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Deutschland

"linksunten": Doch keine Waffen in Privatwohnungen gefunden

Die verbotene linksextreme Internetplattform "linksunten.indymedia" in Deutschland hat sich am Wochenende vorübergehend im Netz zurückgemeldet. "Wir sind bald wieder zurück", stand am Samstag auf der Webseite, die bereits am Sonntag aber wieder nicht erreichbar war. Zudem sorgte das deutsche Innenministerium für eine weitere Überraschung: Am Freitag behauptete der deutsche Innenminister Thomas de Maizière noch, man hätte Waffen bei den Hausdurchsuchungen der "linksunten"-Betreiber entdeckt. Auf Anfrage von Netzpolitik.org dementiert das Innenministerium jedoch diese Darstellung.

Tatsächlich habe man die am Freitag präsentierten Gegenstände (Sprühdosen, Handschuhe, Schlagstöcke, Böller, Messer, Steinschleudern und Elektroschocker) im Freiburger autonomen Kulturzentrum KTS beschlagnahmt, nicht in Privatwohnungen. Dieses wurde laut Polizei regelmäßig für indymedia-Treffen genutzt, eindeutig zuordnen lassen sich die Gegenstände jedoch nicht. Der Besitz der beschlagnahmten Gegenstände ist zudem wohl nicht strafbar.

Friedliche Demonstration

Bei einer Protestaktion der linken Szene gegen das Verbot gingen am Samstagabend in Freiburg nach Polizeiangaben gut 300 Demonstranten auf die Straße. Die Kundgebung war nicht angemeldet, verlief laut Polizei aber friedlich und ohne besondere Vorkommnisse. Die Demonstranten versammelten sich den Angaben zufolge gegen 19.30 Uhr auf dem Freiburger Augustinerplatz, zogen durch die Innenstadt und beendeten die Aktion knapp zwei Stunden später auf dem Konrad-Adenauer-Platz. Auf den Transparenten standen Aufschriften wie "Pressefreiheit statt Polizeistaat".

Das deutsche Innenministerium hatte am Freitag das Verbot des Vereins "linksunten.indymedia" und der dazugehörigen Webseite verkündet, die als einflussreichste Internetplattform gewaltbereiter Linksextremisten in Deutschland gilt.

Betrieb sei weiter strafbar

Die gesperrte Internetadresse linksunten.indymedia.org konnte am Samstag zwischenzeitlich wieder abgerufen werden. Zu lesen waren dort Auszüge der "Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace", die der Internetaktivist John Perry Barlow im Jahr 1996 beim Weltwirtschaftsforum in Davos verkündet hatte. Staaten hätten in der digitalen Welt "kein moralisches Recht" zu regieren, heißt es darin. "Der Cyberspace liegt nicht innerhalb Eurer Hoheitsgebiete. Glaubt nicht, Ihr könntet ihn gestalten." Am Sonntag war die Seite dann wieder offline.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), erinnerte daran, dass nach der Verbotsverfügung der weitere Betrieb von "linksunten.indymedia" strafbar sei. "Hier muss der Rechtsstaat alle seine Möglichkeiten nutzen, denn Extremisten - egal von welcher Seite - dürfen in ihrem demokratiefeindlichen Handeln keine freie Bahn haben", erklärte er.

Vergeltungsaktionen erwartet

Das Bundeskriminalamt (BKA) rechnet nach dem Verbot einem Bericht der "Welt am Sonntag" zufolge mit Vergeltungsaktionen von Linksextremisten. In einer vertraulichen Gefährdungsbewertung, die der Zeitung vorliegt, wird auch vor schweren Brandstiftungen wie beim G-20-Gipfel Anfang Juli in Hamburg gewarnt. Im Fokus stünden in erster Linie staatliche Einrichtungen und das Personal in Ämtern, Polizeidienststellen und Ministerien. Die Wiesbadener Behörde sehe aber auch Wahlkampfveranstaltungen gefährdet.

Kritik am Vorgehen des Bundesinnenministeriums gegen "linksunten.indymedia" kam von der innenpolitischen Sprecherin der Grünen-Fraktion im Deutschen Bundestag, Irene Mihalic. Grundsätzlich sei es zwar richtig, Aufrufe zu Straftaten konsequent zu verfolgen, sagte Mihalic der "Welt". Allerdings müsse genau geprüft werden, "ob die hohen rechtlichen Voraussetzungen für ein Vereinsverbot im Fall von 'linksunten.indymedia' tatsächlich vorliegen".

Fraglich sei auch, warum das bereits am 14. August ausgestellte Verbot erst zehn Tage später umgesetzt worden sei. "Nicht hinnehmbar wäre jedenfalls, wenn das Verbot nur dem Wahlkampf dienen sollte", sagte Mihalic.

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