Benzin ganz ohne Erdöl?
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Wir müssen weg von fossilen Brennstoffen, daran besteht kein Zweifel. Das EU-Parlament hat beschlossen, dass ab 2035 keine neuen Verbrenner mehr zugelassen werden. Hintertüren könnte es aber für Autos geben, die mit „E-Fuels“ fahren – mit synthetischem Treibstoff.
Von „Technologieoffenheit“ ist oft die Rede, wenn Werbung für E-Fuels gemacht wird: Soll doch der Markt entscheiden, mit welcher Technologie das Klima am besten gerettet werden kann! Das Argument klingt überzeugend, ist aber etwas seltsam – denn dass E-Fuels viel zu ineffizient sind um als Treibstoff für gewöhnliche Autos eine ernsthafte Rolle zu spielen, ist eigentlich heute schon klar. Voreilig verdammen sollte man E-Fuels trotzdem nicht: Für andere Bereiche sind sie eine interessante Option.
Diesel aus Ölpflanzen
Zunächst darf man E-Fuels nicht mit Biotreibstoff verwechseln. Biotreibstoff kann man aus pflanzlichen Ölen herstellen und dann etwa gewöhnlichem Diesel beimischen. Das verbessert die Klimabilanz des Diesels ein bisschen – doch man braucht dafür große Flächen. Ein Hektar Raps bringt pro Jahr etwa 1200 Liter Biotreibstoff hervor. In Österreich werden pro Jahr etwa 8 Milliarden Liter Diesel benötigt. Um das aus Raps zu erzeugen bräuchte man mehr als das Doppelte der gesamten Agrarfläche des Landes.
Für die Produktion von Biotreibstoff der Natur noch mehr Fläche wegzunehmen als wir ohnehin bereits beanspruchen ist sicher keine ökologisch tragbare Lösung. Anders sieht es aus, wenn man Biotreibstoff etwa aus schnell wachsenden Algen im Meer herstellen kann – Versuche dazu laufen.
Wasserstoff und Kohlendioxid aus der Luft
E-Fuels allerdings erzeugt man auf völlig andere Weise: Zunächst benötigt man Wasserstoff – etwa indem man Wasser mit Hilfe von elektrischem Strom in Wasserstoff und Sauerstoff aufspaltet. Aus diesem Wasserstoff und Kohlendioxid aus der Luft kann man dann Treibstoff erzeugen. Wenn dieser Treibstoff verbrannt wird, entsteht exakt so viel CO2 wie vorher bei der Synthese aus der Luft geholt worden ist – der Prozess ist also prinzipiell klimaneutral.
Ein Problem sind die Kosten: Der ADAC geht derzeit bei E-Fuels von Produktionskosten von rund €4,50 pro Liter aus, dazu kämen noch Nebenkosten und Steuern – so wäre wohl an der Tankstelle mit einem Literpreis von rund zehn Euro zu rechnen. Aber selbstverständlich könnte dieser Preis noch sinken, wenn E-Fuels in großem Stil erzeugt werden.
Wenn man das möchte, müsste man allerdings gewaltige zusätzliche Kapazitäten in der Stromerzeugung schaffen. Um Österreichs Gesamtbedarf an Diesel und Benzin durch E-Fuels zu decken, müsste man die installierte Kraftwerksleistung in Österreich mehr als verdoppeln. Und zwar ausschließlich mit erneuerbaren Energiequellen – denn klimaneutral sind E-Fuels nur, wenn dabei keine zusätzlichen Emissionen verursacht wurden. Das ist in den nächsten Jahren völlig unrealistisch.
Zu wenig grüner Strom
Wir sind derzeit noch weit davon entfernt, unseren bisherigen Stromverbrauch aus erneuerbaren Quellen zu decken. Den Stromverbrauch massiv zu steigern, indem man Diesel und Benzin durch stromfressende E-Fuels ersetzt, erinnert in dieser Situation ein bisschen an einen Hochspringer, der die viel zu hoch gelegte Latte weit verfehlt, sich die Latte dann aber in einem Anfall von Optimismus noch einmal einen halben Meter höher legen lässt.
Oft hört man das Argument, man könne E-Fuels ja aus Ländern importieren, in denen mehr grüner Strom erzeugt werden kann als in Mitteleuropa – etwa aus der Sahara, wo die Sonne fast immer scheint. Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen. E-Fuels könnte man in großen Tankern quer um den Globus verfrachten, das wäre zumindest einfacher als tausende Kilometer an Stromleitungen zu verlegen. E-Fuels könnten also tatsächlich eine Möglichkeit sein, global Energie zu handeln.
Allerdings: Auch in den Ländern der Sahara gibt es keinen Überschuss an Alternativenergie. Marokko gilt als Vorreiterland in Afrika, doch selbst Marokko produziert nur rund ein Fünftel des eigenen Strombedarfs aus erneuerbaren Quellen. Die ungenutzten Ökostrom-Überschüsse, die man in E-Fuels umwandeln könnte, mag es eines schönen Tages vielleicht geben, doch heute sind sie ähnlich real wie das Monster vom Loch Ness.
Elektroautos sind effizienter
Das entscheidende Argument ist allerdings der direkte Vergleich mit Elektrofahrzeugen: Wenn man eine bestimmte Menge an elektrischer Energie verwenden möchte, um ein Auto anzutreiben, dann ist es einfach viel effizienter, mit dieser Energie die Batterie eines Elektroautos aufzuladen als zuerst E-Fuels zu erzeugen und sie dann in einem Motor zu verbrennen. Nur zehn bis fünfzehn Prozent der elektrischen Energie werden bei E-Fuels am Ende tatsächlich genutzt, um das Auto zu bewegen. Beim Elektrofahrzeug sind es 70 bis 80 Prozent.
Die Energiewende ist eine gewaltige Herausforderung. Ein Überschuss an grünem Strom ist derzeit nicht abzusehen. Daher sollten wir sparsam mit elektrischer Energie umgehen. E-Fuels sollten wir nur dort einsetzen, wo Batterien nicht ausreichen, etwa in Flugzeugen oder Schiffen. E-Fuels für gewöhnliche Autos zu verwenden ist wie mit teuer importiertem Mineralwasser die Wiese zu gießen. Es ist prinzipiell möglich, aber Verschwendung – wenn man gleich daneben auch noch die Regentonne hat.
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