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US-Wahl

Wählerfang mit Google-Bomben und Twitter-Bots

Mitt Romney mag ja ganz gut sein. Aber so gut wohl auch wieder nicht: Innerhalb nur eines Tages stiegen seine Follower auf Facebook um 110.000 an. "Auf den zweiten Blick entpuppten sich die frischgebackenen Romney-Fans als Scheinkonten", erklärt Takis Metaxas, Computerwissenschaftler am Wellesley College, im US-Staat Massachusetts. Er ist der Ko-Autor eines Aufsatzes über die Rolle der sozialen Netzwerke bei Wahlen, nachzulesen in der aktuellen Ausgabe der angesehenen Fachschrift Science.

2008 war Barack Obama mit seiner Nutzung von sozialen Netzwerken ein Pionier. Nun, vier Jahre später, sind Twitter und Facebook ein integraler Bestandteil des politischen Schlachtfelds. Wie und ob "social media" das Wählerverhaltens beeinflussen, ist freilich ungeklärt. Mitt Romney hat rund 10 Millionen "Likes" auf Facebook, Barack Obama bringt es auf drei Mal so viel. Das mag etwas aussagen. - Oder auch nicht. Doch in jedem Fall, verzichtet kein Wahlstratege, auf ein zusätzliche Propaganda-Spielwiese.

Sand im Getriebe der Suchmaschinen
Die Breitenwirkung ist potentiell enorm. Laut der Pew Foundation verwenden in den USA zwei von drei Bürgern ein soziales Netzwerk wie Facebook, Twitter, YouTube oder LinkedIn. Wer online ist, verwendet täglich Suchmaschinen. 70 Prozent halten die Suchergebnisse für glaubwürdig. – Obwohl man sie manipulieren kann. "Früher haben Leute etwas geglaubt, weil es – gedruckt und schwarz auf weiß – in der Zeitung stand. Wir verhalten uns immer noch so, obwohl das Internet ein Medium ist, wo jeder Autor sein kann." Und noch etwas fiel dem Forscher auf: "Je gebildeter jemand ist, desto eher hält er die Suchergebnisse für bare Münze. Er sitzt der irrigen Annahme auf, dass eine Suche mit einer komplexen Fragestellung zwangsläufig zu korrekter und unmanipulierter Information führt."

Geradezu schon ein online-Klassiker der Manipulation ist die so genannte "Google-Bomb". "Die kann man auch Yahoo-Bombe nennen", meint Takis Metaxas. "Doch die meisten suchen eben via Google." Der Effekt ist der gleiche: Man konstruiert eine Assoziationen zwischen Suchbegriffen und Internetseiten. Wer beispielsweise 2003 auf Google den Begriff "miserable failure" eingab, landete bei George W. Bushs Homepage.

Bush-Symphatisanten kehrten die Technik um und verlinkten den Suchbegriff mit Hillary Clinton, Jimmy Carter und Michael Moore. Auch Karl-Heinz Grasser wurde Google-"gebombt". Seine Homepage wurde 2004 zu "völlige Inkompetenz" verlinkt. Google hat solche Bomben durch einen veränderten Suchalgorithmus zumindest drastisch entschärft.

Attacken via Twitter
Gegen Twitter-Bomben sei jedoch – vorläufig noch – nichts zu machen: Diese Tweets werden von Bots an spezifische Nutzer geschickt, um deren Aufmerksamkeit für den jeweiligen Kandidaten oder die jeweilige Sache zu erregen. Die Methode funktioniert schnell, ist billig und kaum zu unterbinden, da Tweets in Echtzeit erfolgen.

Das Paradebeispiel für eine höchste erfolgreiche Twitter-Bombe: Die Wahl im Staat Massachussetts für einen Sitz im US-Senat 2010. Wenige Tage vor dem Wahltermin schickten Polit-Spammer von nur neun Scheinkonten 1000 Tweets aus, ehe Twitter die Gruppe blockierte. Dennoch erreichte die Botschaft innerhalb nur eines Tages rund 60.000 Menschen. Die Zielgruppe der Nutzer war gut gewählt: Alle hatten innerhalb der vergangenen Stunden über die Wahl getweetet. Es war also mit Retweets zu rechnen.

Solche Aktionen sei auch bei der Präsidentschaftswahl 2012 zu zu erwarten, so Takis Metaxas. "Je näher die Wahl heranrückt, desto mehr Twitter-Bomben werden durch den virtuellen Raum schwirren".

Wie schützt man sich vor virtueller Manipulation?
Soziale Netzwerke haben freilich auch einen Vorteil: Fehler und Falschinformationen werden sehr viel schneller entdeckt als früher und korrigiert. "Die Crowd sorgt schon dafür." Doch in jedem Fall, so der Forscher, sollte man sich auch auf bewährte "alte Technologie" verlassen: "Mitdenken und nicht alles glauben, was einem vorgesetzt wird."

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