Unfälle mit E-Bike-Beteiligung nehmen zu
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In den ersten neun Monaten des Jahres 2017 seien knapp 4300 Unfälle mit Personenschäden registriert worden, an denen die oft auch als Pedelecs (Pedal Electric Cycle) bezeichneten Elektro-Fahrräder beteiligt gewesen seien, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) mit. Dies seien 28 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Nach Angaben des Fahrrad-Clubs ADFC gibt es in Deutschland mittlerweile rund 3,5 Millionen Pedelecs. Allein 2017 seien knapp 700 000 neu hinzugekommen, ein Anstieg um rund 25 Prozent. Grundsätzlich sei der Anstieg der Unfallzahlen durch die steigende Zahl der E-Bikes zu erklären, sagte ADFC-Sprecherin Stephanie Krone.
Der Unfallforscher Siegfried Brockmann weist auf die steigende Zahl älterer Verkehrsteilnehmer hin, die Fahrräder mit zusätzlichem Elektromotor nutzen. Der Anteil Älterer an Pedelec-Unfällen ist überdurchschnittlich hoch. Zudem steige die Zahl illegal getunter Pedelecs, die schneller fahren als die erlaubten 25 Stundenkilometer, sagte Brockmann, der die Unfallforschung der Versicherer (UDV) leitet, im Vorfeld des Verkehrsgerichtstages in Goslar. Der Expertenkongress hatte sich in der Vergangenheit wiederholt mit dem Thema Pedelecs und Möglichkeiten zum Schutz der Fahrer befasst. Der 56. VGT beschäftigt sich vom 24. bis 26. Januar unter anderem mit den Themen Fahrerflucht, höhere Bußgelder für Verkehrssünder und Cannabis im Straßenverkehr.
Zu schnell
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sind 2017 bis September 55 Pedelec-Fahrer ums Leben gekommen. Die Zahl der Toten für das gesamte Jahr dürfte damit voraussichtlich etwa doppelt so hoch sein 2014, dem ersten Jahr, in dem das Bundesamt Pedelec-Unfälle erfasst hatte. Damals gab es 39 Todesopfer.
Die Zahl der Elektrofahrräder werde weiter steigen und damit auch die Zahl der an Unfällen überproportional stark beteiligten Senioren, sagte Unfallforscher Brockmann. Viele ältere Menschen fahren durch die Unterstützung des Elektromotors viel schneller, als es ihre Fähigkeiten eigentlich erlauben, sagte der Unfallforscher. Das führe vielfach zu Kontrollverlust und Stürzen.
ADFC-Sprecherin Krone rät Älteren dazu, sich nicht ohne Vorbereitung auf ein Pedelec zu setzen. Wer viele Jahre nicht mehr Fahrrad gefahren ist, sollte sich vor der ersten Ausfahrt mit dem Antriebs- und Bremsverhalten vertraut machen. Jeder dritte Unfall mit einem Pedelec sei die Folge unangepasster Geschwindigkeit, sagte Brockmann. So starb kurz vor Weihnachten in Bremen ein E-Biker, als er mit überhöhtem Tempo frontal mit einem Fahrrad kollidierte.
Brockmann plädiert für eine technische Lösung: Die Unterstützung, die der Elektromotor liefert, sollte an die Kraft gekoppelt sein, die Fahrer selbst aufwenden. Wer langsam tritt, bekommt nur wenig Motorleistung oder wird im Tempo gedrosselt, sagte Brockmann. Das wird dazu führen, dass Senioren mit dem E-Bike nicht mehr schneller fahren können als Fahrradfahrer.
Aufgemotzt
Besonders gefährlich wird es aus Sicht des Unfallforschers, wenn E-Bikes getunt werden. Das greift immer mehr um sich, sagte Brockmann. So verfolgte die Polizei jüngst in Soest (Nordrhein-Westfalen) einen Radler, der sein getuntes Mountain-Bike bis auf 60 Stundenkilometer beschleunigte. In Erfurt (Thüringen) flüchtete ein E-Bike-Fahrer mit hohem Tempo vor einer Polizeikontrolle. Auch er hatte sein Pedelec getunt. Vom E-Bike-Tuning riet der Unfallforscher ebenso ab wie der ADFC. Die Gefahr werde sonst vor allem für Ältere unkalkulierbar groß, sagte Brockmann. Und illegal sei die Aufrüstung zumeist auch.
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