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Digital Life

Vorsicht vor Kinderschutz-Apps: Kinder können sie leicht aushebeln

Die Kinderaugen sind groß, wenn sie unter dem Weihnachtsbaum ihr erstes Smartphone oder Tablet finden. Doch für Eltern bedeutet das bereits vor dem Weihnachtsfest viel Arbeit und Verantwortung. Denn es ist nicht einfach damit getan, das verpackte Gerät unter den Baum zu legen. Im Idealfall sollten Eltern die Geräte bereits vorab in Betrieb nehmen, um sie kindersicher zu machen. Kinder sollten nicht nur vor digitalen Gefahren geschützt werden, sondern auch vor potenziellen Kostenfallen.

Dafür gibt es neben Einstellungen, die man am Gerät selbst durchführen kann, auch eigene Apps. Eltern können ihren Kindern bestimmte Rechte geben und die Inhalte, die sie zu Gesicht bekommen, genau kontrollieren. So kann man mit Apps etwa festlegen, ob Kinder sich Inhalte selbst installieren dürfen und welche Spiele sie wie lange nutzen können. Doch bei den Apps ist große Vorsicht geboten: Die beiden Sicherheitsforscher Fabian Densborn und Bernhard Gründling von SEC Consult haben bei zahlreichen beliebten Apps dieser Art erhebliche Sicherheitslücken festgestellt.

Einschränkungen können umgegangen werden

Die Sicherheitsforscher haben die Android-Apps Find My Kids, Boomerang, Family Time, Boomerang, Wondershare Fami Safe, Quostodio, Parental Control Kroha, Kids Place Parental Controls, und die Parental Control App untersucht. Alle diese Apps stammen von verschiedenen Entwickler*innen und verzeichnen im Google Play Store Downloads in Millionenhöhe. Das Problem: Bei allen getesteten Apps konnten die für die Kinder gesetzten Einschränkungen relativ einfach umgangen werden, in dem man der Anwendung in den Android-Einstellungen die entsprechenden Berechtigungen entzieht. „Auf diese Weise könnten Kinder ihr Smartphone uneingeschränkt nutzen“, heißt es seitens der Sicherheitsforscher. Besonders schlaue Kinder kriegen diese Umgehung ganz allein hin.

Außerdem ist es möglich, Geräte im abgesicherten Modus zu starten, in dem man lange auf den Ausschalten-Knopf drückt. In diesem Modus können die App zur Eltern-Kontrolle ganz einfach deinstalliert werden, so die Sicherheitsforscher. Bei einigen Apps war nur eines der Sicherheitsprobleme aufgetreten, bei manchen der genannten Apps waren es bis zu 5 Schwachstellen gleichzeitig. Unter anderem gab es auch Probleme mit dem „Dashboard“, über das Eltern die Einstellungen betätigen. Hier war es möglich, dass Fremde die Zugriffe der Eltern  kontrollieren konnten - also nicht nur die Eltern ihre Kinder, sondern auch Fremde die Aktivitäten der Eltern im Dashboard. Da die Sicherheitsforscher den Anbietern Zeit gegeben haben, die Schwachstellen zu beheben, haben sie darauf verzichtet, ein Ranking der Apps zu erstellen.

Kindersicherung sorgfältig auswählen

Auf die Idee, die Kindersicherungs-Apps zu testen, kamen die Forscher übrigens deshalb, weil sie diese selbst auch im Einsatz haben. Generell empfehlen sie nun aufgrund ihrer Ergebnisse, Kinderschutz-Apps „mit großer Sorgfalt auszuwählen und dabei IT-Sicherheit und Datenschutz zu berücksichtigen“, so Densborn von SEC Consult. Statt Apps von Drittanbietern sei auch empfehlenswert, die Funktionen der Betriebssysteme zur Kindersicherung zu nutzen. Bei Android ist das Google Family Link und bei iOS ist das Apple Family Sharing (Familienfreigabe). „Diese sind fest im Betriebssystem integriert und erlauben keine einfachen Umgehungen“, heißt es.  

Smartphones kinderfit machen

„Ein Smartphone schenken allein reicht nicht“, warnt  die Initiative SaferInternet.at. Man müsse dieses für die Nutzung von Kindern auch entsprechend vorbereiten. Daher haben wir einige Tipps für Eltern: 

Regeln festlegen

Man sollte sich klar darüber sein, ob das Kind künftig Apps selbstständig herunterladen oder Inhalte ohne Genehmigung der Eltern kaufen kann. Auch die Bildschirmzeit kann von  individuell festgelegt werden. Empfohlen wird etwa, eine bestimmte Zeitspanne für Games und für Messaging festzulegen und das Handy in der Nacht zu sperren. Gängige Tipps für Unter-10-Jährige beinhalten auch eine Sperre des Browsers und des Videodienstes YouTube. Social-Media-Angebote sollten für Unter-13-Jährige ebenfalls tabu sein.

Regeln kontrollieren

Zur Überwachung der aufgestellten Regeln empfiehlt sich die kostenlose Kinderschutz-App „Family Link“ von Google oder die „Familienfreigabe“ für  iOS. Damit können Eltern kontrollieren, was ihre Kinder am Handy machen. Wie streng die Regeln am Ende sind, müssen letztlich die Eltern entscheiden.

Kommunizieren

Es ist wichtig, dass die Regeln den Kindern klar kommuniziert werden und auch erklärt wird, warum sie bestimmte Apps nicht herunterladen dürfen. Kinder sollten mit den Maßnahmen der Eltern einverstanden sein. Denn ansonsten versuchen sie, sie mit allen Mitteln zu umgehen.  

Kostenvermeidung

Wenn Kinder Apps selbstständig herunterladen dürfen, sollte man dafür sorgen, dass In-App-Käufe deaktiviert sind. Für Kinder ist es oft schwierig, Werbung innerhalb von Spielen zu erkennen. Auch Mehrwertnummern sollten gesperrt werden. Das geht entweder übers Netz oder beim Mobilfunker.

Weitere Tipps gibt es auf der Seite von SaferInternet.at. 

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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