„Las Vegas hatte jahrzehntelang lang kein Herz“
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Beim letzten Besuch der futurezone vor etwas mehr als einem Jahr existierte das Downtown Project in Las Vegas in erster Linie auf Plänen und in den Köpfen der Projektverantwortlichen rund um Technologie-Entrepreneur Tony Hsieh. Viele der Ideen, wie ein aus Container zusammengebautes Shopping- und Flanierzentrum inklusive einer meterhohen feuerspeienden Gottesanbeterin muteten im besten Fall verrückt bis seltsam an. Lediglich das neue Hauptquartier der Amazon-Tochter Zappos im ehemaligen Rathaus von Las Vegas präsentiert sich von außen schon in neuem Gewand.
Container-Park mit 39 Geschäften
Ein Jahr später hat das Zappos-Hauptquartier die Pforten für seine über 1400 Mitarbeiter geöffnet. Und ein paar Blocks weiter, etwas abseits vom gefühlten Downtown-Zentrum, lockt nun tatsächlich eine riesige Gottesanbeterin Besucher in den fertiggestellten Container Park. Auf zwei bis drei Stockwerken sind hier 43 Frachtcontainer neben- und aufeinander gestapelt, die derzeit 39 Start-ups, kleine Gastronomiebetriebe und Kleidergeschäfte beherbergen. Die Container bilden ein abgeschlossenes Rechteck, in dessen Mitte ein großer Spielplatz, aber auch eine Bühne für öffentliche Veranstaltungen Platz finden.
Familien und Hipster
Was die Verantwortlichen besonders freut, ist die bunte Durchmischung des Publikums. Während am Abend eher die Hipsters bei Live-Musik und in den Lokalen abhängen, lockt der Abenteuerspielplatz, aber vermutlich auch die feuerspuckende Gottesanbeterin viele Familien in den Container-Park. „Es ist schön zu sehen, wie Familien die Downtown wiederentdecken und sich auch nicht scheuen, zu Fuß durch die Stadt zu flanieren. Jahrzehntelang hatte Las Vegas kein Herz, verfiel der eigentliche Stadtkern immer mehr. Nach 50 Jahren ist es das erste Mal, dass in Downtown wieder Aufbruchsstimmung herrscht“, sagt Schaefer.
Kritik am Projekt
Die Ankündigung von Zappos-CEO Hsieh, 350 Millionen Dollar in die Downtown zu investieren, hat ein breites Spektrum an Reaktionen hervorgerufen. Nach anfänglicher Euphorie und Medienberichten, die den charismatischen Hsieh im Vordergrund hatten, mischte sich zuletzt auch einiges an lokaler Kritik. Verträge mit Geschäftsleuten seien nicht verlängert worden, um Gebäude für das Projekt freizubekommen, die Mieten in Downtown würden steigen, sozial Schwächere würden dadurch aus der Gegend vertrieben. Für Aufregung sorgte auch, dass der Begriff „Community“ plötzlich aus dem schriftlich festgehaltenen Fokus des Projekts gestrichen wurde.
„Community bedeutet viele Dinge für viele Leute und die Erwartungen wurden einfach auch zu groß“, gibt Downtown-Project-Sprecherin Schaefer zu. „Viele Leute haben uns mit der Zeit als Teil der Stadtverwaltung wahrgenommen. Sie erwarteten, dass wir auch Dinge regeln, wie den Wasserrohrbruch auf der Straße, aber das können wir natürlich nicht. 350 Millionen Dollar ist viel Geld, aber auch wieder nicht viel Geld für alles, was in der Downtown passieren muss.“
"Wir sind nicht Non-profit"
Alle Projekte würden der Allgemeinheit und also der Community zugute kommen, sei es durch die Aufwertung der Gegend, neue Geschäfte, Restaurants, Spielplätze und neuen Jobs. Man hoffe aber, dass auch andere Leute und Investoren sich von dem Projekt inspirieren lassen und ebenfalls in die Downtown investiere. „Wir sind keine Non-profit-Organisation und müssen auch sehen, dass wir eine nachhaltige finanzielle Basis schaffen, um die vielen noch nicht realisierten Pläne realisieren zu können“, sagt Schaefer.
Geschäftsleute positiv
Bei den Geschäftsleuten im Container Park kann man die Kritik am Projekt zwar teilweise nachvollziehen, gerechtfertigt findet man diese allerdings nicht. „Wie kann man all die angestoßenen Verbesserungen in der Nachbarschaft kritisieren? Ich finde es faszinierend zu sehen, wie so eine Vision Block für Block in der Realität umgesetzt wird“, sagt Neil Cantor, der einen Fine-Art-Store mit Disney-inspirierten Kunstwerken betreibt, zur futurezone. „An guten Wochenenden besuchen bis zu 35.000 Menschen den Container Park. Ich bin hier sehr zufrieden, so Cantor.
Vorbild Brooklyn
Zwar gibt der junge Geschäftsinhaber zu, dass er auch gerne direkt in der pulsierenden Freemont Street Experience, dem Shopping-Hot-spot der Stadt, angesiedelt wäre. Für seinen ersten Geschäftsversuch wäre das allerdings mit zu viel finanziellem Risiko behaftet gewesen. „Hier im Container Park kann ich ausprobieren, ob das so funktioniert, wie ich mir das vorstelle. Und dann sehen wir weiter“, so Dorville.
Dass die Mieten in der Gegend jetzt steigen, sei natürlich nicht optimal. Kritik am Projekt lässt aber auch Dorville nur bedingt gelten: „Die investieren ihr privates Geld in diese Sache und ermöglichen so Leuten, ihre eigenen Geschäfte aufzuziehen. Von daher muss man wohl akzeptieren, dass sie ihr Ding nach ihren Vorstellungen durchziehen“, so Dorville.
Geduld angesagt
Angst, dass die teils frisch gebackenen Unternehmer den Container-Park nur als Übergangslösung in Anspruch nehmen und so den nachhaltigen Erfolg des Projekts gefährden, haben die Verantwortlichen des Downtown Projects übrigens nicht. „Das ist sogar ein dezidierter Teil der Philosophie, dass junge Geschäftsleute hier auf kleinem Raum ohne großes Risiko starten und wenn sie erfolgreich sind, ihren Weg gehen können“, sagt Schaefer.
Die größte Herausforderung für das Projekt sei eher die Geduld, die von allen Beteiligten für die Realisierung von Bauprojekten aufgebracht werden müsse. „Die meisten von uns kommen aus der digitalen Ecke. Man hat eine Idee für eine Webseite und die ist ein paar Tage später online. Wenn man aber ein Gebäude baut oder renoviert, dann dauert es gefühlt ewig“, meint Schaefer.
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