© Norc/Screenshot

street view

Street View in Österreich - Online seit 2008

Während in Deutschland Fassaden verpixelt und anschließend mit Eiern beworfen werden, sind in Österreich die Fahrten mit dem Kameraauto vorübergehend verboten worden. Grund hierfür waren allerdings nicht die Fotos, sondern Daten über vorhandene WLAN-Netzwerke, die im Rahmen der Fahrten mitaufgezeichnet wurden. Nicht zuletzt das ist ein Grund, warum Street View in Österreich noch nicht existiert. Zumindest nicht unter dem Google-Logo, denn was viele vielleicht nicht wissen ist, dass Street View in Wien und in einigen anderen Städten schon längst Realität ist.

Norc.at

Noch lange bevor Google begann die Straßen abzulichten, kam ihnen eine rumänische Firma zuvor, die deutlich schneller reagierte und binnen kürzester Zeit Wien aus der Street View Perspektive ins Netz stellte. Norc.at ging Anfang 2008 online, Gründer und Geschäftsführ der betreibenden eXtreme Soft Group S.R.L., Andrei-Vasile Neagu erzählte gegenüber der FUTUREZONE, wie es dazu kam: "Wie haben mit der Idee gespielt, mithilfe von Fotos eine touristische Website aufzubauen, wo sich Nutzer virtuell ein Bild vom zukünftigen Urlaubsort machen können. Als Google im April 2007 Street View in den USA startete, haben wir die Idee aufgenommen und sie mit unserer Technik umgesetzt." Auf die Frage, wieso gerade Wien als eine der ersten Städte für das Projekt gewählt wurde, erwidert Neagu: "Zuerst haben wir in Rumänien begonnen, aber wir wollten Wien im Hinblick auf die Fußball-Europameisterschaft 2008 vorziehen. Wir dachten, das Service könne für ausländische Besucher des Events hilfreich sein, sich in der Stadt zurecht zu finden."

Das Projekt wurde Neagu zufolge mittels eines eigens entwickelten Systems aus Hard- und Software, das auf digitalen Spiegelreflexkameras basiert, realisiert. Wien komplett abzufotografieren dauerte ihm zufolge etwa einen Monat.

"Wir nehmen Datenschutzbedenken ernst"
Probleme mit den Behörden gab es laut Neagu keine, so führt er aus: "Die österreichische Datenschutzkommission bestätigte uns, dass es nicht illegal sei, Fotos von öffentlichen Orten zu machen." Um die Privatsphäre der abgebildeten Personen trotzdem zu gewährleisten, werde jedoch viel Aufwand getrieben, um Gesichter und Autokennzeichen zu verfremden. Auf Wunsch ist es auch möglich, die eigene Hausfassade unkenntlich zu machen. Derartige Anfragen werden in etwa zwei Werktagen bearbeitet, heißt es von Neagu. Seit dem Start des Dienstes seien etwa 200 derartige Bitten bei den Betreibern eingegangen. Ansonsten gab es mit den Behörden keinerlei Probleme.

Unbekannt in Österreich
Inwieweit der Kontakt mit der Datenschutzkommission tatsächlich bestanden hat, konnte Dr. Eva Souhrada-Kirchmayer, Geschäftsführendes Mitglied der Datenschutzkommission, nicht genau sagen. Rein informeller Kontakt könne durchaus stattgefunden haben. Da Norc.at in Rumänien gehostet wird, unterliegt es somit auch rumänischem Recht. Innerhalb der öffentlichen Diskussion ist Google mit seinem Street View klar vorherrschend. Souhrada-Kirchmayer bestätigt, dass ein Großteil der Anfragen an die Datenschutzkommission zum Thema Google sind, gelegentlich komme es auch vor, dass Norc.at angesprochen wird.. Ganz so unbekannt dürfte der rumänische Dienst jedoch auch nicht sein, laut Geschäftsführer Neagu verzeichnet norc.at monatlich etwa 40.000 Unique Visitors.

Warum durfte Google nicht?
Googles Kamerafahrten wurden dezidiert nicht wegen der geschossenen Fotos gestoppt, sondern aufgrund der gleichzeitigen Aufzeichnung von WLAN-Daten. Bis zuletzt wurde laut Souhrada-Kirchmayer geprüft, inwieweit diese Aufzeichnungen tatsächlich im Zusammenhang mit dem Projekt Street View stehen. Um dies festzustellen, wurden die Fahrten mittels Mandatsbescheid vorübergehend gestoppt. Mittlerweile habe sich dieser Umstand jedoch wieder aufgeklärt und Google könne ab sofort wieder mit den Aufzeichnungen beginnen.


Streetpano
Ein weiterer Ansatz mit der Idee von Google Street View kommt von der Werbeagentur Algo aus Salzburg. Mittels hochauflösender Kameratechnik wurde der Ort Obertauern vollständig abgebildet und ist somit virtuell durchfahrbar. Geschäftsführer Hans-Jörg Weitgasser erklärt den Unterschied zu Google und anderen Anbietern: "Im Gegensatz zu Google handeln wir nach Auftrag und Vorgabe", hielt er im Gespräch mit FUTUREZONE fest. "Uns geht es um touristische Inszenierung in höchster Qualität, entsprechende Regionen wollen sich durch unser Angebot einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Orten verschaffen." Aus diesem Grund würden die Aufnahmen, im Gegensatz zu denen von anderen Anbietern, nur unter "optimalen Bedingungen" gemacht werden.

Deutsche Städte in Planung
Datenschutzbedenken oder ähnliches gäbe es nicht, denn "die Verantwortlichen vor Ort sind über unser Vorhaben informiert und geben uns exakte Routen vor, sowie was fotografiert werden darf und was nicht." Weitgasser erklärt weiters, dass Gesichter und Autokennzeichen von qualifizierten Experten händisch unkenntlich gemacht bzw. verpixelt wurden. Das Interesse an Algos Dienst sei groß. So verriet Hans-Jörg Weitgasser gegenüber der FUTUREZONE noch, dass auch bereits mehrere Anfragen großer deutscher Städte vorliegen. Ob es aus Datenschutzgründen schwieriger werden dürfte, entsprechende Zustimmung in der Bevölkerung zu erlangen, wisse er nicht: "Das obliegt wieder den Auftraggebern vor Ort."

Mehr zum Thema

Google Street View: Kritik an Pannenflut
Google stoppt WLAN-Scans endgültig
244.000 Widersprüche gegen Street View
Google-Fans bewerfen Häuser mit Eiern
Mordschauplatz Google Street View

(Thomas Prenner)

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Thomas Prenner

ThPrenner

Beschäftigt sich mit Dingen, die man täglich nutzt. Möchte Altes mit Neuem verbinden. Mag Streaming genauso gern wie seine Schallplatten. Fotografiert am liebsten auf Film, meistens aber mit dem Smartphone.

mehr lesen
Thomas Prenner

Kommentare