Technisch nur das Beste für die Festspiel-Gäste
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Während sich am Morgen Touristen träge durch die Getreidegasse treiben lassen, geht es in einem anderen Teil der Salzburger Innenstadt bereits wesentlich geschäftiger zu. In der Hofstallgasse befindet sich von 19. Juli bis 1. September 2013 das Epizentrum der Salzburger Festspiele. Dort befinden sich nebeneinander die drei Hauptspielstätten des internationalen Opern-, Schauspiel- und Konzertevents: Das Große Festspielhaus, das Haus für Mozart und die Felsenreitschule.
Bei einer Presseführung sollte gezeigt werden, "wie so eine Theaterstadt funktioniert", meint Festspiel-Präsidentin Helga Rabl-Stadler. Hauptsponsor Siemens hat seine Hände bei Gebäudeautomation, Brandschutz und Beschallungstechnik maßgeblich im Spiel. "Unsere Aufgabe ist es, energieeffiziente, komfortable und sichere Gebäude zu gewährleisten", sagt Josef Stadlinger, Zentraleuropa-Chef der Siemens-Abteilung Building Technologies.
Klimatisierung
Eines der großen Themen, die bei der Führung behandelt werden, ist jenes der Klimatisierung. "Das ist ein wirkliches Thema bei uns, weil die Amerikaner wollen`s ja auf 16 Grad runtergekühlt haben", meint Helga Rabl-Stadler. Aber auch abgesehen vom persönlichen Komfort kommt der Klimatisierung der Gebäude während der Festspiele eine bedeutende Rolle zu. Schließlich gilt es, Temperatur und Luftfeuchtigkeit für empfindliche Musikinstrumente möglichst konstant zu halten.
Im Großen Festspielhaus kommt bei der Klimatisierung eine Methode zum Einsatz, die besonders ressourcenschonend ist. Im Keller des Hauses wird der Salzburger Almkanal angezapft, ein kanalisierter Bach, der aus den Bergen kommend direkt unter der Altstadt durchführt. Das Wasser wird durch eine dreistufige Filteranlage geleitet und erreicht eine Wärmetauschanlage mit einer Durchflussmenge von 55 Liter pro Sekunde. Die sommerliche Temperatur des Almkanals von rund 15 Grad wird ausgenutzt, um die Luft im Zuschauerraum zu kühlen.
Alleine mit der Wasserkühlung funktioniert es aber nicht. In den Kellern der Festspielhäuser muss auch mit konventionellen Mitteln Kälte erzeugt werden. Das Haus für Mozart besitzt etwa riesige Schränke, in denen der Umgebungsluft Feuchtigkeit entzogen wird. Dabei kommen Schaufelräder zum Einsatz, die mit einem wasseranziehenden Material, ähnlich den Kieselgel-Säckchen in vielen neugekauften Stoffprodukten, beschichtet sind. Die dadurch gewonnene warme, trockene Luft wird anschließend mit kaltem Wasser wieder befeuchtet und dadurch abgekühlt.
Beschallung
Das Festspiel-Publikum soll neben wohltemperierten Räumen auch von wohltemperierter Musik profitieren. Alle drei Aufführungshäuser sind mit digitaler Soundtechnik ausgestattet, die die Anpassung der Raumakustik an das jeweilige Programm erleichtern kann. In der Felsenreitschule wurde etwa das System "Vivace" installiert. Dieses besteht aus über 50 Lautsprechern, die über und um den Zuschauerraum herum weitgehend unsichtbar platziert sind.
Die Bühne der Felsenreitschule ist von drei Stockwerken mit Arkadenbögen umgeben, die direkt in den Fels des Mönchsbergs geschlagen wurden. Der Fels sorgt dafür, dass die Spielstätte relativ lange Hallzeiten mit sich bringt. Diese Hallzeit kann mit Vivace reduziert werden. Mikrofone über dem Orchester, ein leistungsstarker Computer und einzeln angesteuerte Lautsprecher sorgen dafür. Der Tonmeister der Felsenreitschule sorgt für einen ausgewogenen Gesamtklang. Der Zuseher soll nicht merken, dass künstlich "nachgeholfen" wird.
