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Guter Start für Leih-E-Books

"Das Angebot stößt auf großes Interesse", sagt Monika Reitprecht von der Wiener Magistratsabteilung 13, die für die Büchereien in Wien zuständig ist. Seit September 2010 stehen Wiener Bibliotheksnutzern in der Virtuellen Bücherei Wien auch elektronische Bücher, Hörbuch- und Videodateien und elektronische Zeitschriften und Zeitungen zur Verfügung.

Seit dem Start des elektronisches Verleihs wurden in Wien mehr als 25.000 Entlehungen elektronischer Medien getätigt, etwas mehr als 13.000 entfielen auf E-Books. "Vor allem Sachbücher und Ratgeber werden nachgefragt", erzählt Reitprecht: "Auch Krimis gehen sehr gut."

Das Sortiment ist noch lückenhaft. Während etwa in den Regalen der Wiener Stadtbibliotheken mehr als 1,6 Millionen physische Medien zur Entlehnung bereitstehen, umfasst das Angebot elektronischer Titel gerade einmal 4400 Stück, darunter knapp 2900 E-Books im PDF- und EPUB-Format.

E-Books auch in Linz, Graz und Salzburg

Auch in Graz, Linz und Salzburg können elektronische Medien über das Internet entlehnt werden. Mit der Akzeptanz des Angebotes ist man auch in den Bundesländern zufrieden.

In Graz, wo seit April 2009 elektronische Bücher angeboten werden, wurden bislang rund 11.000 E-Books verliehen, rechnet man Musik- und Hörbuchdateien, Videos und elektronische Zeitungen dazu, waren es bereits mehr als 27.000 Entlehnungen. In Linz, wo die digitale Bibliothek seit September 2010 verfügbar ist, wurden knapp 4.000 Ausleihen elektronischer Medien gezählt.

In der Stadt Salzburg, wo der elektronische Medienverleih im März 2009 startete, wurden im ersten Jahr 12.000 Medien entlehnt. Im zweiten Jahr gab es eine Steigerung von zehn Prozent. Im vergangenen Herbst wurde der Verleih elektronischer Medien auf alle Bibliotheken im Land Salzburg ausgedehnt.

Nischenangebot

Im Vergleich zur Entlehnung physischer Medien sind die Zahlen bei den E-Book-Entlehnungen noch bescheiden. Sie bewegen sich bei rund ein Prozent der gesamten Entlehnungen. Das entspricht in etwa dem Anteil den Marktbeobachter auch im Buchhandel elektronischen Titeln zurechnen. Allerdings lassen sich die Entlehungen phyischer und digitaler Medien aufgrund unterschiedlicher Bestandszahlen kaum vergleichen.

Die Nutzung ist kontinuierlich und über längere Zeiträume beständig", sagt Helmut Windinger, Leiter der Stadtbibliothek Salzburg. "Der E-Book-Verleih ist noch ein schmales Segment, diejenigen, die sich dafür interessieren, nutzen das Angebot intensiv."

Nutzung nicht ohne Tücken

Die Nutzung ist nicht ohne Tücken. Kopierschutz (Digital Rights Management, DRM) ist obligatorisch. Da der Vertrieb der Bücher über Lizenzen läuft, ergibt sich auch die für digitale Medien ungewöhnliche Situation, dass jedes Exemplar jeweils nur von einem Benutzer entlehnt werden kann. Es sei denn, die Bibliothek hat mehrer Lizenzen erworben.

Viele der angebotenen E-Books können neben dem PC auch auf E-Readern, Smartphones und Tablets gelesen werden. Je nach Bibliothek beträgt die Verleihdauer sieben oder 14 Tage, kann aber ebenso wie bei phsysischen Medien verlängert werden. Nach Ablauf der Verleihdauer können die Medien nicht mehr genutzt werden. Mahngebühren sind somit ausgeschlossen.

"Wirklich negative Reaktionen haben wir nicht"

Die Nutzer können mit dem Angebot offenbar gut leben. "Wirklich negative Reaktionen haben wir nicht erlebt", heißt es aus den Büchereien Wien. Es sei zwar nicht auf Anhieb verständlich, dass elektronische Bücher jeweils nur von einem Nutzer entlehnt werden könnten, für Bibliotheksnutzer sei dies aber generell weniger ungewohnt, als für andere Nutzer digitaler Medien, meint Heike Merschitzka, Abteilungsleiterin der Stadtbibliothek Linz. "Sie haben Verständnis dafür."

In Graz bemängeln Kunden der virtuellen Bibliothek das Fehlen fremdsprachiger Titel und österreichischer Zeitschriften und Zeitungen im virtuellen Sortiment. Das Downloadsystem habe sich mittlerweile aber "als selbstverständliches Angebot der Stadtbibliothek etabliert", resümiert die für Bibliotheken in Graz zuständige Stadträtin Sonja Grabner.

