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Aufregung

Sexistische WM-Party-Werbung erzürnt Twitteria

"Zeig der Zilli deinen Willi", "Scharfe Kanten, heiße Tanten" oder "A Zuckerl fürs Pupperl" samt zweideutigen Illustrationen - mit solchen Sujets wurde für die Gösser Fan-Arena geworben (siehe oben), ein Partyzelt, das während der alpinen Ski-Weltmeisterschaft im steirischen Schladming zur WM-Party einlädt (die Unterseite wurde mittlerweile offline gestellt). Ein mehrtägiger Partymarathon soll darin der "Lust an Unterhaltung und Erlebnis" der Gäste "keine Grenzen" setzen.

Fehlende Grenzen sehen unterdessen zahlreiche Menschen bei der Gestaltung der Werbung für die Veranstaltung. "#Schladming2013 hat ein Problem mit dem Nebel, aber nicht mit Sexismus", schreibt etwa ein Twitter-Nutzer. "Wem fallen solche Slogans zu #Schladming2013 ein?", schreibt ein anderer. Ausgerechnet während der unlängst wieder aufgekochten Diskussion um Sexismus im gesamten deutschen Sprachraum, stoßen die deftigen Werbesprüche im Apres-Ski-Stil auf großen Widerstand.

Ballermann hoch zwei
"Das ist ein sehr sehr ungünstiger Zeitpunkt", meint Judith Denkmayr von der Kommunikationsagentur Digital Affairs. "Die Gesellschaft ist gerade jetzt sensibilisiert. Das Thema Sexismus hat eine starke Medien-Präsenz." Die Beweggründe von Partyzelt-Sponsor Gösser, sich mit deftigen Sprüchen zu präsentieren, könnten laut Denkmayr vielfältig sein.

Einerseits könnte die Werbestrategie bereits seit langem fixiert gewesen sein und man habe sich im letzten Moment dafür entschieden, die fertige Kampagne durchzuziehen. Andererseits habe man sich vielleicht bewusst dafür entschieden, der Zielgruppe (Apres Ski) zu entsprechen und einfach riskiert, dadurch ins Schussfeld der Sexismus-Gegner zu geraten.  

Den Stil der Partyzelt-Werbung bezeichnet Denkmayr als "Ballermann hoch zwei", was aber gerade in der Gastronomie keine unübliche Tendenz sei: "Das wird gefördert und geduldet. Es geht um den Erlebnischarakter. Die Frage ist nur, ob das auf diesem Niveau unbedingt notwendig ist oder ob es nur vorauseilender Gehorsam gegenüber der Kundschaft ist."

Imagefrage für ganz Österreich
Die verwendete Werbestrategie sei allerdings höchst hinterfragenswürdig. Immerhin hängt das Image der WM, der Steiermark und ganz Österreich damit zusammen. "Man muss sich fragen, wie Österreich präsent sein möchte mit so einem Event", so Denkmayr. Welche Kreise die Aufregung über die sexistische Werbung ziehen wird, sei zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht abschätzbar.

Das es soweit kommen musste, ist für Denkmayr unverständlich: "Ist so etwas im 21. Jahrhundert wirklich notwendig? Die Leute würden wahrscheinlich genausoviel Spaß haben, wenn das Event anders benannt wäre. Mich überrascht das ein bisschen, weil Gösser sich im Fernsehen und im Social Web ganz anders positioniert. Da überwiegt meist eine freundliche und interessante Darstellung."

Gösser distanziert sich
Gösser dementiert unterdessen, mit der Werbekampagne in irgendeiner Verbindung zu stehen. Auf der Facebook-Seite der Biermarke wird beschrieben, dass Gösser lediglich exklusiver Bierlieferant für das Partyzelt sei. Das Unternehmen hätte "keinerlei Einfluß (sic) auf Programm, Marketing und Eventschiene der Fanarena". Gösser distanziere sich klar von der Eventreihe und bezeichnet die Kritik an der Werbekampagne dafür als "berechtigt".

Grüne prangern peinliche Selbstdarstellung an
"Peinlich, wie die Steiermark hier sich (sic) präsentiert", meint Judith Schwentner, Frauensprecherin der Grünen, in einer Stellungnahme zu der Diskussion. "Es zeigt einmal mehr, dass die aktuelle Debatte über Sexismen mehr als notwendig ist. Sprachliche Sensibilisierung ist dringend erforderlich!". Sabine Jungwirth, Klubobfrau der Grünen im Landtag Steiermark, fordert Konsequenzen, falls in die Gösser Fan-Arena "auch nur ein Euro Steuergeld geflossen ist".

