Innenminister Sobotka will private Videokameras vernetzen. Die Opposition warnt vor "lückenloser Überwachung"
Innenminister Sobotka will private Videokameras vernetzen. Die Opposition warnt vor "lückenloser Überwachung"
© APA/dpa/Roland Weihrauch

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Kritik an Sobotka: "Nahezu lückenloser Überwachungsstaat"

Am Mittwoch sprach sich Sobotka in einem Hintergrundgespräch mit Journalisten unter anderem dafür aus, zur Terror- und Kriminalitätsbekämpfung private Videokameras zu vernetzen, Telefon-Wertkarten registrierungspflichtig zu machen und so genannte Gefährder mittels Fußfessel zu überwachen. Der Koaltionspartner reagierte zurückhaltend. Gegenüber dem KURIER hieß es aus dem Büro von SPÖ-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil lediglich: "Wir gehen davon aus, dass der Herr Minister dahingehend an uns herantreten wird. Dann werden wir das prüfen." Bei den NEOS und Grünen, sowie bei zivilgesellschaftlichen Organisationen sorgten Sobotkas Vorschläge hingegen für Kopfschütteln und heftige Kritik.

"Gegenstand ständiger Überwachung"

Sobotkas Aussagen ließen eine massive Ausweitung von Überwachungsmaßnahmen befürchten, die unbescholtene Bürger in ihren Freiheitsrechten einschränken würden, sagte der Jurist Alexander Czadilek von der Initiative epicenter.works (ehemals AK Vorrat), die staatliche Anti-Terrorgesetze evaluiert und mit einer Verfassungsklage auch dazu beitrug, dass die Vorratsdatenspeicherung in Österreich gekippt wurde. Insbesondere die Überwachung von Kfz-Kennzeichen durch Kameras der Asfinag sowie die Vernetzung privater Kameras würden in der Bevölkerung ein Gefühl erzeugen, dass ihr Leben Gegenstand ständiger Überwachung sei.

Folgen für die Sicherheit

Der Jurist warnt auch vor den Folgen für die Sicherheit. Private Kamerainstallationen und von Privatpersonen betriebene internetfähige Geräten seien in der Vergangenheit immer wieder von schwerwiegenden Sicherheitsproblemen betroffen gewesen und von Kriminellen missbraucht worden: "Eine stärke Vernetzung würde diese Risiken weiter erhöhen", sagte Czadilek.

Maßnahmen zur flächendeckenden Videoüberwachung würden einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung um nichts nachstehen. Eine genaue datenschutzrechtliche Analyse lasse sich erst nach Vorliegen entsprechender gesetzlicher Bestimmungen vornehmen, so Czadilek, insgesamt sei aber zu erkennen, dass unter dem Deckmantel der Strafverfolgung und Prävention punktuell eingeführte Maßnahmen laufend erweitert würden: "Ihre Effektivität wird zwar nicht nachgewiesen, aber die Freiheitsrechte aller nicht kriminellen Menschen werden beschnitten."

Kritik von Grünen und NEOS

Auch der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser warnte vor einem "nahezu lückenlosen Überwachungsstaat durch die Vernetzung privater Videokameras". Nach jedem Terroranschlag in Europa würden neue Ideen vorgestellt, die Datenschutz, Grundrechte und Rechtsstaat einschränken, so Steinhauser in einer Aussendung. Das Problem der Sicherheitsbehörden sei aber in der Regel "nicht zu wenig Information, sondern relevante Information zu erkennen."

Nikolaus Scherak, Menschenrechtssprecher der NEOS bezeichnete Sobotkas Vorschläge als "unausgegoren". Eine solche Politik, die darauf abziele Grund- und Freiheitsrechte massiv zu beschränken, sei vollkommen verantwortungslos und ziele einzig auf billige Schlagzeilen ab. Sobotkas Pläne die Videoüberwachung in Österreich zu vernetzen bezeichnete Scherak als "gefährliche Drohung": "Damit werden alle Menschen unter Generalverdacht gestellt und können in Zukunft lückenlos überwacht werden."

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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