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FIFA 15 angespielt: Schneller, Dreckiger, Wütender

In den kommenden Wochen werden wieder hunderte Millionen den besten Fußball-Nationen der Welt auf die Füße schauen. Keine andere Sportart begeistert derart viele Menschen, wohl auch, weil sie in 90 Minuten ein wildes Wechselbad der Gefühle liefern kann. Da ist es eigentlich unerheblich, ob man selbst spielt, nur zuschaut oder vor einer Spielkonsole sitzt. Doch Electronic Arts Spieleserie FIFA hat ein Problem. So hübsch das Spiel in den letzten Jahren in Szene gesetzt wurde, im Publikum sitzen weiterhin müde klatschende Pappkameraden, deren Zwilling nur drei Reihen entfernt ist. Das will der neueste Ableger FIFA 15 ändern, der die Präsentation radikal verbessert und auch beim Gameplay feine, aber dennoch spürbare Veränderungen vornimmt. Die futurezone hatte Gelegenheit, das Spiel anzutesten.

FIFA ist nicht gerade für radikale Veränderungen bekannt, das ändert sich auch mit FIFA 15 nicht. Dennoch gibt es einige neue Funktionen, die ins Auge stechen. So zum Beispiel die neue “emotionale Intelligenz” der Spieler. Jeder Spieler hat zu Anpfiff einen neutralen Gemütszustand, niemand ist böse auf einen Mitspieler. Doch wie im echten Leben ändert sich das im Verlauf des Spiels. Da wird der Torwart plötzlich böse auf die Verteidiger vor ihm, weil diese einen schweren Fehler begehen und so dem gegnerischen Angreifer eine Chance bieten. Oder das ganze Team zeigt sich frustriert, weil der Angreifer schon wieder eine “100-prozentige” Chance vergibt. Das funktioniert aber auch in die andere Richtung. Zeigt der Angreifer Einsatz und kann selbst unter Bedrängnis noch einen Schuss abgeben, loben und feuern ihn seine Mitspieler an.

Laut EA hat das jedoch keinerlei Auswirkungen auf die tatsächlichen Leistungen der Spieler. Die simulierten Emotionen werden lediglich von der Präsentations-Engine genutzt, die bei Spieleunterbrechungen Szenen auf dem Spielfeld zeigt, zum Beispiel wie zwei Spieler sich streiten oder ein Spieler dem enttäuschten Stürmer auf die Schulter klopft. All das soll den Eindruck einer realen TV-Übertragung verstärken. Im Test fiel das sehr positiv auf. In mehreren Spielen war stets eine neue Situation zu sehen, zudem drängten sich die Zwischensequenzen nicht auf. Sie waren meist statt oder nach einer Wiederholung einer Chance zu sehen.

Positiv fielen auch die überarbeiteten Animationen des Publikums auf. Das wiederholt sich zwar immer noch rasch, dennoch wirkt es nicht mehr so, als würde es aus einem Stop-Motion-Film stammen. Neben den Gesängen der Fanclubs einiger populärer Mannschaften werden nun auch markante Choreos eingebaut. So steht das Publikum an der Anfield Road vor dem Spiel auf, streckt Liverpool-Schals in die Höhe und singt das berühmte “You’ll Never Walk Alone”. Auch die Stehplätze der Südtribüne in Dortmund und der “Poznan”, der Torjubel der Manchester City-Fans, sind künftig im Spiel enthalten. Wie viele Teams derartige Animationen erhalten werden, gab EA nicht bekannt.

