© Nintendo

Videospiel

Super Mario Run angespielt: Lauf, Mario, lauf!

„Wenn wir Spiele für Smartphones entwickeln würden, wäre Nintendo nicht mehr Nintendo.“ Das sagte der mittlerweile verstorbene Nintendo-CEO Saturo Iwata 2011, als der Boom rund um Mobile Games Nintendo unter Druck setzte. Plötzlich war der Konzern, der zwei Jahrzehnte lang den Markt für Handheld-Spielkonsolen nach Belieben dominierte, nur mehr einer von Vielen. Doch Iwata sträubte sich stets gegen den Trend und beharrte darauf, dass Nintendo womöglich kurzfristig hohe Gewinne mit Mobile Games erzielen könnte, längerfristig aber sein eigenes Grab schaufeln würde.

Fünf Jahre später ist alles anders.Bereits vor dem Tod Iwataswurde der Richtungswechsel vollzogen und die ersten Smartphone-Apps angekündigt.Den Anfang machte „Miitomo“, eine Mischung aus Social Network und Lebenssimulation. Ein erster Erfolg, der reichlich Geld in die sich langsam leerenden Kassen spülte.„Pokémon Go“ löste hingegen einen Hype aus, mit dem niemand gerechnet hätte - allen voran Nintendo selbst nicht. Denn neben dem weltweiten Boom um die Smartphone-App entflammte plötzlich auch das Interesse an Pokémon neu. „Pokémon Sonne“ und „Mond“, die neuesten Ableger der Reihe, legten den besten Verkaufsstart in der Geschichte von Pokémon hin.

Nun folgt der dritte Streich: Mario, einer der bekanntesten Spiele-Charaktere aller Zeiten, feiert mit „Super Mario Run“ sein Debüt auf dem Smartphone und Tablet. Mehr als das: Erstmals kann der berühmte Klempner auf einer Plattform gespielt werden, die nicht von Nintendo kontrolliert wird. Der Platformer ist somit wohl einer der wohl wichtigsten Nintendo-Titel dieses Jahrzehnts - auch wenn es „nur“ ein Mobile Game ist. Ich durfte „Super Mario Run“ bereits ausgiebig bei Nintendo anspielen.

„Super Mario“ mit „Dark Souls“-Charakter

Wie wohl viele aus meiner Generation bin ich mit Game Boy, Nintendo 64 und „Super Mario“ aufgewachsen. Dementsprechend habe ich nicht erwartet, dass mich das Mobile Game „Super Mario Run“ besonders stark fordern würde. Ein großer Irrtum. Selten zuvor bin ich zu Beginn so oft gestorben wie in „Super Mario Run“. „Dark Souls“ kann da vielleicht noch mithalten.

Der Grund dafür ist relativ simpel: Statt Mario direkt zu kontrollieren, läuft der flinke Klempner nun automatisch. Der Spieler kann Mario durch Tippen lediglich Springen lassen und so bestimmte Aktionen, beispielsweise auf Gegner springen oder durch Türen gehen, auslösen. Über kleine Hindernisse und Gegner, beispielsweise flache Röhren und Goombas, klettert Mario selbstständig. Das klingt relativ einfach, ist es aber zu Beginn nicht. So muss der Spieler stets wachsam sein und im richtigen Moment springen, um eine Plattform zu erreichen oder um bestimmte Gegenstände einzusammeln. Ein Zurück gibt es nicht.

Wie im Klassiker kann der Spieler mit Pilzen größer werden, die Feuerblume, die Feder oder das Blatt gibt es jedoch nicht. Die einzigen wichtigen Items: Der Superstern und Seifenblasen, die zugleich auch die Leben von Mario repräsentieren. Stirbt er, weil er einen Abgrund hinunterstürzt oder von einem Gegner erwischt wird, kommt Mario in eine Blase, die ihn entlang der zurückgelegten Route zurück transportiert. Durch Antippen steigt man aus der Blase aus. Hier ist Vorsicht angebracht, da man ebenso gut an einem Abgrund stoppen und hinunterfallen kann. Die Seifenblase kann auch jederzeit genutzt werden, um missglückte Manöver rückgängig zu machen. Quasi Zeit zurückspulen, ähnlich wie man es aus „Prince of Persia“ kennt. Das Leben ist damit aber auch weg.

Sechs mal vier mal drei

Die Handlung von „Super Mario Run“ dürfte wohl jedem irgendwie bekannt vorkommen: Wieder einmal wurde Prinzessin Peach von Bowser entführt, Mario muss sie retten. Dem widmet man sich in der Kampagne, dem sogenannten „Welten“-Modus. Dort warten insgesamt sechs verschiedene Welten mit je vier Levels auf den Spieler. Am Ende jeder Welt steht ein Boss-Kampf an. Die Levels können allerdings in drei verschiedenen Schwierigkeitsgraden freigeschaltet werden, die vom Aufbau variieren.

Dazu muss der Spieler gut versteckte Münzen in verschiedenen Farben sammeln. Erst wenn alle Münzen in einem „Run“ gesammelt wurden, wird der nächsthöhere Schwierigkeitsgrad freigeschaltet. Optisch sind die Levels mit viel Liebe zum Detail gestaltet und erinnern in puncto Szenarien eher an Klassiker wie „Super Mario Bros. 2“ und „3“ als an den letzten 3DS-Ableger „New Super Mario Bros. 2“. So gibt es neben den klassischen Natur-Levels auch andere bekannte Szenarien, beispielsweise die Geister-Level.

