Cyberspace

Konferenz für internationale Netz-Regeln

Der virtuelle Raum im Internet braucht nach Ansicht von Experten weltweit feste Richtlinien, wie sie auch im wirklichen Leben bestehen. Dazu gehörten Abmachungen zu Menschenrechten, zum Schutz vor Kriminalität und zum Handel, sagte der britische Außenminister William Hague am Dienstag zur Eröffnung der London Cyberspace Conference. Das Treffen von Politikern und Experten aus 60 Nationen - darunter auch China und Russland - soll bei der Suche nach Regeln den Anfang machen und künftig jährlich in einem anderen Land stattfinden.

Es sei wichtig, dass Regierungen, Firmen und die Zivilgesellschaft als gleichwertige Partner zusammenarbeiten könnten, um die Probleme der virtuellen Welt zu diskutieren, erläuterte Hague. "Die Wahrheit ist: Im Cyberspace kann es kein Land im Alleingang schaffen."

Freier Zugang als grundlegendes Recht
Als grundlegende Prinzipien für ein Regelwerk über Ländergrenzen hinweg schlug Hague unter anderem vor, dass jeder Mensch das Recht auf freien Zugang zum Internet bekommen müsse, Regierungen weltweit müssten sich beim Umgang mit dem Netz stets an internationales Recht halten, geistiges Eigentum und Privatsphäre müssten einheitlich geschützt werden, und man müsse gemeinsam gegen Kriminalität im Internet vorgehen.

"Viele der hier anwesenden Länder haben sehr verschiedene Ansichten", sagte Hague im Hinblick auf die Schwierigkeit eines internationalen Konsens. Als Grundsatz müsse gelten: "Verhalten, das offline nicht akzeptabel ist, ist auch online nicht akzeptabel, ob es nun von Individuen oder Regierungen kommt." Die Chancen und Gefahren des Internets seien zu groß, um sich nicht zu einigen.

Das treffe vor allem auf die Internetkriminalität zu, die in den vergangenen Jahren dramatisch zugenommen habe, sagte Hague. "Auf der ganzen Welt gibt es Menschen und Gruppen, die unsere persönlichen Informationen zu Geld machen wollen, oder Verwüstung über das Netz anrichten wollen, um ihre politischen Ansichten auszudrücken." In den ersten drei Monaten des Jahres seien weltweit mehr als sechs Millionen neue Exemplare von bösartiger Software entdeckt worden.

Keine Blockaden
Auch das Thema Menschenrechte müsse im Hinblick auf das Internet endlich auf den Tisch kommen, sagte Hague. Neben dem Recht auf Privatheit sei vor allem das Recht zu freier Meinungsäußerung in vielen Ländern online nicht gegeben.

"Kulturelle Unterschiede sind keine Entschuldigung dafür, Menschenrechte zu verwässern; und die Tatsache, dass eine Minderheit von Kriminellen und Terroristen digitale Netzwerke ausnutzt, kann von Staaten nicht als Rechtfertigung benutzt werden, ihre Bürger der Zensur auszusetzen", sagte Hague. Es sei nicht akzeptabel, wenn Regierungen das Internet, Mobilfunk-Netzwerke und soziale Netzwerke wie Twitter blockierten.

Man wisse, dass nicht alle Länder diese Ansicht teilten. In Zukunft werde es für Regierungen aber auch dank des Internets immer schwerer werden, ihre Bürger einzuschränken. Außerdem schlössen sie sich damit selber vom wirtschaftlichen Potenzial des Internets aus.

Biden statt Clinton
Bei der Konferenz soll es bis Mittwoch zahlreiche Reden und Diskussionsrunden zu dem Thema geben. Als Redner standen unter anderem der Wikipedia-Gründer Jimmy Wales und der schwedische Außenminister Carl Bildt auf der Liste. Eine Ansprache von US-Außenministerin Hillary Clinton wurde kurzfristig abgesagt, da diese aus familiären Gründen nicht nach Großbritannien reisen könne, hieß es. Stattdessen sollte US-Vizepräsident Joe Biden per Videobotschaft die Ansichten seines Landes darlegen. Die kommenden Cyberspace-Konferenzen sollen 2012 in Ungarn und 2013 in Südkorea stattfinden.

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