© Florian Kondert

Live aus Sunnyvale

Valley Blog: Bananen, Pferde und Puzzle

Sonntags geöffnet
Ein Bekannter aus dem PnP hat am Sonntag einen Ausflug nach Palo Alto gemacht, ließ sich in Richtung angemessenes Ziel treiben und war plötzlich beim „Grand Opening" einer neuen Kirche.

So was muss man – vor allem als Spanier, der er ist – auf jeden Fall auskundschaften. Also rein ins Getummel, und unverhofft läuft er einem der Jünger von Google über den Weg. Der fragt ihn, was er so macht und so bekam mein spanischer Bekannter die Möglichkeit, auf heiligem Boden zu pitchen. Ob er seine Visitenkarte zur Segnung dieser schicksalhaften Begegnung dabei hatte, muss ich ihn noch fragen.

Die jungen Wilden
Das bringt mich auf die potenziell sündenhafte und schattige Seite des Silicon Valley voller partysüchtiger, junger und hedonistischer Startup-Kids. Solche wohlhabenden und schlauen jungen Menschen soll es hier nämlich in Massen geben, wenn man Randi Zuckerberg, der Schwester von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, glaubt. „Solange ihr auf der Überholspur lebt, meldet euch bei uns" – so der Aufruf für Randis neue TV-Show ans visionäre Partyvolk auf Craigslist. Zweck der von Bravo produzierten „Reality-Show" soll der Appell sein, an sein Leben zu glauben und an die Möglichkeit, etwas wirklich Großes zu erreichen... schnelles Geld für schnelle Autos.

Ich für meinen bescheidenen Teil habe in zwei Monaten noch keine ausgelassene Party erlebt. Zwei pragmatische Gründe fallen mir dafür ein: 1) In der Gegend hier machen die Bars spätestens um 23 Uhr dicht, weil 2) das Silicon Valley eine Ansammlung vieler kleiner beschaulicher Örtchen ist, wo es vermutlich mehr Fitness-Studios als Kneipen gibt. Um es mit den deutlicheren Worten eines Bekannten zu sagen: „This is Banana-Land"... um Missverständnisse auszuräumen: ein Äquivalent für die Gute-Nacht-Szene mit Fuchs und Hase.

People-Business
Wenn man wie ich im Bereich Business Development arbeitet, sind Termine mit potenziellen Kunden oder Partnern ein nicht ganz unwesentlicher Erfolgsfaktor. Und weil das Silicon Valley überquillt von grenzgenialen Lösungen für überhaupt alles, schirmen sich Firmen hier gerne ab. Die ganz harte Tour läuft über das allseits beliebte Kontaktformular. Das gibt es hier sogar in der Kategorie „Partnerschaften". Bei Dropbox etwa nutzt man das zum „Anfordern von Informationen zur Geschäftsentwicklung und Partnerschaften mit Dropbox". Anfordern ist eine Sache, erhalten noch eine ganz andere – und bislang Ausbleibende.

Sogar 10 Anfragen von der Außenwirtschaftskammer (großen Dank an dieser Stelle für die Unterstützung der Kollegen in Los Angeles!) an ihnen bekannte Unternehmen für einen ersten Termin wurden noch nicht mal mit einer Absage quittiert. Man bekommt an dieser Stelle eine Idee, wie groß das Feld sein muss, um seine Früchte zu ernten.

So wird mir die sehr wichtige Anbindung an das PnP wieder bewusst. Der Incubator fungiert als Gütesiegel für die dort ansässigen Startups, und die Big Player lassen sich zu sogenannten Deal Flow Sessions einladen (vorprogrammierte Präsentationstermine in Abstimmung mit dem PnP), um sich von vielversprechenden Lösungen inspirieren zu lassen. So kam auch der im letzten Beitrag erwähnte Termin mit Sony zustande. Deren Motiv war die Neugier, ob es gute semantische Lösungen im Enterprise-Sektor gibt. Das Resultat: „We`ve seen so many dealing with semantics. They came and disappeared. Good to see, that some companies survive." Ich bekam die Zusage, dass meine Präsentation an die entsprechende Stelle weitergereicht wird, um unseren Ansatz weiter zu verfolgen.

Zur Zerstreuung lese ich derzeit abends einen Krimi, der zufälligerweise in Kalifornien spielt. Dort habe ich mich gestern bei einer Stelle besonders angesprochen gefühlt und gelernt, dass meine Situation mit der des Hauptprotagonisten (ein Privatdetektiv) gewisse Ähnlichkeiten hat. Man braucht ein Pferdegemüt und eine Affinität für Puzzle-Teile: hin und wieder findet man ein neues Teil und dann braucht man Geduld, bis die Dinge zusammenwachsen.

Freitag, der 13.
Gleich zwei wichtige Puzzle-Teile haben diese Woche dann doch noch meinen Email-Eingang angesteuert.

Zum einen war ein Termin mit einem potenziellen Partner sehr erfolgreich, weil mein Gegenüber einen guten Kontakt zu Box.net hat. Er ist der Meinung, unsere Lösung sollte diesem Kontakt vorgestellt werden, um ihre Enterprise-Kunden glücklich zu machen. Ich weiß jetzt auch, die Leute von Box.net haben eine Vorliebe für die deutsche Küche und treffen sich gerne Freitags in „Esther`s German Bakery" in Los Altos. Dort gibt es nicht nur Sauerkraut und Gulasch, sondern auch echtes Brot. Der Koch ist Österreicher. Ich weiß, wo ich nächsten Freitag esse.

Last but definitely not least wurde unsere Lösung von einer Jury aus ca. 300 internationalen Bewerbern ausgewählt, um am 13. September bei der PnP EXPO teilzunehmen. Die EXPO als Haupt-Event des Jahres „for an exclusive first look at emerging technologies, rapid-fire pitches, live demos and networking" bietet 30 Unternehmen die Möglichkeit, Ihre Lösungen zu demonstrieren. 3 Minuten „rapid-fire pitch" als Präsentation für das was wir tun, dann geht buchstäblich das Mikro aus. Danach werde ich an ein Demo-Table gesetzt, wo sich die 500+ Freunde der anspruchsvollen Unterhaltung näher darüber informieren können, was ich in den 3 Minuten nicht unterbringen konnte.

Auf Verdacht werde ich wohl nochmals Visitenkarten nachbestellen.

Mehr zum Thema

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Kommentare