Assassin’s Creed: Als hätte man das Hauptmenü verfilmt
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Videospielverfilmungen eilt kein guter Ruf voraus. Zurecht, wenn man einen Blick auf die Liste wirft. Bereits 1993 nahm mit dem berühmt-berüchtigten “Super Mario Bros.” alles seinen Anfang, danach folgte Katastrophe um Katastrophe. Doch warum fällt es Hollywood so schwer, beliebte Videospiele in ebenso unterhaltsamer Form auf die große Leinwand zu bringen? Eine Frage, die sich wohl nicht einfach beantworten lässt. Sicher ist nur, dass sich Hollywood aufgrund der gewaltigen Popularität von Videospielen und der eigenen Ideenarmut wieder öfter an Spieleverfilmungen wagt.
Nach dem in Asien besonders erfolgreichen “Warcraft” sowie den mäßig unterhaltsamen Animationsfilmen “Angry Birds Movie” und “Ratchet & Clank” folgt 2016 der bereits vierte Hollywood-Ableger: “ Assassin’s Creed”. Während “Warcraft” die Erwartungen der Kritiker nicht erfüllen konnte, werden in “Assassin’s Creed” große Hoffnungen gesetzt. Zurecht, wenn man einen Blick auf die Rohdaten wirft: Der 125-Millionen-Dollar-Film setzt auf Michael Fassbender als Nachfahre eines Assassinen, Jeremy Irons als CEO des Templer-Unternehmens Abstergo sowie Oscar-Preisträgerin Marion Cotillard als dessen Tochter. Zudem ist Ubisoft als Produzent stark involviert und überwacht jede Entscheidung der Filmmacher. Was kann da eigentlich noch schiefgehen?
Fazit ohne Spoiler
Bereits vorweg: Einiges. Wer sich lockere Unterhaltung oder Fan-Service im Stil von “Rogue One” erwartet, kann sich den Kinobesuch gleich sparen. “Assassin’s Creed” macht vieles richtig, wie andere Videospielverfilmungen aber auch genauso viel falsch. Dabei schafft man es sogar, die Entwicklung der Videospielreihe vollständig zu ignorieren und die Fehler der ersten “Assassin’s Creed”-Titel auf die Leinwand zu transportieren. Ob die Filmreihe eine zweite Chance bekommen wird, erscheint zweifelhaft. Soweit zum absolut Spoiler-freien Teil. Wer genauer wissen will, worin die Probleme der Verfilmung liegen, darf weiterlesen.
Apfeljagd
Wer ein “Assassin’s Creed” gespielt hat, kennt die Geschichte bereits: Die Templer und Assassinen befinden sich in einem jahrhundertelangen Krieg um die Freiheit der Menschheit. Während die Templer auf der Suche nach Artefakten sind, mit denen sie die Kontrolle über den freien Willen erlangen können, versuchen die Assassinen diese zu beschützen und die Pläne der Templer zu durchkreuzen. Soweit zum beliebten Teil der Spieleserie. Doch “Assassin’s Creed” hatte stets auch einen Bezug zur Neuzeit - die innovative, aber wenig spannende Abstergo-Hintergrundgeschichte.
Die Templer treten in der Moderne weiterhin öffentlich in Erscheinung, allerdings unter dem Deckmantel des Konzerns Abstergo. Über den sogenannten “Animus” können Menschen die Erinnerungen ihrer direkten Vorfahren erleben und so Hinweise auf den Verbleib von Artefakten sammeln. Ebendas soll Callum Lynch, ein zum Tode verurteilter Mörder und Waise, tun. Er stammt von Aguilar, einem spanischen Assassinen aus dem 15. Jahrhundert, ab, der als letzte bekannte Person im Besitz des Edenapfels war. Dieses Artefakt soll dabei helfen, jenen Teil der DNA zu entschlüsseln, der den freien Willen beschreibt. So könnten die Templer die Kontrolle über die Welt erlangen.
Langeweile und Emotionslosigkeit
Während in den neuen “Assassin’s Creed”-Titeln Abstergo zunehmend in den Hintergrund rückt und man in “Syndicate” und “Unity” fast keinerlei Verweise mehr darauf fand, spielt die Verfilmung zu 80 Prozent in der Moderne. Das Resultat: Pure Langeweile. Für die Verfilmung eines Actionspiels wird in “Assassin’s Creed” erstaunlich viel geredet und kaum gekämpft. In nicht enden wollenden Dialogen wird jeder Aspekt der Geschichte beleuchtet - und sogar versucht, sozialkritische Elemente einzubauen. Das wirkt hoffnungslos deplatziert, denn wer sich privat ein 60 Euro teures Videospiel wie “Assassin’s Creed” kauft, wird wohl kaum an Kritik zur Konsumgesellschaft interessiert sein.
