PlayStation Now im Test: 700 Spiele um 5 Euro pro Monat
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Vor kurzem hat Sony die Preise für seinen Spiele-Streaming-Dienst PlayStation Now (PS Now) gesenkt. Doch reicht das, um Gamer von der vermeintlichen Zukunft des Videospielens zu überzeugen? Ich habe das „Netflix der Games“ getestet und war überrascht – positiv und negativ.
Schnell erklärt
Das Spiele-Streaming funktioniert technisch fast genauso wie das Streaming von Videos bei Netflix oder Amazon Prime. Der Inhalt liegt in der Cloud und wird über das Internet abgerufen. Der Unterschied beim Spiele-Streaming ist, dass die Eingaben am Controller des Spielers ständig in die Cloud geschickt werden. Dort bewegt sich etwa die Spielfigur oder das Auto entsprechend und das passende Video- und Audiosignal wird wieder auf den TV-Bildschirm des Spielers zurückgeschickt.
Wenn die technischen Voraussetzungen erfüllt sind, sollte der Gamer nichts davon mitbekommen, was im Hintergrund geschieht. Es sollte sogar Vorteile bringen: Durch das Streaming entfällt das lästige Wechseln von Discs, Installieren der Games und das langwierige Herunterladen von Patches.
Technische Voraussetzungen
PlayStation Now funktioniert auf allen Varianten der Spielekonsole PS4, sowie PCs mit Windows 7 oder höher. Mac wird derzeit nicht unterstützt. Weil die Berechnungen für die Games aus der Cloud kommen, braucht man keinen leistungsstarken Gaming-PC. Ein i3 Prozessor mit 2 GHz, 2 GB RAM und Onboard-Grafikkarte reichen raus. Damit läuft PS Now auch auf älteren Notebooks und Windows-Tablets, die eigentlich nicht die Voraussetzungen hätten, aktuelle Games ruckelfrei darzustellen.
Nutzt man PS Now am Computer, ist ein geeigneter Controller zwingend erforderlich. Weil einige PS4-Games spezifische Eingaben benötigen, wie das Touchpad oder die Lagesensoren des PS4-Controllers, nutzt man am besten eben diesen original PS4-Controller. Den gibt es um etwa 60 Euro zu kaufen. Er wird einfach per Micro-USB-Kabel mit dem Computer verbunden.
Internet-Verbindung
Die Internetanbindung sollte mindestens 5 Mbit/s schnell sein, empfohlen sind 12 Mbit/s. Aber Vorsicht: Das heißt nicht, dass ein günstiger Tarif mit 10 Mbit/s ausreicht, speziell wenn es ein Mobilfunk-basiertes Angebot ist. Die Verbindung sollte nämlich stabile 5 Mbit/s haben. Wenn in Stoßzeiten die Geschwindigkeit der Online-Verbindung sinkt, oder zu viele andere Geräte im WLAN Bandbreite beanspruchen, kann es zu Aussetzern beim Spielen mit PlayStation Now kommen.
Ebenfalls zu beachten ist der Datenverbrauch. 5 Mbit/s entsprechen in etwa 2,2 GB in der Stunde. Im Test waren es bei mir, je nach Spiel, bis zu 13 Mbit/s, die PS Now genutzt hat. Geht man von durchschnittlich 10 Mbit/s aus und 20 Stunden, um beispielsweise God of War durchzuspielen, sind das 90 GB. Ein Flatrate-Tarif ist also definitiv angebracht.
Preis
Sony hat erst kürzlich den Preis für PlayStation Now gesenkt. Statt 15 Euro pro Monat sind es jetzt 10 Euro pro Monat. Schließt man ein Jahresabo ab, kostet dies 60 Euro. Das entspricht 5 Euro pro Monat. Zum Vergleich: Das günstigste Netflix-Abo kostet derzeit 8 Euro pro Monat, ein aktuelles PS4-Spiel 60 Euro im Handel.
Sony bietet ein kostenloses Test-Abo von 7 Tagen an. Vorsicht: Hierfür müssen Kreditkartennummer oder Paypal-Konto angegeben werden. Wird das Test-Abo nicht vor Ablauf der Zeit gekündigt oder vom User in ein Jahres-Abo umgewandelt, wird automatisch ein Monats-Abo um 10 Euro abgeschlossen.
