
"Die Hardcore-Gamer zahlen uns keine Rolle Klopapier"
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2015 ist ein gutes Jahr für Videospiele. Weltweit werden heuer 82,6 Milliarden Euro mit Spielen für Smartphones, Tablets, PCs oder Spielkonsolen umgesetzt, weit mehr als in Hollywood (35,3 Milliarden Euro). Österreich ist im Boom um Videospiele mittendrin statt nur dabei. Bereits seit Jahren gibt es hierzulande eine kleine, aber international stark vernetzte Branche. Vor allem Wien hat sich zu einem Hotspot für große Studios und die stark wachsende Indie-Szene entwickelt.
Obwohl die heimischen Entwickler finanziell solide dastehen, fühlt man sich von der Politik im Stich gelassen. „Ich bin ja gerne Arbeitgeber, aber die Rahmenbedingungen in Österreich werden nicht gerade besser“, erklärt Johanna Schober, Geschäftsführerin von Sproing, der futurezone. Sproing ist einer der größten Videospiel-Entwickler in Österreich. Das Wiener Studio beschäftigt mittlerweile 90 Mitarbeiter und zählt zu den ältesten und bekanntesten Entwicklern im deutschsprachigen Raum.
Wie ein Start-up
Die Forderungen dürften Start-ups bekannt vorkommen: flexiblere Arbeitszeiten, Steuererleichterungen und weniger Bürokratie bei Investments aus dem Ausland. Tatsächlich ist die Arbeitsweise von Spieleentwicklern jener von Start-ups recht ähnlich und sie sind mit ähnlichen Hürden konfrontiert. „Wenn ich beispielsweise total motiviert und voller Energie bin und gerne einmal zwölf Stunden durcharbeiten möchte, darf ich das rechtlich gesehen eigentlich nicht“, sagt Schober.

© Jeff Mangione/Kurier
Nach JoWood
Die Interessensgemeinschaft Computergrafik hat die Bundesregierung auf die Anliegen aufmerksam gemacht, eine Reaktion gab es bislang nicht. Das liegt wohl auch daran, dass die österreichische Branche einige Jahre lang auf Tauchstation war und es keinen einheitlichen Spieleverband gibt. Jahrelang richtete sich der Fokus auf JoWood, das als Publisher zahlreiche internationale Hits landen konnte. Ein Publisher ist für die Finanzierung und Distribution von Videospielen zuständig, ähnlich wie ein Filmstudio. Doch mehrere missglückte Titel beschädigten den Ruf des Unternehmens nachhaltig, sodass man 2011 Insolvenz anmelden musste.

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Fast 100 Prozent Export
Dieser internationale Fokus ist aber auch eine Stärke, wie Martin Filipp von Mi'pu'mi erklärt: „Österreich hat den Knick, den es zwischen 2003 und 2008 gegeben hat, viel besser überstanden als die deutschen Studios. Österreichische Entwickler hatten schon damals eine Exportquote von 98 Prozent, während die deutschen Studios viel auf ihrem Heimatmarkt mit PC-Spielen erwirtschaftet haben.” So löste der Boom um Spielkonsolen in Deutschland ein Massensterben von Spielestudios aus. In Österreich wurde hingegen nachhaltiger gearbeitet, Studios wie Sproing konnten in dieser Zeit sogar wachsen.

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Der neue Tellerwäscher-Mythos
Den Beruf Spiele-Entwickler ergreifen in den letzten Jahren immer mehr Österreicher, einerseits über FHs und Universitäten, andererseits aber auch als Unternehmer mit eigenen Indie-Projekten. "Wir haben viele Talente von Fachhochschulen und Unis, die mittlerweile seit vier, fünf Jahren für uns arbeiten, auch in leitenden Positionen. Wir scouten auch nach Talenten", erklärt Eigner Mi'pu'mis Strategie. Dabei wird auch die wachsende Indie-Szene in Österreich beobachtet, wobei viele ehemalige Mitarbeiter von großen Studios den Schritt in die Selbstständigkeit wagen und Indie-Projekte verfolgen. Dabei mahnt Schober aber zur Vorsicht: “Die eine Sache ist, etwas rauszubringen, die andere, damit finanziell zu überleben.” Die populären Distributions-Plattformen, wie Apples App Store oder Steam, würden vom "Tellerwäscher-Mythos" leben, dass jeder von einem Spiel reich werden kann.

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Sorgen um den Nachwuchs macht man sich nicht, auch wenn die Mentalität des "lebenslangen Lernens" bei einigen noch nicht angekommen sei. Auch die Tatsache, dass weibliche Videospiel-Entwickeler rar sind, beunruhigt Schober kaum. "Es bewegt sich definitiv. Als ich angefangen habe, war ich als Frau in der Branche noch viel exotischer als jetzt."
Umstrittenes Free-to-Play
Viele österreichische Studios setzen vor allem auf Free-to-Play-Titel, wie zum Beispiel Sproing ( Asterix & Friends, Sigils), Mi'pu'mi (Anno) und Socialspiel (Legacy Quest). Dass die kostenlosen Spiele mit Bezahlinhalten von klassischen Gamern nicht sonderlich geschätzt werden, stört die Entwickler wenig. Vor allem den Vorwurf, dass es sich um einfache Spiele handelt, lässt man nicht gelten, wie Eigner erklärt: „An Anno haben wir zwei Jahre lang gearbeitet, das ist eine lange Zeit. Und das ist 'nur' ein Online-Game.” Mit derartigen Titeln ist Videospielen endgültig der Durchbruch auf dem Massenmarkt geglückt, neben den Einnahmen ist die Zahl der Gelegenheitsspieler auf dem Smartphone oder Browser rasant in die Höhe geschossen. Jene Gamer, die diese Spiele nicht als "richtiges Spiel" ansehen, sind eine verschwindend geringe Minderheit. „Die wollen das meistens nicht hören, aber so hart das auch klingen mag: Der Hardcore-Gamer-Anteil zahlt dir in keinem einzigen Studio dieser Welt eine einzige Rolle Klopapier“, sagt Filipp.
Vom 3. bis 9. August trifft sich die internationale Videospiel-Branche in Köln. Die futurezone wird vor Ort sein und über die Games Developer Conference Europe und die Gamescom berichten. Aktuelle Nachrichten, Previews und Hintergrund-Artikel sind auf der Themenseite zu finden.
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