Neue Zielgruppen

Die Vorteile des elektronischen Buchverleihs liegen auf der Hand. Nutzer sind nicht an Öffnungszeiten gebunden. Durch das elektronische Angebot können Bibliotheken auch den Kontakt zu jüngeren Leserschichten halten und neue Zielgruppen ansprechen.

"Wir haben mit der virtuellen Bibliothek neue Leserschichten gewonnen", sagt der Salzburger Bibliothekar Windinger. Auch in Graz, Linz und Wien wird auf neue Kunden durch die virtuelle Bibliothek verwiesen. Neben Jugendlichen und jungen Erwachsenen interessieren sich aber auch ältere Semester für die virtuellen Bibliotheken.

"Bibliotheken spielen für Akzeptanz große Rolle"

Bei der technologischen Infrastruktur und den verfügbaren Titel arbeiten die heimischen Bibliotheken mit dem deutschen Anbieter DiViBib zusammen, der mittlerweile mehr als 200 Bibliotheken in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Südtirol mit E-Books und der zum Verleih nötigen technischen Infrastruktur versorgt.

"Bibliotheken spielen bei der Akzeptanz von neuen Medien eine große Rolle", sagt Thomas Karsch, der bei DiViBib Verlage und Medien betreut: "Sie haben eine verlässliches und solides Image. Wenn Bibliotheken E-Books im Angebot haben, ist es auch ein Signal, dass elektronische Bücher keine Modeerscheinung mehr sind", meint Karsch: "Bibliotheken sind ein wichtiger Baustein, um den Markt zu entwickeln."

Österreichweite Lösung gefordert

Das Angebot befinde sich noch in der Pionierphase, meint Gerald Leitner, Geschäftsführer des Büchereiverband Österreichs (BVÖ). "Es muss noch mehr kommen". Leitner kritisiert, dass derzeit - mit Ausnahme Salzburgs - nur in Großstädten virtuelle Bibliotheken angeboten werden. In großen Städten sei auch die Versorgung mit gedruckten Büchern sehr gut, am Land gebe es hingegen kaum Angebote, so Leitner: "Die gut versorgten Gebiete werden auch mit neuen Medien besser versorgt, die Kluft zwischen "information poor" und "information rich" wird so nicht geschlossen", sagt der BVÖ-Geschäftsführer: "Ganz im Gegenteil."

"Unsere Vision ist eine österreichweite E-Library", erläutert Leitner. Um diese zu verwirklichen müsse auch der Bund Gelder zuschießen. Kleinere Gemeinden könnten sich notwendige Investitionen nicht leisten. Im Bibliotheksverband Österreichs wird deshalb an einem Konzept gearbeitet, das bald auch dem Bund präsentiert werden soll, erzählt Leitner: "Wir hoffen, dass wir 2012 an den Start gehen können."

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Wie funktioniert die Entlehnung?

Zur Entlehnung in den österreichischen virtuellen Bibliotheken ist ein Büchereiausweis der jeweiligen Bibliothek erforderlich. Zusatzkosten entstehen keine. Nach Eingabe der Kartennummer und des Geburtsdatums kann auf die elektronischen Medien zugegriffen werden.

PC und E-Reader

Um die elektronischen Bücher am PC im PDF-Format zu lesen, ist der Download des Adobe Readers erforderlich. Wer E-Books im PDF- und EPUB-Format auf elektronische Lesegeräte übertragen will, muss darüber hinaus die Adobe Software Digital Editions herunterladen.

Die Liste kompatibler Endgeräte umfasst neben E-Book-Readern von Sony und dem Thalia-Reader OYO etwa auch Modelle von Bokeen, Pocketbook und iRiver. Amazons Kindle, der das EPUB-Format nicht unterstützt, ist nicht darunter.

Smartphones und Tablets

Mithilfe einschlägiger Applikationen lassen sich die elektronischen Bücher aus der Bibliothek auch auf Smartphones und Tablets wie dem iPad lesen. Für iPhone und iPad wird die App Bluefire empfohlen. Im FUTUREZONE-Test funktionierte der Transfer problemlos. Für Android-Geräte steht etwa auch die Anwendung txtr zur Verfügung.

Links:

Hilfestellungen der Virtuellen Bibliothek Wien
Adobe Digital Editions
Bluefire Reader
txtr

Die DiviBib-Onleihe, die 2007 mit vier Bibliotheken in Deutschland gestartet ist, zählt mittlerweile im deutschsprachigen Raum rund 150.000 aktive Nutzer, die bereits mehr als zwei Millionen elektronische Medien ausgeliehen haben.

Link:

DiviBib
Onleihe

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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