Solar Impulse 2 soll rund 35.000 Kilometer rund um den Globus fliegen
Solar Impulse 2 soll rund 35.000 Kilometer rund um den Globus fliegen
© APA/EPA/SOLAR IMPULSE | STEFATOU | REZO.CH

Solarflugzeug

Mit High-Tech, Sonne und ein bisschen Glück um die Welt

Am Montag bricht Solar Impulse 2 als erstes Solarflugzeug zu einer Weltumrundung auf. Der Start wurde bereits mehrmals verschoben, um möglichst optimales Flugwetter für die ersten Etappen abzuwarten. Am Montagmorgen um 4:12 Uhr mitteleuropäischer Zeit hob das Flugzeug ab, verkündet das Projektteam stolz via Twitter. Vor einigen Tagen war die futurezone bereits dabei, als in Abu Dhabi, dem Start- und Endpunkt der geplanten Reise, die letzten Testflüge durchgeführt wurden.

Ultraleichter Gigant

Wenn man den Hangar betritt, in dem Solar Impulse 2 auf den Start zur ersten Weltrumrundung eines Solarflugzeugs wartet, glaubt man kaum, dass das Ding vor einem nur soviel wie ein Auto wiegt. 22 Meter lang und 6,40 Meter hoch ist dieses mit ultraleichter Kohlefaser geformte Fluggerät. Die 72 Meter breite Tragfläche übertrifft jene einer Boeing 747.

17.248 Solarzellen überziehen die Oberfäche von Solar Impulse 2. Sie erzeugen genug Strom, um vier Elektromotoren mit Propellern anzutreiben, die bordeigenen Akkus aufzuladen sowie die Instrumente im Cockpit zu versorgen. Gesteuert wird Solar Impulse 2 von jeweils einem Piloten. Die beiden Schweizer Bertrand Piccard und André Borschberg übernehmen abwechselnd das Steuer. Die beiden waren es auch, die das Projekt Solar Impulse vor zwölf Jahren starteten, um der Welt zu zeigen, was man mit erneuerbarer Energie alles erreichen kann.

Innovationen und Spin-Offs

Um ein Flugzeug zu erschaffen, das alleine mit Solarstrom um die Welt fliegt, mussten die Techniker des Solar-Impulse-Teams sowie der Partner des Projekts in vielen Bereichen ans Limit gehen. Der Rahmen des Flugzeugs weist gleichzeitig höchste Festigkeit und geringstes Gewicht auf. Er besteht aus Kohlenstofffasern, die drei Mal leichter als Papier sind.

Die Solarzellen an der Oberseite des Flugzeugs sind so dünn wie ein durchschnittliches menschliches Haar. Ein UV-resistentes, wasserdichtes Harz schützt die Zellen und macht sie verformbar. Die gesamte LED-Beleuchtung des Flugzeugs verbraucht insgesamt weniger als 100 Watt. Zur Isolierung von Akkus und Cockpit kommt ein neuer Spezialschaum zum Einsatz. Für Solar Impulse 2 wurden auch eigene, gewichts- und wirksamkeitsoptimierte Batterien entwickelt. Für die Piloten wurden eigene Vibrationsalarmmelder kreiert, die vor zu hohem Querneigungswinkel warnen.

Von den Entwicklungsfortschritten, die bei Solar Impulse erzielt wurden, profitieren einige Partnerunternehmen auch abseits des Projekts. Der Schweizer Aufzughersteller Schindler hat dadurch etwa die Technik für einen neuen Solaraufzug optimiert. Für den Betrieb einer derartigen Aufzuganlage reichen nun lediglich sieben Quadratmeter Solarpaneele, gepaart mit einem Energierückgewinnungssystem, aus. Der erste Solaraufzug wird demnächst in Barcelona eröffnet.

epa04644090 A handout photograph made available by Solar Impulse | Stefatou | Rezo.ch showing Andre Borschberg (Cofounder, CEO and pilot of Solar Impulse) together with Bertrand Piccard (Initiator, Chairman and Pilot of Solar Impulse) before a training flight in Abu Dhabi, UAE, 02 March 2015. The aircraft is undertaking preparation flights for the first ever Round-The-World Solar Flight which will be attempted starting early March from Abu Dhabi. Swiss founders and pilots, Bertrand Piccard and Andre Borschberg, hope to demonstrate how pioneering spirit, innovation and clean technologies can change the world. The duo will take turns flying Solar Impulse 2, changing at each stop and will fly over the Arabian Sea, to India, to Myanmar, to China, across the Pacific Ocean, to the United States, over the Atlantic Ocean to Southern Europe or Northern Africa before finfishing the journey by returning to the initial departure point. Landings will be made every few days to switch pilots and organize public events for governments, schools and universities. EPA/SOLAR IMPULSE / REVILLARD / REZO.CH / HANDOUT HANDOUT EDITORIAL USE ONLY/NO SALES

Schlaflosigkeit

Abgesehen von technischen Herausforderungen sind bei der Weltrumrundung vor allem die Piloten gefordert. Das Solarflugzeug fliegt lediglich mit einer Reisegeschwindigkeit von 50 bis 60 km/h. Die Flüge von einem Etappenziel zum nächsten dauern dementsprechend lange. Beim längsten Flug ist einer der Piloten fünf Tage lang nonstop unterwegs. Während dieser Zeit darf sich der Pilot zwischendurch nur für maximal 20 Minuten am Stück ausruhen. Dazu kann er die Rückenlehne seines Sitzes zurückklappen und den Autopilot einschalten.

Tiefschlaf ist allerdings verboten. Sollte es einen Notfall geben und der Pilot wieder das Steuer übernehmen, muss er sofort wieder zu vollem Bewusstsein zurückkehren. Dazu müssen beide Piloten enorme Temperaturunterschiede ertragen. Um optimale Windbedingungen zu nutzen wird die Flughöhe stark variiert. Piloten können deshalb mal 30 Grad plus, mal 20 Grad minus ausgesetzt sein. Spezielle Kleidung soll die Wechsel erträglicher machen.

Zu all dem kommen tagelanges Sitzen und Körperpflege bei beschränkten Platzverhältnissen. Erleichtern müssen sich die Piloten in biologisch abbaubare Tüten, die sie über dem Meer aus dem Flugzeug werfen können.

Planung

Auch organisatorisch ist die Weltumrundung mit dem Solarflugzeug eine gigantische Aufgabe. Flugpläne müssen ständig neu erstellt und mit den Behörden unterschiedlichster Länder abgeglichen werden. Einige der Etappenziele sind vor dem Start der Reise noch gar nicht festgelegt. Völlig klar ist, dass es Richtung Osten geht. Der logische Grund dafür: Die Nächte - und damit die Zeiten ohne Stromgewinnung - sind so kürzer.

Das Wetter gibt den Ton bei dieser Reise an. Der Chefmeteorologe von Solar Impulse allein entscheidet, wann die jeweils nächste Etappe begonnen werden kann und welchen Korridor der Pilot einhalten muss. Der größte Unsicherheitsfaktor dabei ist die Pazifikquerung. Laut Piloten und Technikern kann hier alles passieren. Ein Notausstieg ist immer möglich. Die Piloten tragen deshalb im Cockpit einen Rucksack mit Fallschirm und Rettungsinsel.

Die ersten Zwischenstopps werden im Oman, in Indien, in Myanmar und in China eingelegt. Die Piloten Piccard und Borschberg werden dabei eine Menge an öffentlichen Auftritten hinlegen - um ihr Projekt, aber vor allem die allgemeine Idee von nachhaltiger Energiegewinnung und -Nutzung zu bewerben.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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