Pflügen, Säen und Ernten als Gaming-Verkaufsschlager
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Sieht man sich die Rangliste der meistverkauften Computerspiele in Deutschland an, findet man dort regelmäßig die aktuelle Version des „Landwirtschafts-Simulators“. Statt Ballern ist seit einigen Jahren pflügen, säen und ernten angesagt. Verantwortlich dafür ist das relativ kleine Schweizer Studio Giants Software, das seit 2008 a dem Simulator arbeitet.
Millionengeschäft
„Wir wussten ja, dass Landwirtschaft ein starkes Thema ist, das viele Menschen interessiert, ähnlich wie Feuerwehr, Polizei, Züge oder Flugzeuge. Dass es so erfolgreich ist, konnte niemand vorhersehen“, so Daniella Wallau, Senior PR Manager bei Astragon. Das deutsche Unternehmen vertreibt den Agrar-Simulator seit 2008 weltweit und hat sich mittlerweile auf derartige Titel spezialisiert. Sei es nun Bauunternehmer, Zugführer, Feuerwehrmann, Polizist oder gar Busfahrer - man deckt viele Berufsgruppen ab.
Doch die meisten wollen offenbar Landwirt werden. Die neueste Version des „Landwirtschafts-Simulators“ wurde für den PC in einer Woche mehr als 200.000 mal verkauft. Plattform-übergreifend wurden in Deutschland 500.000 Stück abgesetzt. Für Österreich gibt es keine genauen Zahlen, aber auch hierzulande lag der „Landwirtschafts-Simulator 2017“ in den Verkaufs-Charts lange ganz vorne.
Weg vom Arbeitsstress
Laut dem deutschen Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) würden regelmäßig Spieler stundenlang „Großstadttristesse, Büroalltag und Arbeitsstress“ damit zurücklassen. Eine Interpretation, die auch Astragon bestätigt: „Es ist unheimlich entspannend. Gerade wenn man einen hektischen Tag hat oder viel unterwegs ist und dann einfach den Mähdrescher seine Kreise ziehen lässt, wirkt das entschleunigend.“
Hersteller helfen Entwickler
Warum derartige Simulationen so große Erfolge feiern, bleibt unklar. So werden immer wieder Kindheitserinnerungen an Besuche auf dem Bauernhof sowie die Faszination an den Maschinen als mögliche Gründe genannt. Ohnedies gibt es wohl keine bessere Alternative, um den Originalen näher zu kommen. Die Maschinen und Fahrzeuge im Spiel sind realitätsgetreue Nachbauten.
Bus-Simulator aus Österreich
Auch die sogenannte Modding-Community ist besonders aktiv und liefert laufend neue Inhalte, die zum Weiterspielen ermutigen. Auch bei den Polizei- und Feuerwehr-Simulatoren habe man eine besonders aktive Gemeinschaft, die sich bei jedem Entwicklungsschritt zu Wort meldet. Weltweit sehr beliebt sei der „Construction Simulator“, in dem man verschiedene Maschinen auf einer Baustelle steuert.
Ein österreichischer Beitrag kommt vom jungen Indie-Game-Entwickler Stillalive Studios. Das junge Unternehmen mit Sitz in Innsbruck hat für Astragon den „Bus-Simulator 16“ entwickelt, der mehr als 100.000 Mal verkauft wurde. Nun arbeitet das Studio am Nachfolger, dem „Bus-Simulator 18“, der kommendes Jahr für den PC erscheinen soll. Darin können bis zu vier Spieler gemeinsam mit echten Bussen von Mercedes-Benz, MAN oder IVECO durch virtuelle Städte fahren.
Intensiver Austausch
Für Stillalive Studios, das mit dem Action-Adventure „Son of Nor“ bekannt wurde, ist das eine ungewohnte Umgebung, für die man intensive Recherche betreiben musste. „Wir haben echte Busfahrer als Berater“, erklärt Alexander Grenus, Game Designer bei Stillalive Studios. „Diese stammen aus unterschiedlichen Städten. Auch bei Stadt- und Verkehrsplanung, Verkehrsregeln und Baubestimmungen für Straßen und Gehsteige haben wir intensiv recherchiert.“
Über den starken Austausch mit der Community freut sich Grenus. „Wir lesen so ziemlich jede Nachricht, die wir bekommen. Ich persönlich freue mich fast mehr über konstruktives Feedback als über eine rein positive Bewertung.“ Viele der Wünsche beim „Bus-Simulator 16“ wurden umgesetzt und als kostenlose Erweiterungen nachgereicht. Bei der neuen Version will man den Spielern mehr Freiheiten für das Modding und größere Spielwelten bieten. „Ich habe sogar meinen Busfahrer, mit dem ich nach Wien gefahren bin, mit Fragen gelöchert“, sagt Grenus.
Kritik von PETA
Obwohl derartige Simulatoren vollkommen gewaltfrei auskommen, sind auch diese nicht vor Kritik sicher. Die Tierschutzorganisation PETA forderte den Entwickler des Landwirtschafts-Simulators dazu auf, die Schlachtung von Schweinen brutal darzustellen, um auf die schlechten Bedingungen auf vielen Schlachthöfen hinzuweisen. „Es ist so, dass Viehzucht zur Landwirtschaft dazugehört. Es wäre seltsam, die nicht drin zu haben“, erklärt Wallau.
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