überhaupt funktioniert, seien fundierte Echtzeitdaten notwendig, so Kapsch. Diese Daten werden unter anderem durch V2X- (Vehicle to Infrastructure) und C2C-Kommunikation (Car to Car) erhoben. "In diesem Bereich ist Kapsch technologisch sehr gut aufgestellt", sagt Kapsch.
Dieses automatisierte Kommunizieren der einzelnen Fahrzeuge untereinander sowie der Fahrzeuge mit der Infrastruktur sei auch eine Vorstufe bzw. ein wesentlicher Bestandteil für künftige selbstfahrende Fahrzeuge. "Autonomes Fahren ist mit Sicherheit ein Wachstumsfeld für Kapsch", meint der Konzernchef.
Für solche V2X-/C2C-Module könnte Kapsch bald Zulieferer für die Autoindustrie werden. "Es gibt auch schon konkrete Gespräche dazu", sagt Kapsch. Näheres kann er noch nicht nennen.
Kapsch gegen Maut auf Bundesstraßen
Eine flächendeckende LKW-Maut auf Bundesstraßen, wie sie von einigen Ländern gefordert wird, lehnt Kapsch klar ab - "auch wenn das gegen unser eigenes Geschäft ist". "Das ist volkswirtschaftlich ein Unsinn - erstens erwischt man damit großteils Regionalverkehr und zweitens werden entlegene Regionen noch mehr belastet", so Kapsch.
Des Weiteren wäre das System weit teurer als von den Befürwortern angeführt und die Kontrolle sehr schwierig. "Wenn die Bundesländer glauben, so ihr Budget aufzubessern, wird das nicht funktionieren", betonte Kapsch.
In Österreich wird gerade das seit 2004 bestehende Lkw-Mautsystem für Autobahnen und Schnellstraßen neu ausgeschrieben, das seinerzeit von Kapsch errichtet wurde und für das die Autobahnholding Asfinag voll des Lobes ist.
Die Wiener Kapsch TrafficCom konnte 2015/16 das Betriebsergebnis (Ebit) um 90 Prozent auf 62,3 Mio. Euro steigern, das Periodenergebnis legte um 220 Prozent auf 36,5 Mio. Euro zu. Beim Umsatz gab es ein Plus von 15 Prozent auf 526,1 Mio. Euro. Das Ergebnis pro Aktie erhöhte sich von 0,28 auf 2,39 Euro, bei der Hauptversammlung soll eine Dividendenerhöhung von 0,50 auf 1,50 Euro je Aktie vorgeschlagen werden - ein Rekordwert, so Kapsch. Das Unternehmen beschäftigt in 30 Ländern rund 3.700 Mitarbeiter, in Österreich sind es knapp 600.
Wachstum
Das Wachstum kam vor allem aus dem Auslandsgeschäft, die Aktionäre profitieren davon in Form einer Rekorddividende. Am US-Markt habe sich das Unternehmen - nach zähem Start 2007 - gut entwickelt. Rund 20 Prozent des Umsatzes werde dort inzwischen erzielt. Besonders interessant ist laut Kapsch der US-Markt auch deswegen "weil man viel ausprobieren kann". Die Behörden in Europa seien nicht so offen wie ihre amerikanischen Kollegen. In Europa würden innovative Projekte unter anderem durch Neid blockiert, so Konzernchef Georg Kapsch vor Journalisten.
Zum bemauten gibt es jedenfalls genug, rechnete heute der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) vor. "Die in Österreich im Auto gefahrenen Kilometer sind seit dem Jahr 1990 um rund 40 Prozent gestiegen. Der Lkw-Transport in Österreich hat sich in den vergangenen 25 Jahren sogar mehr als verdoppelt", so VCÖ-Expertin Ulla Rasmussen.
Kommentare