Multiplayer inklusive
Um PlayStation Now zu nutzen, ist nicht PS Plus nötig. Bei PS Plus handelt es sich um Sonys kostenpflichtigen Zusatzdienst. Dieser ist ua. nötig, wenn man auf der PS4 online spielen will.
Games, die man über PlayStation Now spielt, können ganz normal im Multiplayer-Modus genutzt werden – ohne, dass zusätzlich PS Plus nötig ist. Man kann auch mit Spielern zusammenspielen, die das Game regulär gekauft haben. Für den Multiplayer-Modus werden also PS Plus- und PS Now-Abonnenten gleich behandelt.
Die Spiele
Je nachdem welche Sony-Website, Blogbeitrag oder offizielle Information man gerade bekommt, wird die Größe der Spiele-Bibliothek von PS Now mit 650, 700 oder sogar mehr als 800 Titeln angegeben. Das Angebot wird laufend erweitert. Trotz dieser Masse an Games ist die Chance hoch, dass man nicht das Spiel findet, über das gerade alle online sprechen. Das hat mehrere Gründe.
Wie bei Netflix findet man bei PS Now nicht aktuell Erschienenes, sondern etwas Älteres. So gibt es etwa von jährlichen Games, wie WWE, F1 oder dem Landwirtschafts-Simulator, das Vorjahresspiel, aber nicht das aktuelle. Der neueste PS4-Blockbuster im Angebot ist God of War (2018), eine Sony-Eigenproduktion, und Vampyr (2018). Die meisten großen Titel sind aber von 2016 oder älter.
Außerdem sind gut die Hälfte der Games PS3-Spiele. Ebenfalls dabei sind Retro-Spiele, teilweise aus den Ende 80ern und Anfang 90ern, sowie PS2-Spiele, die als „Klassiker“ irgendwann mal für die PS4 und PS3 neu veröffentlicht wurden. Und dann sind noch einige Indie-Titel dabei, sowie Games, die sich am besten als Trash bezeichnen lassen.
Superhit bis Superschrott
Das heißt aber nicht, dass das prinzipiell schlecht ist. Diese bunte Mischung aus Spielen aus gut 30 Jahren Games-Geschichte – von Superhit bis Schrott – hat durchaus ihren Reiz. So kann man etwa die Shooter Metro 2033 und Metro Last Light spielen, aber eben nicht den neuesten Metro-Teil.
Dafür hat man Gelegenheit Indie-Hits von damals aufzuholen, für die man vielleicht kein Geld ausgeben wollte oder Blockbuster, die man aufgrund eines knappen Budgets ausgelassen und dann vergessen hat. Auch Semi-Klassiker lassen sich so in Erinnerung rufen, wie etwa Star Wars: The Force Unleashed. Und beim Stöbern findet man vielleicht auch einen Trash-Titel, der zumindest kurzweilig amüsiert, für den man aber im Leben nicht Geld ausgegeben hätte.
Allerdings bin ich kein Fan davon, dass manche Blockbuster-Games nur zeitlich begrenzt zur Verfügung stehen, vermutlich aus Lizenz-Gründen. So kann derzeit etwa Persona 5 gespielt werden, aber nur bis zum 4. Februar 2020. Das mehrfach ausgezeichnete japanische Rollenspiel aus dem Jahr 2017 hat eine Spielzeit von gut 100 Stunden. Wer nur gelegentlich Zeit zum Zocken hat, wird womöglich nicht fertig, bevor Persona 5 aus dem PS Now-Katalog verschwindet.
Eine komplette Liste der derzeit zur Verfügung stehenden Games gibt es hier.
Einrichten und loslegen – oder doch runterladen?
Auf der PS4 wird PlayStation Now über das Home-Menü gestartet. Am PC wird dazu eine eigene Software heruntergeladen. Ist das erledigt, kann es eigentlich schon losgehen. Ähnlich wie bei Netflix werden am Home-Bildschirm Highlights, Neuigkeiten, Sammlungen, bestimmte Kategorien, Genres und Empfehlungen, basierend auf den bisher gespielten Titeln, angezeigt. Wer will kann noch nach Genre, Thema, „Look And Feel“ (schnell, blutig, familiengerecht, etc) und Spielprinzipien (Koop, Open World, Versus…) suchen, sowie nach den Namen der Games.
