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Smartphones und Tablets rechnen für die Krebsforschung

Rund 80 Prozent aller Österreicher besitzen mittlerweile ein Smartphone, doch nur den wenigsten dürfte bewusst sein, dass sich ein kleiner Supercomputer in ihrer Hosentasche befindet. "Moderne Smartphones lassen den drei Jahre alten Laptop, den viele noch zu Hause haben, mittlerweile alt aussehen", so Martin Wallner, Österreich-Chef von Samsung Mobile. Um diese Leistung auch sinnvoll zu nutzen, wenn das Smartphone nicht in Verwendung ist, hat Samsung gemeinsam mit der Universität Wien eine Initiative gestartet. Die App Power Sleep nutzt die Rechenleistung eines Smartphones, während dessen Besitzer schläft, um Eiweißsequenzen zu analysieren und diese miteinander abzugleichen.

TÜV-geprüfte Wecker-App

Power Sleep ist ab Donnerstagabend für Smartphones und Tablets mit Android verfügbar und funktioniert wie eine Wecker-App. Der Benutzer kann einstellen, wann er geweckt werden möchte und muss das Gerät an das Ladekabel anschließen. Erst wenn der Akku voll aufgeladen wurde, beginnt der Berechnungsprozess. Die App lädt dabei ein knapp ein Megabyte großes Datenpaket herunter, in dem die einzelnen Eiweißsequenzen aufgelistet sind. Diese berechnet die App dann und sendet die Ergebnisse an die Server des Projekts zurück.

Um zu verhindern, dass das Gerät über Nacht überhitzt, wird lediglich ein Kern des Prozessors voll ausgelastet. Prozessoren mit vier oder sogar acht Kernen sind in Smartphones und Tablets keine Seltenheit mehr. Laut Jürgen Falb von PocketScience, dem Entwickler der App, deaktiviert sich die App automatisch, wenn eine Temperatur von mehr als 40 Grad erreicht wird. Die Sicherheit wurde auch mit Hilfe des deutschen TÜV überprüft. Die App lädt neue Daten nur bei aktiver WLAN-Verbindung herunter, es kann aber auch optional der Download über 3G aktiviert werden.

Bisher nur für PCs und Laptops

"Das Spannende an der Proteinforschung ist, dass sie in allen Bereichen von der Grundlagenforschung bis hin zur medizinischen Forschung Berührungspunkte haben", so Thomas Rattei von der Universität Wien, der das Projekt verantwortet. Die wohl bekanntesten Beispiele dafür sind die Krebs- und Alzheimerforschung. "Wir müssen mehr über die Funktionen von Proteinen wissen, um diese Erkrankungen zu verstehen." Um das zu erreichen, müssen bestimmte Proteine, die man in anderen Organismen, beispielsweise einer Maus, bereits entschlüsseln konnte, auch das selbe bei Menschen bewirken. "Wenn sie einen Biologen fragen, ob sie oder er schon mal Proteine verglichen hat, dann werden sie sicher ein 'Ja' bekommen. Und auf der ganzen Welt werden den ganzen Tag viele dieser Vergleiche durchgeführt, teils doppelt und dreifach."

Dafür ist aber auch eine entsprechende Rechenleistung erforderlich, die lange Zeit nur Supercomputer zur Verfügung stellen konnten. Mit SETI@home wurden 1999 diese Rechenaufgaben erstmals an viele verschiedene Computer verteilt. Jeder konnte mit Hilfe der Software und einer Internetverbindung seine Rechenleistung der Wissenschaft zur Verfügung stellen. Die Idee wurde mit der BOINC-Plattform 2002 weiter ausgedehnt, über die man mittlerweile rund 80 verschiedenen wissenschaftlichen Projekten seine Rechenleistung zur Verfügung stellen. Insgesamt haben bereits 2,7 Millionen Menschen aus 273 verschiedenen Nationen daran teilgenommen. Dort finden auch regelmäßig Wettbewerbe statt und es gibt Ranglisten, in denen sich die aktivsten Nutzer messen können. Ein ähnliches Feature sei laut Entwickler Falb nicht geplant, die Nutzer können aber sehen, wie viele Stunden sie die Rechenleistung ihres Geräts der Forschung zur Verfügung gestellt haben.

Keine iOS-App geplant

Rattei zufolge komme man derzeit mit rein technologischen Weiterentwicklungen den stets wachsenden Datenbanken hinterher. Während das Mooresche Gesetz besagt, dass sich die maximale Rechenleistung alle 18 Monate verdoppelt, verdreifacht sich die Proteindatenbank in dieser Zeit nahezu. Daher benötige man auch zusätzliche Rechenleistung, die die Initiative nun bringen soll. Dabei soll aber auch der Nachhaltigkeitsgedanke im Vordergrund stehen: "Wir wollen nicht, dass sich jemand zusätzliche Geräte kauft, um an diesem Projekt teilzunehmen. Es soll einfach eine Infrastruktur, die bereits existiert, für einen weiteren, guten Zweck nutzbar gemacht werden." Das will auch Samsung forcieren und wird unter anderem an seinen Verkaufsstellen in Shops die dort ausgestellten Smartphones und Tablets über Nacht arbeiten lassen. Zudem sei eine umfangreiche Marketing-Kampagne geplant, die TV-Spots, Außenwerbung sowie Online-Werbung umfasst.

Eine iOS-App befindet sich derzeit nicht in Entwicklung, laut Rattei sei man aber offen dafür. "Das wäre ein Projekt für die Zukunft", so Rattei. Er habe sich aber auch sehr stark an den Wünschen der Community orientiert, die vor allem eine Android-App gefordert habe. "Die Entwicklungskosten der App wären für uns ungemein hoch und ohne einen Partner wie Samsung nicht zu stemmen gewesen", zeigte sich Rattei dankbar. Samsung verwies unter anderem auf die hohe Android-Penetration in Österreich, die bei rund 75 Prozent liegt, sowie die Tatsache, dass es Mitbewerbern frei stehe, eine eigene App für eine andere Plattform zu entwickeln.

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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