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Netzpolitik

"Drecks Fotze": Grünen-Politikerin darf beschimpft werden

Ein umstrittenes Gerichtsurteil in Deutschland sorgt aktuell für Empörung. Die Bundestagsabgeordnete der deutschen Grünen, Renate Künast, hatte gegen üble Beschimpfungen und sexistische Hasspostings auf Facebook geklagt. Dort wurde sie unter anderem als "Drecks Fotze", "Stück Scheiße", "Pädophilen-Trulla" und "altes grünes Dreckschwein" bezeichnet. Das Landgericht Berlin kam allerdings zu dem Schluss, dass die Kommentare „keine Diffamierung der Person der Antragstellerin und damit keine Beleidigungen“ darstellen.

"Haarscharf an der Grenze"

Zum sexistischen Schimpfwort "Drecks Fotze" fiel dem Landgericht laut Berliner Morgenpost folgendes für seine Begründung ein: „Der Kommentar ,Drecks Fotze‘ bewegt sich haarscharf an der Grenze des von der Antragsstellerin noch Hinnehmbaren“. Künast und derren Anwalt zeigten sich über die Gerichtsentscheidung fassungslos: "Der Beschluss des Landgerichts sendet ein katastrophales Zeichen, insbesondere an alle Frauen im Netz, welchen Umgang Frauen sich dort gefallen lassen sollen", erklärte die Politikerin.

Künast kündigte an, sie werde gegen den Beschluss vorgehen. Die Politikerin hatte erreichen wollen, dass Facebook die personenbezogenen Daten von 22 Nutzern herausgibt, um zivilrechtlich gegen sie vorgehen zu können. Teilweise wurden die Beleidigungen mit Klarnamen online gestellt. Laut Künasts Anwalt Severin Riemenschneider sind die öffentlich einsehbaren Daten aber nicht ausreichend, um eindeutig einen Bezug zur tatsächlichen Identität einer Person herzustellen. 

"Gefährdung der Demokratie"

"Von einer Schmähung kann nicht ausgegangen werden, wenn die Äußerung in dem Kontext einer Sachauseinandersetzung steht", schreibt das Gericht in seiner Begründung. "Wohin geht die Gesellschaft, wenn all solche Äußerungen als zulässige Meinungsäußerung ertragen und erlitten werden müssen?", teilte Künast mit. Solche massiven Abwertungen würden die Demokratie gefährden. "Denn wer soll sich angesichts dessen noch ehrenamtlich oder politisch engagieren?"

Selbst wenn das nächstzuständige Kammergericht Berlin den Beschluss aufhebt, heißt das laut Riemenschneider nicht, dass Künast gegen die Personen vorgehen kann. Denn Facebook könnte die Daten dann lediglich herausgeben dürfen. Um dies aber zu erzwingen, sei eine weitere Klage mit einem aufwendigen Verfahren nötig.

Vergleich mit Sigrid Maurer

Der Fall erinnert an die österreichische Grünen-Politikerin Sigrid Mauer, die sich mit einem Facebook-Posting öffentlich gegen private Hasspostings wehrte und in einer ersten Instanz wegen übler Nachrede verurteilt wurde. Dieses Urteil wurde vom Oberlandesgericht Wien schließlich aufgehoben. Die Neuauflage des Strafprozesses ist derzeit gerade im Laufen. Das Ersturteil des Gerichts gegen Maurer sorgte - quer durch alle Parteien - für Kritik und Unverständnis und brachte eine große Diskussion über Hass im Netz ins Rollen.

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