Warum es in Österreich so wenige E-Autos gibt
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Der frühere Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) wollte 250.000 Elektroautos bis 2020 auf Österreichs Straßen bringen – ein ambitioniertes Ziel, das nicht erreicht werden kann. Denn bis Ende Mai 2014 waren in Österreich gerade einmal 3765 strombetriebene Fahrzeuge (Autos und Kleinlader) zugelassen. Laut Karin Tausz, E-Mobilitätsexpertin bei Austria Tech, geht es aber allen Ländern gleich. „Niemand konnte die gesetzten Zahlen bislang erreichen. Das liegt an den in den vergangenen Jahren nicht ausreichend verfügbaren Fahrzeugmodellen auf dem Markt.“ Diese Situation habe sich jedoch bereits verbessert.
Modellvielfalt
„Derzeit werden in Österreich 30 Fahrzeugmodelle angeboten, die rein elektrisch ausgeführt sind. Die Zahl ist im vergangenen Jahr stark gestiegen“, sagt Tausz. Bis Mitte 2015 sollen es bereits rund 70 Modelle sein. „Auch die Preise konnten durch laufende technologische Weiterentwicklungen gesenkt werden“, fügt die Expertin hinzu. Wolfgang Illes, Teamleiter des Bereichs E-Mobilität bei Wien Energie, ist ebenfalls überzeugt, dass durch die Modellvielfalt Anreize für E-Mobilität geschaffen werden. „Langsam entwickelt sich eine Marktvielfalt. Kunden finden mittlerweile in fast jedem Segment ein geeignetes E-Fahrzeug, passend zu den eigenen Bedürfnissen.“
Doch alleine durch den Umstieg auf E-Autos lassen sich keine Verkehrsprobleme lösen. „E-Autos sind nur ein Ansatz für eine sinnvolle Integration in ein Gesamtverkehrssystem“, sagt Tausz. Das sehen auch die Experten von Wien Energie so – und errichten daher an neuralgischen Punkten wie etwa in der Park & Ride-Garage in Siebenhirten, die von vielen Pendlern frequentiert wird, oder am Bahnhof in Brunn am Gebirge Ladestationen für E-Autos. Die Pendler können dann an diesen Punkten auf den öffentlichen Verkehr umsteigen.
Ladeinfrastruktur
Für die Anzahl der E-Fahrzeuge, die derzeit am Markt sind, gibt es auch bereits eine ausreichende Ladeinfrastruktur, sind sich die beiden Experten einig. „Der derzeitige Bedarf ist gemessen an der aktuellen Zahl an E-Fahrzeugen bereits gedeckt“, sagt Tausz von der Austria Tech. „Alle Studien gehen davon aus, dass überwiegend am Arbeitsplatz und am Wohnort sowie an halböffentlichen Stellen, wie etwa dem Supermarkt, geladen wird“, sagt die Expertin. Genau an diesen Orten errichtet Wien Energie deshalb E-Tankstellen.
„Aus unserer Sicht ist das Thema Ladeinfrastruktur zwar eine Herausforderung, aber nicht das Problem“, meint Illes. Bis Ende 2015 werden von Wien Energie 500 Ladepunkte im Großraum Wien errichtet. „Wir haben jetzt fast die Hälfte davon geschafft und sehen das als wesentliche Voraussetzung dafür, dass die E-Mobilität zum Durchbruch kommt.“ Bis Ende 2014 werden ein halbes Dutzend Tankstellen mit rund 60 Ladepunkten fertig, darunter etwa auch die Garage in der Seestadt Aspern sowie eine beim neuen Hauptbahnhof. Pro Garage ist mit Kosten von rund 50.000 Euro zu rechnen.
So einfach wie Geld abheben
In Österreich betreibt zudem das Joint Venture Smatrics 95 Stromtankstellen, die vorwiegend an Autobahnraststationen platziert sind. Smatrics setzt jedoch auf ein eigenes Bezahlmodell. Wenn ein Wien Energie-Kunde an der Autobahn sein E-Auto tanken will, geht dies mit der in Wien gültigen Tanke-Karte nicht. „Wir sind mit Smatrics in Gesprächen, um eine Vernetzung herbeizuführen. Bislang ist es uns aber noch nicht gelungen, eine gemeinsame Lösung anbieten zu können“, sagt Illes. Was mit Smatrics derzeit noch nicht klappt, ist in Kooperation mit anderen österreichischen Anbietern bereits im Einsatz.