Erfreulichere Eindrücke vom Beginn der Ski-WM in Schladming finden Sie hier.

Reaktion vom Veranstalter
Als Reaktion auf die zahlreichen Beschwerden hat der Veranstalter Show Express Schladming GmbH am Abend die Party-Namen entfernt. Gegenüber der futurezone sagt Hermann Wurzenberger, einer der Geschäftsführer der Show Express Schladming GmbH: "Wir stehen zu unseren Fehlern. Die Geschichte ist dumm gelaufen. Wir distanzieren uns selbst davor. Wir haben geglaubt, dass ist etwas lustiges zum Fasching und in der Apres-Ski-Zeit."

Zuvor hat Eva Frank von der Geschäftsleitung gegenüber dem Medienexperten Michael Ziesmann Stellung zu den Sprüchen genommen und diese verteidigt. Die Stellungnahme ist folgend ungekürzt zu lesen:

Es lag uns fern, mit diesen Party-Namen zu polarisieren und es tut uns leid, wenn hier ein falsches Bild entstanden ist. Die Namen haben wir natürlich entfernt und wollen damit auch zeigen, dass hier in keinster Weise eine böse Absicht dahinterstand.

Jeder, der zu uns in die Gösser-Fan-Arena kommt, kann sich davon überzeugen und ein Bild machen, auf welchem hohen Niveau diese Events ablaufen. Am gestrigen Abend haben sich hier über 3.000 fröhliche Menschen – jeder Altersgruppe und jedes Geschlechts - amüsiert und niemand fühlte sich diskriminiert.

Trotz allem möchten wir einige Zeilen beifügen, in denen wir zu den einzelnen Party-Namen Stellung beziehen:

„Zeig der Zille Deinen Willi"
Seit Jahrzehnten wird in den österr. Skigebieten Williams mit Birne getrunken;

die Abkürzung hierfür ist kurz und bündig „WILLI".

Und dieser Willi ist hier gemeint. Wenn Sie etwas anderes hineininterpretieren, haben wir das nicht zu verantworten.

„Ganze Kerle wild und hart, süße Bienen lieb und zart"
Die Herren der Schöpfung sehen sich doch gerne als ganze Männer; wild und hart.

Und die Mädels werden im allgemeinen Volksmund als lieblich, zart und süß beschrieben.

Es handelt sich hierbei lediglich um Attribute für die einzelnen Geschlechter, die dem Volksmund entnommen wurden,.

„Huschi wuschi mit der Uschi"
Huschi wuschi ist im hochdeutschen nichts anderes hurtig.

Was ist sexistisch, wenn man mit der Uschi hurtig irgendwo hineilt?

„A Zuckerl für Pupperl"
Halten Sie den Filmtitel „Gib dem Affen Zucker" auch für sexistisch?

Warum darf man einem lieben, gutaussehenden Mädel kein Zuckerl anbieten.

Unsere Erfahrung ist, dass die Bezeichnung Pupperl für ein Mädchen oder eine Frau E eher ein Kompliment darstellt. „Sie sieht aus wie a Pupperl" ist doch die Aussage, dass Sie besonders hübsch ist. Haben Sie schon einmal hässliche Puppen gesehen?

„Super Schnitten lassen bitten"
Ein ausgezeichnetes österreichisches Produkt ist die Manner-Schnitte, die über die Grenzen des Staates hinaus bekannt und beliebt ist. Diese will letztendlich ja auch konsumiert werden. Also bitte zugreifen.

„Hennen scannen"
In unserer Branche haben wir mit unterschiedlichen Zielgruppen zu tun und sehr häufig mit ganz normalen Jugendlichen. Haben Sie schon einmal hingehört, wie sich diese unterhalten, ohne auch nur die geringste Abwertung dabei im Sinn zu haben?
Das ist absoluter üblicher Jugend-Jargon, der in allen Bundesländern gleich ist.

Abschließend möchten wir hier deutlich betonen, dass wir uns gegen den Vorwurf sexistischer Absichten, Geschlechter-Diskriminierung distanzieren. Auch steckt keine Werbemaßnahme für irgendein Produkt steckt.

Der Großteil unserer Mitarbeiter ist weiblich und nicht eine einzige fühlt sich durch diese lustigen Party-Namen sexuell belästigt, noch sexistisch diskriminiert.

Schauen Sie doch einfach einmal bei uns in der Gösser-Fan-Arena vorbei und genießen sie die tolle Stimmung. Sie werden erleben, dass jeder sich amüsiert und niemand peinlich berührt ist.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen noch schöne Tage in Schladming.

Mit freundlichen Grüßen

Eva Frank
Geschäftsleitung

 

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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