Klage gegen Lehrerbewertungs-App Lernsieg abgewiesen
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!
Die Lehrergewerkschaft ist mit einer ersten Musterklage gegen die App „Lernsieg“ abgeblitzt. Bei der App können Schüler ihre Lehrer bzw. Schulen anonym mit ein bis fünf Sternen bewerten. Ein HTL-Lehrer und Gewerkschafter, der seine Persönlichkeitsrechte verletzt sieht, hatte auf Unterlassung bzw. Schadenersatz geklagt. Beide Klagebegehren wurden nun vom Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen abgewiesen. Die Gewerkschaft erwägt eine Berufung, weitere Musterklagen laufen.
Für die App wurde eine Datenbank mit rund 90.000 Lehrern und den entsprechenden Schulen angelegt. Schüler können nach Registrierung via Handynummer ihre Pädagogen ab der AHS-Unterstufe bzw. Neuen Mittelschule (NMS) in Kategorien wie Unterricht, Fairness, Vorbereitung oder Pünktlichkeit mit einem bis fünf Sternen bewerten. Daraus werden dann auch Rankings erstellt. Laut den App-Machern wurde „Lernsieg“ seit dem Start im November 2019 bereits 400.000 Mal heruntergeladen.
Datenschutz-Bedenken
Die Lehrer-Gewerkschaft wetterte von Beginn an gegen die App und hatte unter anderem Bedenken in Sachen Datenschutz bzw. ortete primär eine „riesige Handynummernsammelaktion“. Die Datenschutzbehörde stellte ein Verfahren dagegen ein. Die Verarbeitung der Lehrerdaten stehe im Einklang mit den Grundsätzen der Datenschutz-Grundverordnung, hieß es in der Entscheidung der Behörde. Darüber hinaus würden die berechtigten Interessen der Allgemeinheit bzw. der Schüler die Beeinträchtigung des Grundrechts auf Datenschutz der Lehrer überwiegen.
Unabhängig von der datenschutzrechtlichen Seite hat der Lehrer, der nach Angaben der App-Macher mit 2,9 - also mittelmäßig - bewertet wurde, allerdings zivilrechtliche Ansprüche geltend gemacht. Er sieht seine Persönlichkeitsrechte verletzt. Unterstützt wird er von der GÖD, die schon im Vorjahr Musterklagen angekündigt hatte.
Meinungs- und Informationsfreiheit
Die erste davon wurde nun vom Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen abgewiesen: Das berechtigte Interesse von Schülern, Eltern, aber auch der breiten Öffentlichkeit, das Grundrecht auf Meinungs- und Informationsfreiheit im Rahmen der App auszuüben, überwiege gegenüber den Interessen des Klägers, heißt es in der schriftlichen Urteilsbegründung. Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Klägers im Rahmen der App sei daher ein berechtigtes Interesse im Sinne der Datenschutzgrundverordnung.
Ein Missbrauch der Bewertungsplattform sei zwar nicht auszuschließen, der Gefahr unsachlicher Bewertungen werde jedoch durch Maßnahmen wie etwa die vorherige Verifizierung der Telefonnummer entgegengewirkt. Schülern sollte zudem nicht pauschal eine missbräuchliche Benutzung unterstellt werden. Durch den Ausschluss von Volks- und Sonderschulen sei eine „gewisse geistige Reife“ der Nutzer sichergestellt und anzunehmen, dass Missbrauchsfälle die Ausnahme seien.
Andere Musterklagen laufen
„Die Strategie der Lehrergewerkschaft GÖD, uns mit einer Flut an Klagen beschäftigt zu halten, mundtot zu machen und finanziell auszubluten ist damit kolossal gefloppt“, kommentierte App-Erfinder Benjamin Hadrigan die Entscheidung am Donnerstag in einer Aussendung. Aktuell seien drei weitere Zivilklagen gegen die App-Macher anhängig, weitere seien in den vergangenen Monaten systematisch vorbereitet worden. „Dieser Spuk wird jetzt wohl ein Ende haben“, so Hadrigan.
„Die anderen Musterklagen laufen“, betonte unterdessen der oberste Lehrergewerkschafter Paul Kimberger (FCG) gegenüber der APA. Die Juristen und Rechtsanwälte der Gewerkschaft würden sich nun das Urteil und die Urteilsbegründung genau anschauen und dann über eine Berufung entscheiden. Die Lehrervertretung werde alle Möglichkeiten des Rechtsstaates ausschöpfen, „weil wir das auch gut begründen können und für mich die Persönlichkeitsrechte der Lehrerinnen und Lehrer deutlich mehr wert sind, als das scheinbar in diesem Urteil drinnen steht“.
Kommentare