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Sheryl Sandberg, COO von Facebook und Twitters CEO Jack Dorsey

© APA/AFP/JIM WATSON / JIM WATSON

Netzpolitik

Facebook, Google, Twitter: Gegenwind für die Giganten

Die Konzerne hinter den Sozialen Netzen werden von Regierungen zunehmend an die Leine genommen. Das zeigte sich jüngst bei der Anhörung von Sheryl Sandberg, COO von Facebook, und Twitters CEO Jack Dorsey vor dem US-Kongress. Im Zentrum der Befragung ging es um die Bedenken, dass ausländische Kräfte auch die kommenden Midterm-Wahlen gezielt über die Plattformen der Internetgiganten beeinflussen können. Vor allem Russland wird vorgeworfen, auf diesem Weg aktiv zu sein. Google-Vertreter waren bei der Anhörung trotz Vorladung nicht anwesend, hatten aber vorab ein Statement geschickt.

Beide Manager gestanden Fehler ein, die im Rahmen der US-Präsidentschaftswahlen im Jahr 2016 unterlaufen waren. Dabei geht es unter anderem um das gezielte Schalten von Werbung unter Beteiligung des britischen Unternehmens Cambridge Analytica, auch Fake News und Bots spielen dabei eine tragende Rolle. Sowohl Sandberg als auch Dorsey betonen jedoch zugleich, dass Anstrengungen unternommen werden, die Situation zu verbessern.

Facebook hat das Security-Team aufgestockt, Twitter geht massiv gegen die Präsenz von Bots vor: Im vergangenen Herbst wurden 50.258 Accounts mit Verbindung zu Russland identifiziert, die automatisiert politische Inhalte veröffentlichten. In den vergangenen Monaten wurden zwischen 8,5 und zehn Millionen dubiose Accounts pro Woche aufgefordert, sich klar zu identifizieren. „Unsere Arbeit ist aber noch nicht getan, und sie wird niemals enden“, hat Dorsey in einem vorab veröffentlichten Statement geschrieben: „Wir stehen einer Gefahr gegenüber, für die wir auf die Hilfe anderer Marktteilnehmer und der Regierung angewiesen sind.“

Auch von Sandberg hieß es, dass Facebook diese Gefahren nicht alleine unterbinden könne, da man nicht die gleichen „investigativen Werkzeuge“ habe wie die US-Regierung. Man werde daher eng mit den Behörden zusammenarbeiten. Facebooks CEO Mark Zuckerberg hatte sich in vorherigen Anhörungen zwar mehrfach entschuldigt und sich dafür auch den Spitznamen „Mark Sorryberg“ eingefangen, auf viele Fragen aber eher ausweichend reagiert. Ähnlich verlief es auch bei einer Anhörung Zuckerbergs vor dem EU-Parlament im Mai, bei der es ebenfalls um Datenmissbrauch ging: „Ich habe sechs Fragen eingereicht, die mit "Ja" oder "Nein" beantwortet werden können – keine davon ist beantwortet worden“, empörte sich etwa der Grüne Philippe Lamberts.

Warnung vor EU-Wahlen

So wie in den USA die Sorgen im Vorfeld der Midterm-Wahlen groß sind, so beunruhigt ist man in Europa angesichts der EU-Parlamentswahlen im Mai 2019. Die EU-Kommission hat vor wenigen Wochen alle Mitgliedsstaaten zu Abwehrmaßnahmen gegen mögliche Social Media-Angriffe auf die Wahl aufgerufen. „Wir müssen verhindern, dass staatliche und nicht-staatliche Akteure unsere demokratischen Systeme untergraben und als Waffe gegen uns einzusetzen“, sagte dazu EU-Sicherheitskommissar Julian King. Solche Bedrohungen seien „subtiler und schädlicher als Cyber-Attacken“.

Doch auch die Plattformen selbst sollen laut King konsequenter gegen derartige Manipulation vorgehen - so begibt sich der EU-Politiker auf eine Linie mit den US-Abgeordneten. Dabei soll es zum Beispiel auch darum gehen, die Möglichkeiten der stark zielgerichteten Werbung – sogenanntes Microtargeting – bei politischer Werbung einzuschränken.

Zu den dringendsten Maßnahmen gehört laut EU-Kommission ein Verhaltenskodex, den die Plattformen selbst beschließen sollen. Er sollte bis Juli fertig sein, wurde bisher aber noch nicht veröffentlicht.

Zugleich ist jedoch stark anzunehmen, dass es auch bei der kommenden EU-Wahl zu Einmischungsversuchen kommen wird. „Das ist eine der größten demokratischen Wahlen der Welt und zudem dezentral, ein attraktives Ziel“, sagt etwa der Kampagnenberater Yussi Pick, der 2016 im Digitalteam von Hillary Clinton tätig war. Sinnvolle Gegenmaßnahmen seien nur schwer zu finden. Denn technische Lösungen bergen Potenzial für weitere Angriffsflächen, Selbstregulierung legt politische Zensur in die Hände der Konzerne.

Zugleich werden jedoch auch in Europa aktiv Schritte gesetzt, um den Internetkonzernen strengere Regeln vorzuschreiben. Das bekannteste Beispiel der vergangenen Monate ist in dieser Hinsicht die EU-Datenschutzgrundverordnung, die seit Mai gilt und strengere Regeln für die Speicherung und den Umgang mit personenbezogenen Daten vorschreibt. Außerdem wird das EU-Parlament kommende Woche erneut über die Reform des europäischen Urheberrechts abstimmen, mit der unter anderem die Verantwortung der Plattformen für den Upload von nutzergenerierten Inhalten geregelt wird.

Die Regeln für die Giganten werden also strenger. In den USA, und auch in Europa.

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Stefan Mey

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