Trotz langer Gespräche hat man das Gefühl, fast nichts über die Charaktere und deren Motive zu wissen. Das spielt aber ohnedies kaum eine Rolle, da sich diese im Laufe der 140 Minuten Laufzeit kaum weiterentwickeln und nahezu emotionslos miteinander umgehen. Bei Jeremy Irons wundert mich seit seinerunfreiwillig komischen Darbietung in “Dungeons & Dragons”nichts mehr, aber gerade Fassbender und Cotillard sorgten für unerwartet schlechte schauspielerische Leistungen. Ich bin mir nicht sicher, ob es an ihnen oder den Anweisungen des Regisseurs lag, denn in einigen Szenen zeigen sie zumindest kurzzeitig ihr Können.
So sehr die schauspielerische Leistung enttäuscht, optisch hat man den Stil des Spiels hervorragend getroffen. Seien es nun die kalten, futuristischen Räumlichkeiten von Abstergo oder das dreckige und dicht gedrängte Andalusien des 15. Jahrhunderts - man fühlt sich stets stark an die ersten beiden “Assassin’s Creed” erinnert. Auch die Kameraeinstellungen verstärken das Gefühl. So macht die Kamera eine Rundumaufnahme, wenn man sich in einer neuen Region befindet, ähnlich dem Adlerauge aus den Spielen. Und auch der berühmte Todessprung (“Leap of faith”) wird im Film nicht nur erwähnt, sondern auch mehrmals durchgeführt. Das war es aber auch schon mit dem “Fan-Service”.
Wenig Action im Actionfilm
Während aktuelle Titel wie “Rogue One” oder “Doctor Strange” mit Anspielungen gespickt sind, tauchen in “Assassin’s Creed” keinerlei bekannte Charaktere aus den Spielen auf. Lediglich einige Gegenstände, beispielsweise die Pistolen aus “Black Flag”, sind in Szenen zu sehen. Kein K.O.-Kriterium, aber da der Film sich wohl auch an Fans der langjährigen Spieleserie richtet, wären ein paar mehr Insider durchaus angemessen gewesen.
Die Story dürfte weder Fans noch Nicht-Gamer begeistern. Lynch wird ausfindig gemacht und bei seiner Hinrichtung von Abstergo entführt. Das Angebot: Wenn er ihnen hilft, den Edenapfel zu finden, bekommt er ein neues Leben geschenkt. Immer wieder begibt er sich in den Animus, mal freiwillig, mal gegen seinen eigenen Wunsch. Meiner Meinung nach ist er jedoch zu selten und zu kurz in der Vergangenheit. Denn im Schnitt kommen auf fünf Minuten Action rund 20 bis 30 Minuten Reden. Und da es keinerlei wirklichen Konflikt gibt, langweilt man sich in dieser Zeit zu Tode und lechzt nach der nächsten Actionszene, die ein wenig Schwung in die Handlung bringt.
Die wenigen Actionszenen, die der “Actionfilm” bieten kann, wissen jedoch zu überzeugen. Fassbender (oder sein Double) kämpft ebenso flott wie Altaïr, Ezio oder Jacob gegen die Templer. Auch die Parcours-Szenen sind sehr gut gemacht und oftmals herrlich überzogen. In diesen Momenten fällt besonders stark auf, dass sich der Film einfach zu ernst nimmt. Ein wenig lockerer Humor wie in “Syndicate” hätte der Handlung gut getan und etwas vom nicht vorhandenen Spannungsboden abgelenkt.
Warum nimmt man ausgerechnet den unbeliebtesten Aspekt einer Spieleserie, um daraus einen Hollywood-Film zu basteln? Das ist so ähnlich, als würde ich mir einen Film über Bowling mit Cousin Roman in GTA, das Hauptmenü von Tetris oder dem lästigen Scannen von Planeten nach Rohstoffen in Mass Effect 2 ansehen.
Hätte der Film doch nur schon mit der Hinrichtung von Lynch geendet, dann wären mir und dem Publikum zwei Stunden Langeweile erspart geblieben. Das einzige, das mich daraufhin wach gehalten hat, war das Schnarchen eines Kollegen ein paar Reihen hinter mir sowie die Hoffnung, dass der Film doch noch an Fahrt aufnehmen könnte. Das geschah tatsächlich, doch das Ende kam nach dem nicht enden wollenden Aufbau dann unerwartet rasch.
Ich habe schon oft Filme gesehen, von denen ich danach gesagt habe, dass ich sie nicht unbedingt noch einmal sehen muss. “Assassin’s Creed” will ich aber definitiv nicht noch einmal sehen.
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