Die Welten unterscheiden sich nicht nur in der Optik, sondern auch in der Spielweise. So erforderten die Natur-Levels deutlich mehr Geschick beim Springen, um an weit entfernte Objekte zu gelangen als die Geister-Levels, in denen man eher „Rätsel“ lösen muss. Die Rätsel beschränken sich allerdings auf Türen, durch die Mario laufen muss, um voranzukommen. Verschiedene Hinweise verraten, welche Tür er nehmen sollte. Durch die verschiedenen Schwierigkeitsgrade kommt man so auf insgesamt 72 Levels. Ob es künftig zusätzliche Inhalte geben wird, verrät Nintendo vorerst nicht.

Immer zwei Hände

Nintendo betont stets, dass „Super Mario Run“ mit einer Hand gespielt werden kann. Das ließ sich beim Anspielen nicht bestätigen. Es ist zwar möglich, Mario mit einer Hand zu steuern, doch dabei kippte das zu Testzwecken bereitgestellte iPhone 7 Plus stets leicht zur Seite, sodass man instinktiv zur zweiten Hand griff, um das Smartphone zu stabilisieren - ein Verhalten, das ich auch bei mehreren anderen Kollegen beobachten konnte. Nach einer Weile hatte jeder das Smartphone fest mit beiden Händen im Griff.

Hier dürfte es wohl auf das Format des Smartphones ankommen, doch der Bildschirm müsste wohl deutlich unter fünf Zoll messen, damit „Super Mario Run“ bequem mit einer Hand gespielt werden kann. Abgesehen davon ist die Steuerung durchaus instinktiv. Wer Endless-Runner wie „Temple Run“ gespielt hat, wird wohl wischen, um zu springen - ein Fehler, den ich zu Anfang immer wieder begangen habe. Doch das Springen lässt sich einfach mittels Tippen ausführen, durch Halten wird der Sprung verlängert.

Durch Wischen können aber auch andere Funktionen ausgeführt werden, beispielsweise das Abstoppen eines Sprunges. Zudem beherrschen andere Charaktere bestimmte Eigenschaften, die man auch aus anderen Mario-Spielen kennt. So kann beispielsweise Luigi deutlich weiter springen als Mario.

Zum eigenen Königreich

Neben dem „Welten“-Modus gibt es zwei weitere Modi: „Rallye“ und „Kingdom“. In „Rallye“ kann der Spieler (zeitversetzt) gegen andere „Super Mario Run“-Spieler antreten, um Münzen und Toads zu sammeln. Diese lassen sich anschließend im „Kingdom“-Modus - quasi eine frei gestaltbare „Super Mario“-Landschaft, in der man selbst Gebäude und Dekoration platzieren kann - gegen Gegenstände im Shop eintauschen.

Der „Rallye“-Modus unterscheidet sich etwas vom „Welten“-Modus, da die Level kein Ende haben, sondern die Spieldauer begrenzt ist - hier hat man also ausnahmsweise wirklich das Prinzip eines Endless-Runners kopiert. Der Spieler muss besonders waghalsige Manöver eingehen, um Münzen zu sammeln. Dafür erhält er Beifall von den Toads, die sich dann zu ihm gesellen. Wer am Ende mehr Toads vorweisen kann, gewinnt die „Rallye“. Einzige Einschränkung für den Modus: Um spielen zu dürfen, benötigt man Tickets, die man im „World“- oder „Kingdom“-Modus bekommt.

Hätte man mir 2015 erzählt, was dieses Jahr alles passieren würde, hätte ich wohl vieles davon nicht geglaubt - allen voran nicht, dass „Super Mario“ für das Smartphone erscheinen würde. Doch im Gegensatz zu so manch anderem Ereignis ist „Super Mario Run“ ein Grund zur Freude. Mario-Erfinder Shigeru Miyamoto und Nintendo ist es gut gelungen, das Spiel liebevoll für die Smartphone-Generation umzusetzen.

Als großer Fan von kniffligen, aber kompakten Platformern wie „Rayman Legends“ hatte ich viel Spaß beim Anspielen von „Super Mario Run“. So kam dieses klassische „Es muss doch zu schaffen sein“-Gefühl auf, bei dem man einfach nicht mehr aufhören konnte zu spielen. Ich bin gespannt, ob Nintendo die richtige Balance beim Schwierigkeitsgrad finden wird, sodass sowohl Einsteiger als auch erfahrene Platformer-Fans ihren Spaß haben. Die gezeigte Version machte zumindest schon einen guten, wenn auch fordernden Eindruck.

„Super Mario Run“ ist ab dem 15. Dezember für iOS (iPhone, iPad, iPod; ab iOS 8) erhältlich, eine Android-Version soll kommendes Jahr folgen. Das Spiel wird vorerst kostenlos erhältlich sein, die ersten drei Level können angespielt werden - für den Rest des Spiels müssen einmalig 9,99 Euro bezahlt werden. Nintendo verspricht, dass keine weiteren In-Game-Käufe notwendig sind, der Spieler hat danach vollen Zugriff auf alle Inhalte.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

mehr lesen
Michael Leitner

Kommentare