Mit dem System können auch Schallquellenbewegungen durch den Raum simuliert werden. Dabei kommen psychoakustische Tricks zum Einsatz. Mit Vivace sei es etwa möglich, einen Hubschrauber über dem Publikum akustisch realitätsgetreu zu simulieren, erklärt der verantwortliche Techniker. Um den natürlichen Hall der Felsenreitschule zu reduzieren, wurden auch bauliche Veränderungen vorgenommen. Im Zuge eines Umbaus, der 2009 aufgrund strengerer feuerpolizeilicher Auflagen notwendig wurde, baute man etwa eine zweischalige, mobile Dachkonstruktion, die schallabsorbierend wirkt.
Koordination
Was man bei der Führung ebenfalls begutachten konnte, war der Arbeitsplatz des so genannten Inspizienten. Der Inspizient ist der Hauptkoordinator einer Vorstellung. Über ein eigenes Kontrollpult gibt er Anweisungen an Akteure und Bühnentechnik, aktiviert Lichtzeichen, tätigt Durchsagen in die Garderoben und kontrolliert das Geschehen auf der Bühne. Der Inspizient ist auch der Herr über die Nummernanzeige. In jedem Programm regelt die Anzeige von Nummern den Zeitpunkt und die Abfolge von Handlungen auf und hinter der Bühne.
Leuchtet etwa eine bestimmte Zahl auf, bereitet ein Statist eine Aktion auf der Bühne vor. Erlischt die Zahl, führt er eine vorgegebene Aktion aus. Der Inspizient koordiniert neben der Aufführung aber auch Notfälle. Kommt es etwa zu einem Feueralarm, ist der Inspizient die erste Ansprechperson für die Einsatzkräfte. Von seinem Pult aus kann er Evakuierungsdurchsagen starten und Kontakt zu den Behörden herstellen.
Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen gibt es bei den Salzburger Festspielen auch ein so genanntes "Behördenkammerl" in jedem der drei Häuser. Der Raum dient als Kommandozentrale für Notfälle. Von hier aus können alle Lautsprecher des Hauses angesteuert werden - selbst jene auf den Toiletten. Das Behördenkammerl ist auch der Rückzugsort für das Verfassen der Protokolle der Einsatzkräfte.
Brandschutz
Eine Stunde vor jeder Vorstellung muss die Feuerwehr eine Kontrolle beendet und die Veranstaltung freigegeben haben. Erst nach dieser so genannten "Abendabnahme" gibt es Einlass. Parkt nur ein Auto vor einem Notausgang, kann keine Freigabe erteilt werden. Wird ein Brandalarm ausgelöst, wird dieser direkt zur Feuerwehr weitergeleitet. Diese rückt auf der Stelle aus, ohne nähere Informationen vom Ort des Geschehens abzuwarten.
Alarme werden durch ein vielfältiges Netz an Sensoren ausgelöst, die den jeweiligen Gegebenheiten der Spielstätten angepasst sind. Neben herkömmlichen Rauchmeldern an der Decke kommen etwa Linearmelder zum Einsatz. Diese strahlen Infrarotlicht fächerförmig durch den Raum. Kommt es zu einer Sichteintrübung, wird dies sofort registriert. Täuschungsalarme, etwa durch Staub aufgrund von Bauarbeiten, kommen öfters vor. Die Feuerwehr muss sich von der Harmlosigkeit der Situation stets persönlich überzeugen.
Das Brandschutzsystem kann jedoch flexibel konfiguriert werden. Bei einigen Produktionen werden etwa pyrotechnische Effekte auf der Bühne eingesetzt. Währenddessen müssen bestimmte Brandmelder deaktiviert werden, um sofort danach wieder in Betrieb zu gehen. Eigene Proben sorgen dafür, dass diese Umschaltphasen reibungslos - und ohne Alarm - funktionieren. Für jede Produktion können entsprechende Einstellungen gespeichert und vom Inspizientenpult wieder abgerufen werden.
Open Air
Neben zahlreichen Komponenten der genannten Systeme ist Siemens auch für die Ausrichtung der "Fest>Spiel>Nächte" verantwortlich. Historische und aktuelle Produktionen der Salzburger Festspiele werden dabei auf einer zehn mal acht Meter großen LED-Wand gezeigt. Das kostenlose Angebot nahmen alleine im Vorjahr über 70.000 Besucher an. "Selbst die Künstler gehen dort hin", meint Festspiel-Präsidentin Helga Rabl-Stadler. "Auch die Anna Netrebko" sei schon mal vor der LED-Wand erblickt worden.
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