Hat man den Wunschtitel gefunden, heißt es losstreamen – oder auch nicht. Fast alle PS4-Titel lassen sich nämlich wahlweise herunterladen. Das ist etwas befremdlich, zumal es doch ein Streaming-Angebot ist. Im Lade-Screen der Games empfiehlt Sony sogar dies zu machen, um „den Spaß zu steigern.“ Gänzlich überzeugt vom Prinzip Streaming scheint Sony nicht zu sein.
Abgesehen davon ist es eigentlich ein kundenfreundliches Angebot: So kann man das Game in der bestmöglichen Qualität spielen und ist nicht von einer konstant-guten Internetverbindung abhängig. Nutzt man PS Now am PC gibt es die Download-Option nicht.
Ungeduldig
Ganz so flott wie bei Netflix ein Film startet, funktioniert das Streaming bei PS Now nicht. Bei PS4-Titeln dauert es 30 Sekunden bis das Spiel startet, bei PS3-Games sogar 45 Sekunden. Starten heißt im diesen Fall, bis das Game so laden würde, als wäre es installiert. Die folgenden Ladezeiten sind genauso lange, wie bei den regulären Versionen der Games.
Eigentlich sind 30 Sekunden nichts im Vergleich dazu, wenn man manchmal stundenlang wartet, bis das online gekaufte PS4-Spiel fertig heruntergeladen wurde. Trotzdem wurde ich bei der Nutzung von PS Now ungeduldig. Vermutlich ist es dieser Drang, in der wenigen Freizeit die man hat, möglichst viel ausprobieren zu wollen – vielleicht ist das nächste Game, das man startet, ja doch besser. Und bei über 700 Titeln gibt es einiges zum Ausprobieren.
Diese Ungeduld hat sich bei mir auch in die Spiele übertragen. Wenn es mir nach 10 Minuten nicht gefallen hat, hatte ich den Drang das nächste Game zu starten – obwohl mir sehr wohl bewusst war, dass man nach so einer kurzen Zeit nicht auf das ganze Spiel schließen kann (ausgenommen bei den wirklich trashigen Trash-Spielen). Hier sollte man sich als PS-Now-Nutzer zusammenreißen und Games etwas länger eine Chance geben. Besonders wenn man ein Jahresabo hat, sollte man sich in Erinnerung rufen, dass genügend Zeit zum Ausprobieren anderer Spiele bleibt.
Besser als befürchtet
Ein Nachteil von Spiele-Streaming ist, dass das Videosignal komprimiert wird, um die Bandbreite zu schonen. Darunter leidet die Darstellungsqualität. Bei PS Now kommt hinzu, das derzeit nur mit 720p gestreamt wird. In Zeiten von 4K-TVs ist das ein potenzieller Deal Breaker. Glücklicherweise ist es bei Weitem nicht so schlimm.
Der Test wurde auf einem 2018er Samsung 4K QLED TV gemacht. Die Qualität ist stark vom Spiel abhängig. Generell sieht alles unschärfer aus, speziell wenn man das gestreamte Game mit der für die PS4 Pro optimierten, regulären Version vergleicht. God of War sah aber durchaus noch in Ordnung aus. In Szenen, in denen die Kamera nahe am Geschehen ist, kann man fast vergessen, dass das Spiel nur gestreamt wird. In Levels mit Weitsicht wird es einem dann aber wieder schnell bewusst.
Bei Spielen wie Ultra Street Fighter IV, bei denen die Charaktere einen Zeichentrick- bzw. Cel-Shading-Look haben und sehr groß dargestellt werden, merkt man hingegen kaum Unterschiede. Kennt man nicht die reguläre Version des Games, wird einem die gestreamte Variante nicht weiter stören. Bei PS4-Rennspielen Wie DiRT Rally fühlt man sich hingegen anfangs in PS3-Zeiten zurückversetzt – zumindest solange, bis man ein richtiges PS3-Spiel sieht und sich erinnert, dass es noch viel schlimmer war. Auch wenn die Unschärfe und die geringen Details am Anfang etwas irritierend sind, ist man nach ein paar Minuten soweit im Game drin, dass es nicht mehr als „falsch“ empfunden wird.
Bei Retro-Arcade-Games aus den End-80ern und Anfang 90ern fällt es gar nicht auf. Bei PS2- und den meisten PS3-Spielen ist es auch nicht störend, da hier ohnehin das Grundmaterial grafisch nicht auf der Höhe der Zeit ist.
