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Grüne Welle

TVs: Energieeffizienz wichtiger als 3-D und Web

Nicht 3-D oder Internet-Zugang, sondern der Stromverbrauch ist eines jener Merkmale, auf das Konsumenten beim Kauf eines neuen TV-Geräts schauen. „Bilddiagonale, Bildqualität und Preis sind weiterhin die wichtigsten Kriterien, Energieeffizienz findet sich jedoch bereits an vierter Stelle“, sagt Jürgen Boyny vom Marktforschungsinstitut GfK. Gaben 2008 noch 30 Prozent der Befragten den Verbrauch als wichtig an, waren es einer GfK-Untersuchung zufolge im Jahr 2010 bereits 47 Prozent. Funktionen wie 3-D, Bildwiederholrate, Web-Zugang aber auch Design liegen weit hinter dem Verbrauch zurück.

EU-Label rückt Verbrauch in den Vordergrund
Dieses Bewusstsein hängt einerseits mit gestiegenen Energiekosten sowie der allgemeinen wirtschaftlichen Lage zusammen. Andererseits spielt das neue EU-Siegel eine Rolle, das Anfang dieses Jahres eingeführt wurde. So wie bei Waschmaschinen oder Kühlgeräten zeigt eine Plakette, in welche Verbrauchsklasse der TV-Apparat fällt. Die Skala reicht von A (gut) bis G (schlecht). Obwohl der Einsatz des Labels erst ab November für neue TV-Modelle verpflichtend wird, weisen die großen Hersteller bereits jetzt den Verbrauch aus – zumindest bei jenen Modellen, die besonders „grün“ und damit gut zu bewerben sind.

„Aktuell führen wir 18 A-Geräte und eines, das sich für A+ qualifiziert. Die große Masse bewegt sich zwischen B und C“, sagt Thomas Bogner von der Österreichischen Energieagentur. Über die Plattform Topprodukte.at protokolliert die Organisation den Verbrauch von Elektrogeräten. Bei den vorbildlichen Produkten liegt der durchschnittliche Jahresverbrauch zwischen 48 und 65 kWh (Kilowattstunden). Auch Bogner sieht bei Konsumenten ein steigendes Interesse an Geräten mit geringem Stromverbrauch. Mit der verpflichtenden Einführung des EU-Labels Ende November erwartet er einen deutlichen Schub.

Plakette als Marketing-Werkzeug
Die Hersteller bringen sich jedenfalls schon in Stellung und rühren die Werbetrommel - wohl auch um den Einbruch bei den Verkäufen zu kompensieren: Europaweit sind im ersten Quartal 2011 25 Prozent weniger Flat-TVs verkauft worden als 2010. „Über 50 Prozent unserer Geräte sind A oder besser“, sagt Pieter Nota, Chef der Unterhaltungselektronik-Sparte von Philips. Der niederländische Konzern ist Vorreiter bei sparsamen TVs, hat einen Preis für „Grünsten TV Europas“ gewonnen und als erster Hersteller ein Gerät mit A++ im Programm. Erreicht wird dies unter anderem durch eine solarbetriebene Fernbedienung. Bei Marktführer Samsung fallen laut Sprecherin Petra Gregorowitsch zwei Drittel der LED-Modelle in die A-Klasse. Mit einer Werbe-Aktion habe man in Österreich zudem den Energieaspekt extra hervorgehoben.

Neue Technologien für noch weniger Verbrauch
Erreicht wird die Reduktion durch eine LED-Hintergrundbeleuchtung, die sich intelligent selbst dimmt. Die Lämpchen im TV-Schirm haben mit Abstand den größten Energiebedarf. Wenn sie ihre Helligkeit automatisch an das Umgebungslicht anpassen, kann viel gespart werden. Allerdings sind die Grenzen des Möglichen bereits in Sicht. „A+++ wird man mit jetzigen Technologien kaum erreichen“, sagt Bogner. Um einen Verbrauch von unter 20kWh zu erreichen, braucht es einen grundlegenden Technologiewechsel. „OLED wird diese Reduktion ermöglichen“, sagt Markus Reichling, Umweltschutzbeauftragter von Panasonic. Er hat als Industriesprecher die vergangenen vier Jahre gemeinsam mit der EU-Kommission über das Label verhandelt.

Es sei ein schwieriger Prozess gewesen, da Fersehgeräte mit ihren unterschiedlichen Größen und Funktionen weit komplexer als Waschmaschinen sind. So werde es 2014 und 2017 Anpassungen des Labels gegeben, um aktuelle Entwicklungen zu berücksichtigen. Reichling glaubt jedenfalls, dass man die nächsten Jahre für ein grünes Gewissen Abstriche bei der Funktionalität hinnehmen muss. „A++ und Top-Funktionen wie etwa Internet-Anschluss oder 3-D schließen sich aus.“

Energieeffizient ist nicht zwangsläufig Öko
Die Liebe für die Umwelt beschränkt sich für den Konsumenten übrigens nur auf den Stromverbrauch. Nachhaltigkeit oder Ressourcen schonende Produktion oder Verpackung seien dem Großteil egal, so Reichling. „Nur der Stromverbrauch ist in der Geldbörse direkt spürbar“.

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Benjamin Sterbenz

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