Doch weg von der Präsentation und hin zum Spiel. Hier hat EA einige kleine Veränderungen vorgenommen, die das Spiel schneller und einen Tick realistischer gestalten. So ist die Ballannahme nach einem Pass in die Tiefe deutlich schneller, der Schwung wird gleich mitgenommen. So sollen schnelle Dribblings, wie zum Beispiel bei Gareth Bales berühmten Tor in der Copa del Rey, forciert werden. Im Gegenzug fühlen sich Pässe, nach denen der Spieler erst einmal die Richtung wechseln und beschleunigen muss, deutlich träger an. All das dürfte unter anderem auch auf das überarbeitete Passsystem zurückzuführen sein. Das ermögliche nun laut EA “korrekte Ballkontakte”, bei denen der Ball exakt so vom Körper abprallt, wie er es in der Realität tun würde. Im Test führte das unter anderem dazu, dass viele Spieler zu spät reagierten und versehentlich eine Kerze schlugen. Das neue System ermöglicht zudem eine deutlich engere und präzisere Ballführung bei Dribblings. Auch die Steuerung fühlt sich dabei natürlicher und präziser an.

Die Arbeit der Verteidiger wird mit FIFA 15 etwas erschwert, denn diese sind nun etwas wackeliger auf den Beinen als im Vorgänger. Ständiges Hämmern auf die Tackling-Taste führt somit nicht mehr so einfach zum Erfolg. Der Verteidiger kann dabei recht rasch die Balance verlieren und überlässt dem Gegner so im Ernstfall das Feld. Das heißt auch, dass bei der Verteidigung künftig mehr Feingefühl gefragt ist. EA hat allerdings auch an der künstlichen Intelligenz der Spieler geschraubt. Diese beherrschen nun aber einige neue Tricks. So versucht die KI nun beispielsweise, den Angreifer so lange wie möglich aufzuhalten anstatt zu tackeln, damit weitere Verteidiger aufrücken können. Diese können nun auch Zeit schinden, indem sie versuchen, den Ball so lange wie möglich in der eigenen Hälfte zu halten. Auch das eher verpönte Abschirmen hin zur Eck-Fahne beherrschen die Spieler nun.

Im Hands-On erforderte das neue System zunächst etwas Übung, doch letztendlich ist es ein deutlich intelligenteres System. Es erfordert zwar etwas mehr Konzentration, führt aber mit Übung nicht zwingendermaßen zu mehr Chancen im Spiel. In den Zweikämpfen sind nun auch Tackles mit den Schultern sowie Zurückhalten durch Trikotziehen möglich. Letzteres trat im Test jedoch nie auf, womöglich wurde es von EA in der Alpha-Version noch nicht integriert. EA gab nicht bekannt, ob das Verhalten auch automatisch zu einem Foul-Pfiff führt. Bereits integriert war jedoch die “Off-the-Ball”-Steuerung für Ecken. Dabei kann der Spieler die Rolle eines Feldspielers im Strafraum übernehmen und der KI anweisen, wie er den Ball bekommen möchte. Das funktionierte sehr gut und brachte etwas Abwechslung in die ansonsten recht zufällig gestalteten Eckbälle. Als Gegenpol zum “Zeit schinden” wurde nun auch ein “Ultra-Offensiv”-Modus integriert, bei dem alle Spieler bei Ballbesitz in die gegnerische Hälfte laufen.

Würde man jemanden dabei zusehen, wie er gerade FIFA 15 spielt, könnte man es genausogut für FIFA 14 halten. Die optischen Unterschiede sind nur schwer auszumachen, hier benötigt man wirklich gute Augen. Das mag aber auch am Inhalt liegen, denn wo sollte man bei den Next-Gen-Versionen noch ansetzen? Sowohl auf Xbox One als auch PlayStation 4 läuft das Spiel in 1080p mit butterweichen 60 Bildern pro Sekunde. EA hat es dennoch versucht und neben den Spielermodellen auch die Farbdarstellung überarbeitet. Lag in der Vorversion noch ein leichter Grauschleier über der Darstellung, ist das Bild nun deutlich näher an der von TV-Übertragungen. Auch das Gras wurde gepflegt und sieht nicht mehr wie plattes Beiwerk aus.

