Justiz: Telefonüberwachungen nahmen 2016 zu
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„In Wirklichkeit werden zu viele Ermittlungsmaßnahmen angewendet, weil am Schluss bei vielen nichts herauskommt“, sagt Verfassungssprecher Nikolaus Scherak angesichts einer aktuellen Anfragebeantwortung. Demnach wurden im Vorjahr deutlich mehr Hausdurchsuchungen und Telefonüberwachungen beantragt.
Den Daten des Justizministeriums zufolge wurden im Vorjahr 3.899 Hausdurchsuchungen beantragt (um sechs Prozent mehr als 2015). Auch bei Telefonüberwachungen sowie Lauschangriffen und Videofallen legten die Anträge zu (um 13 Prozent auf 3.031 bzw. sieben Prozent auf 232). Weniger oft abgefragt wurden dagegen Verbindungs- und Standortdaten aus Nachrichtenübermittlungen (minus drei Prozent auf 5.258). In Summe waren es 13.236 Ermittlungsmaßnahmen - mehr als 2015 (12.571) und 2014 (13.122).
Angeklagt wurden im Vorjahr 2976 derart überwachte Personen, 2010 wurden verurteilt. Das ist zwar ein Plus von fast 80 Prozent gegenüber 2015. Weil parallel dazu auch die Zahl der Freisprüche und der eingestellten Verfahren annähernd gleich stark angestiegen ist, kritisiert Scherak aber einen nach wie vor zu leichtfertigen Umgang mit sensiblen Ermittlungsmaßnahmen.
„Sorgfältige Interessensabwägung“
Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) gelobt in der Anfragebeantwortung dagegen eine „sorgfältige Interessensabwägung“ bei Grundrechtseingriffen. Außerdem warnt das Justizministerium, dass es sich bei den Zahlen nur um Näherungswerte handelt, die unter anderem Doppelzählungen umfassen können. Verlässliche Auskunft über die Wirksamkeit von Lauschangriff und Videofallen (nicht aber Telefonüberwachungen, Hausdurchsuchungen, etc.) erwartet das Ressort erst vom Gesamtbericht über den Einsatz besonderer Ermittlungsmaßnahmen im Herbst. Bisher liegt erst der Bericht für 2015 vor. Dieser wertet 73 Überwachungen als „erfolgreich“ und 61 als „erfolglos“. In keinem einzigen Fall wurde eine von der Kriminalpolizei beantragte Videofalle oder ein Lauschangriff abgelehnt.
Detail am Rande: Obwohl die Vorratsdatenspeicherung bereits 2014 vom Verfassungsgericht aufgehoben wurde, scheinen in der Anfragebeantwortung für 2015 noch Vorratsdaten-Abfragen in sieben Fällen auf. Das Justizministerium begründet mit Eingabefehlern der zuständigen Kanzleikräfte. Und die Kosten für Telefonüberwachung werden für 2016 mit 12,5 Millionen Euro beziffert.
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