Feministischer Hackerspace: "Wir müssen Normen durchbrechen"
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Sie basteln gemeinsam an neuen Musikinstrumenten, bringen sich gegenseitig das Programmieren bei oder experimentieren mit Computer-Bestandteilen herum: die Mädchen und Frauen des ersten, feministischen Hackerspaces in Wien. „Unter Hacken verstehen wir das unkonventionelle Herangehen an eine Sache. Diese machen wir für uns selbst nutzbar, ähnlich wie beim Do It Yourself-Gedanken“, erklärt Stefanie Wuschitz, eine der Gründerinnen des Mz* Baltazar’s Lab. Das Lab versteht sich als ein kreativer Raum, in dem mit anderen Frauen gemeinsam an Projekten gearbeitet wird, oder in dem Vorträge und Ausstellungen stattfinden können. 2009 eröffnet, zog der Hackerspace im Herbst 2016 an den Wallensteinplatz in Brigittenau um. Dort gibt es insgesamt mehr Platz als in den alten Räumlichkeiten im 15. Bezirk – unter anderem auch für Kinder. „Wir haben dort auch eigene Treffen für Mütter, die ihre Babys mitnehmen können“, sagt Wuschitz, die selbst junge Mutter ist.
Angst vorm "Dinge kaputtmachen"
Beim Hacken geht es auch häufig darum, technische Geräte zu zerlegen, um dadurch zu verstehen, wie sie funktioniert. Davor hatte Wuschitz ursprünglich Angst. „Ich wollte keine Dinge kaputtmachen. Aber auf einem Festival haben mir andere Frauen die Angstfreiheit vorgelebt und das hat mich beeindruckt. Jetzt gebe ich dieses Gefühl sehr gerne selbst weiter“, so Wuschitz. „Weiblichkeit und Technik gehört in vielen Köpfen noch immer nicht zusammen“, ergänzt die Hackerin. „Viele glauben auch, dass wir männlich sein wollen, wenn wir hacken.“ Das sei vor allem im westlichen Kulturkreis so, der traditionell kapitalistisch geprägt sei.
Kreativraum nur für Frauen
Insgesamt gibt es rund 15 feministische Kreativräume weltweit von Frauen für Frauen, etwa in den USA oder Indonesien. „Die Zeit ist reif dafür“, meint Wuschitz. „Es entstehen beim Arbeiten miteinander einfach andere Dynamiken und Frauen gehen dann beim Experimentieren mehr Risiken ein als in gemischten Gruppen“, so die Hackerin, die aber zugleich betont: „Viele unserer Abendveranstaltungen sind auch für Männer zugänglich.“ Denn nicht selten kommt die Kritik, dass man mit Räumen nur für Frauen erst recht wieder 50 Prozent der Gesellschaft ausschließen würde. „Wir müssen uns sehr oft für das, was wir tun, rechtfertigen.“ Im Mz* Baltazar’s Lab gibt es daher auch einen sogenannten Verhaltenskodex, der jegliches diskriminierende Verhalten ausschließt.
Derzeit sind neben Wuschitz fünf weitere Frauen im Projektleitungsteam. Sie kommen aus den unterschiedlichsten Branchen, sind Medienkünstlerinnen, Autorinnen, Musikerinnen, Forscherinnen oder Software-Entwicklerinnen. „Jede gibt ihre Fähigkeiten an Interessierte weiter. Wir haben beispielsweise Programmieren mit der Sprache Python gelernt. Mitgliedsbeiträge werden keine eingehoben, der Verein finanziert sich über Förderungen aus dem Frauenministerium und dem Bundeskanzleramt sowie der Stadt Wien. Bevor man zum ersten Mal vorbei schaut im neuen Raum des Labs, sollten Interessierte auf jeden Fall Kontakt aufnehmen. „Willkommen sind alle Frauen und Transgender“, sagt Wuschitz.
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