Gemeinsam mit den Energieversorgern Kelag, Salzburg AG und illwerke vkw bietet Wien Energie derzeit eine Anbindung an das europaweite intercharge-Netzwerk an. Eingesetzt wird das System derzeit allerdings nur bei Elektro-BMWs, die über einen „ChargeNow“-Vertrag verfügen. Die dazugehörige ChargeNow-Karte kann bei ausgewählten Ladestationen der Energieversorger zum Tanken genutzt werden. Eines Tages soll Stromtanken damit aber so einfach wie Geldabheben am Bankomaten werden.
Abrechnungsmodelle
„Die größte Herausforderung dabei ist, dass jeder Hersteller spezifische IT-Voraussetzungen hat. Diese unter einen Hut zu bringen, ist schwierig. Das Problem dabei sind nicht die Steckertypen, sondern die Abrechnungssysteme“, erklärt Illes. Um eine gemeinsame Abrechnung zu ermöglichen, muss geklärt werden, welche Datenprotokolle beim jeweiligen Anbieter zur Verfügung stehen, welche Daten ausgetauscht werden und wie weit sich dabei die Kommunikationswege voneinander unterscheiden. „Die IT im Hintergrund müsste standardisiert werden.“
Auch gibt es derzeit unterschiedliche Modelle am Markt, wie verrechnet wird. Bei Wien Energie zahlen Kunden derzeit pro Nutzung. „Wir haben immer den Ansatz vertreten, dass die Dienstleistung des Ladens ein kostbares Gut ist. Man zahlt deshalb das, was man auch konsumiert“, sagt Illes. An dem Modell werde man auch künftig nichts ändern, so Illes. Eine „Flat-Fee“, mit der Nutzer für einen bestimmten Betrag unbegrenzt laden können, sei keine Alternative. Genau auf diese setzt allerdings Smatrics. Um 14,90 Euro pro Monat können E-Auto-Besitzer ihre Fahrzeuge derzeit im öffentlichen Netz des Anbieters aufladen.
Dienstwagenbesteuerung
Welche verkehrspolitischen Anreize noch geschaffen werden, um E-Mobilität weiter vorwärts zu bringen, bleibt großteils den Städten selbst überlassen. Einen Anreiz aus gesamtpolitischer Sicht, der aus Sicht der Austria Tech Sinn macht, gibt es jedoch sehr wohl. 60 Prozent aller neuen Fahrzeuge werden von Firmen für ihre Mitarbeiter angekauft. „Fahrzeugflotten sind mit Sicherheit ein sehr wichtiger Hebel, um mehr umweltfreundlichere Fahrzeuge anstelle von fossil betriebenen Autos auf die Straße zu bekommen“, sagt Tausz. „Ein guter Ansatz wäre hier etwa die Adaptierung der Dienstwagenbesteuerng, die tatsächlich eine der Maßnahmen mit der besten Hebelwirkung ist“, so die Expertin. „Hier wäre es sehr wichtig, steuerliche Anreize so zu setzen, so dass in einem ersten Effizienz-Schritt zur jeweils verbrauchsärmsten Motorisierung gegriffen wird und in weiterer Folge zu E-Autos.“
Dass E-Autos, sowie in Deutschland diskutiert, künftig in Städten auch auf der Busspur fahren dürfen, hält Tausz für keine gute Idee. „Die Benutzung der Busspur wäre ein falsches Signal der Privilegierung. Ein Bus sollte nicht behindert werden. Derzeit wäre das zwar noch kein Problem, könnte aber bei einer höheren Durchsatzrate von E-Autos eines werden.“ Große Hoffnung setzt man bei der Austria Tech auch in die EU-Richtlinie zum Aufbau einer Infrastruktur für alternative Kraftstoffe. Diese soll noch im Herbst verabschiedet werden. „Österreich wird im Zuge der Umsetzung dieser weitere Ziele definieren um die Marktdurchdringung solcher besonders effizienter Fahrzeuge zu unterstützen“, sagt Tausz.
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