Aprops Gras: Erstmals bleibt der Rasen keine starre Fläche, sondern nutzt sich im Verlauf des Spiels auch ab. Das hat allerdings keinerlei Auswirkungen auf das Spiel, der Ball kann somit nicht etwa plötzlich verspringen oder stehen bleiben. FIFA simuliert also auch 2015 nicht, wie jeder Grashalm umgeknickt wird, versucht aber durch den Effekt dem Spiel mehr Realismus zu verleihen. Das ist in der derzeitigen Form aber misslungen, denn es sieht vielmehr nach einem unregelmäßigen Rasen-Muster aus als tatsächlichen Abnutzungserscheinungen. Wenn EA hier nachbessert und womöglich sogar eigene Effekte für Spiele im Regen hinzufügt, könnte das ein wirklich ansehnliches Feature werden. Die Trikots und Hosen der Spieler werden zudem nun beim Grätschen dreckig, optisch sichtbare Verletzungen gibt es aber nicht.

Die getestete Version war laut den Entwicklern zu 50 Prozent fertig, das Spielerlebnis soll aber bereits jetzt dem fertigen Produkt sehr nahe kommen. EA legte bei der erstmaligen Präsentation sehr viel Wert auf technische und spielerische Aspekte, neue Inhalte oder Spielmodi blieben vorerst außen vor. Man gab jedoch bekannt, dass mit FIFA 15 die Next-Gen-Grafik auch auf dem PC Einzug halten wird. Zudem soll der Turnier-Modus, mit dem selbst lokale Turniere erstellt werden konnten, in die Next-Gen-Version zurückkehren. Dieser wurde in der Playstation 4- und Xbox One noch entfernt, da dieser zu wenige Nutzer habe.

EA hob zudem hervor, dass sich nach dem Torjubel künftig bis zu zehn Spieler auf einen “Haufen” werfen. Das mag auf den ersten Blick kurios und reichlich unnötig erscheinen, doch dahinter stecken zwei Verbesserungen. Zunächst einmal wurde das Kollisionsmodell der Spieler stark verbessert, sodass einige beliebte Fehler, zum Beispiel ein Torwart, der seine Arme scheinbar um 360 Grad drehen kann, nicht mehr auftreten. Beim “auf einen Haufen werfen” sollen sich Spielermodelle zudem dadurch nicht mehr verhaken. Neben dem Kollisionsmodell wurde außerdem die Performance deutlich verbessert, da die Engine zuvor bei derart vielen Spielern gleichzeitig im Bild ins Stottern geriet.

EA verspricht wieder einmal, dass alles besser und nichts schlechter wird. Große Risiken geht man mit der neuen Version der Fußball-Simulation nicht ein. Das muss man aber auch nicht, der Vorgänger gilt zurecht als der bislang beste Ableger der Serie (auch wenn das unter FIFA-Fans noch umstritten ist) und bietet wenig Raum für Kritik. EA hat Feinschliff vorgenommen, das Spiel wird durch die neuen Präsentations-Inhalte, Animationen und Grafik-Tricks zwar aufgewertet, im Vergleich zum Vorgänger fühlt es sich aber eher wie ein Update als ein neues FIFA an.

Stagnation herrscht keineswegs, EA hat sich mit dem Jahresrhythmus aber selbst eine Bürde auferlegt. Denn die große FIFA-Community erwartet sich verständlicherweise Jahr für Jahr Argumente, wieso sie zwischen 50 und 70 Euro für eine neue Version auf den Tisch legen soll. Diese kann FIFA 15 nach derzeitigem Stand wohl auch nicht wirklich liefern, zumindest, wenn man bereits FIFA 14 auf einer Next-Gen-Konsole besitzt. Es bleibt jedoch abzuwarten, was EA in puncto Spielmodi und Inhalten noch präsentieren wird. Hier hat EA bereits einige kryptische Andeutungen gemacht, die Hoffnung für den Launch im Herbst geben.

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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