Enttäuschend am PC
Nach der positiven Überraschung kam die Ernüchterung am PC. Die PS Now-App ist nicht besonders gut. So fehlen etwa die Suchmöglichkeiten nach Kategorien und Namen. Zudem wird manchmal nach Beenden eines Spiels mehrmals hintereinander angezeigt, dass die Verbindung zum Controller getrennt wurde, obwohl dieser nach wie vor angeschlossen ist und funktioniert.
Außerdem ruckeln die Spiele am PC, obwohl ich PS Now mit einem aktuellen leistungsstarken Gaming-Notebook genutzt habe, das die Mindestanforderung definitiv erfüllt. Die Erklärung dafür liegt in den Grafikeinstellungen für PS Now. Die findet man nicht etwa in der App – das wäre ja zu einfach. Man muss bei den ausgeblendeten Symbolen einen Rechtsklick auf das PS-Now-Icon machen und dann Grafikeinstellungen wählen. Nachdem ich „App-Leistung optimieren“ deaktiviert hatte (regelt die Nutzung der GPU), ruckelten die Spiele nicht mehr. Dafür waren sie verschwommener und detailärmer als am Flat-TV.
Wenn man Pech hat und mit seinem Notebook oder PC dasselbe Problem hat, kann man sich also zwischen hässlich und ruckelig entscheiden. Hier sollte Sony schleunigst bei der App nachbessern, um dieses Problem zu beseitigen, das auch andere User haben, wie eine Google-Suche verrät.
Vorbildliche Eingabe
Was auf der PS4 als auch am PC vorbildlich ist, ist die Eingabe. Als Spieler merkt man keinen Unterschied, ob man jetzt ein Streaming-Spiel oder installiertes Spiel kontrolliert. In Ultra Street Fighter IV lässt sich dies gut überprüfen, indem man im Trainingsmodus die Anzeige für die Tasteneingabe aktiviert. Nur wenn man sehr sehr sehr genau darauf achtet, glaubt man einen Bruchteil einer Verzögerung zu bemerken, zwischen dem Tastenklick und wann das Symbol dafür am Bildschirm auftaucht.
Beim Spielen merkt man nichts davon. Auch beim Online-Gaming gegen andere Spieler wird es den meisten nicht auffallen. Dennoch ist es theoretisch möglich, dass User, die das Spiel installiert haben, einen Vorteil haben, weil eben diese minimale Verzögerung bei ihnen nicht da ist.
Fazit
PS Now stimmt mich zuversichtlich, dass Streaming ein fester Bestandteil der Gaming-Zukunft wird. Als PS4-Besitzer ist es schon jetzt sehr reizvoll: Um den Preis eines einzelnen neuen Games erhält man ein Jahr lang Zugriff auf über 700 Spiele. Das macht PS Now auch für diejenigen interessant, die zwar eine PS4 haben, sich aber aus Kostengründen nur selten neue Games gönnen.
Für die reine Nutzung am PC kann ich PS Now aufgrund der technischen Probleme derzeit nicht empfehlen. Schade, denn Konsolen-exklusive Titel am Computer zu streamen, ohne selbst eine Konsole zu besitzen, ist sicher für einige User interessant. Diese sollten jedenfalls vorher die kostenlose 7-tätige Testphase nutzen, um zu sehen, ob auf ihren Computer das von mir beschriebene Problem ebenfalls auftritt.
Außerdem muss Sony beim Content nachlegen. Klassiker und Indie-Games sind zwar cool für manche User, viele wollen aber doch die Blockbuster spielen. Und wenn dann selbst 4 Jahre alte Hit-Games nur zeitlich beschränkt verfügbar sind, hat das einen fahlen Nachgeschmack. Wo sind zb. Sonys selbstproduzierte Exklusiv-Hits, wie Horizon: Zero Dawn und Spider-Man? Und wieso fehlen einige Games, die es bereits gratis für PS-Plus-Abonnenten gab?
Man kann jedoch zuversichtlich sein, dass Sony zukünftig mehr in PS Now investieren wird. Schließlich muss man größer werdende Konkurrenz, darunter Microsoft, Google und gerüchteweise auch bald Amazon, auf Distanz halten. Und das technische Aufrüsten – konkret Streaming in 1080p und höheren Auflösungen – steht zumindest schon auf der Sony-Agenda.
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