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Facebook

"Löschen muss wirklich löschen bedeuten"

Keiner will Fotos von sich im Netz, die einem mit Schnapsflasche und Unterhose am Boden liegend zeigen. Manchmal landen derartige Spaß-Schnappschüsse, sei es aus Sorg- oder Ahnungslosigkeit, dennoch auf Facebook. Als Nutzer hat man dort die Möglichkeit, diese zu löschen. Doch nicht selten passiert es, dass diese Fotos in Folge zwar im Profil nicht mehr aufscheinen, aber per direktem Link weiterhin abrufbar sind.

Wie berichtet, liegt ArsTechnica ein konkreter Fall eines Nutzers vor, der vor mehr als drei Jahren seine Fotos von Facebook gelöscht hat, doch diese sind bis zum heutigen Tag nach wie vor über einen direkten Link noch abrufbar. Doch dieser Nutzer ist nicht der Einzige, es gibt zahlreiche weitere Beschwerden und Beispiele von Fotos auf Facebook, die nach ihrer "Löschung" nach wie vor abrufbar sind.

"Löschen muss löschen bedeuten"
Der Wiener Jus-Student Max Schrems von der Initiative europe-v-facebook.org, der sich am Montag, mehr oder weniger stellvertretend für zahlreiche europäische Facebook-Nutzer mit Vertretern des sozialen Netzwerks in Wien getroffen hat, hat für derartige Probleme kein Verständnis. "Löschen muss wirklich löschen bedeuten", sagte Schrems nach den Gesprächen mit Facebook. "Ich frage mich außerdem, warum das Netzwerk dieser Größenordnung hier keine interne Revision hat, die regelmäßig kontrolliert, ob Daten wirklich gelöscht sind."

"Technische Probleme"
Facebook erklärte dem Studenten, dass dahinter "technische Probleme" liegen würden. Man sei dabei, die Server, auf denen die Fotos gespeichert werden, auf neuere Systeme umzustellen. Dieser Prozess sei zu einem großen Teil abgeschlossen, aber eine "kleine Prozentzahl" von Fotos würde nach wie vor auf den alten Systemen gespeichert werden, so Facebook. Mit der Übersiedelung der Daten wolle Facebook künftig garantieren, dass Fotos binnen 45 Tagen gelöscht werden.

Schrems sieht dadurch seine Annahme bestätigt, dass es sich bei Facebook um ein "Flickwerk" handle, das als kleine Studentenplattform mit einem Grundkonstrukt begonnen hat und in Folge rasch zu einer Plattform mit mehr als 800 Millionen Nutzern herangewachsen ist, bestätigt. Erst wenn Nutzer selbst auf die Probleme draufkommen würden, würde das Netzwerk aktiv werden.

"Kontrolle endet an der Grenze"
Gerade aufgrund derartiger Software-Probleme sieht Schrems es auch als problematisch an, dass eine Kontrolle des Netzwerks nicht wirklich möglich ist. Selbst die irische Datenschutzbehörde, die in Zuge eines Betriebsprüfungsverfahrens die Zentrale von Facebook in Irland besucht und teilweise auch Codes von Facebook bekommen hatte, könne nicht wirklich nachprüfen, ob Daten wirklich gelöscht werden. Der Grund: "Die Server laufen in den USA und somit endet die Kontrolle an der Grenze."

Erst, wenn Facebook das geplante Datenzentrum im nordschwedischen Lulea in Betrieb nehme, könne man unter Bezugnahme auf das schwedische Recht auch eine Kontrolle veranlassen, ob Daten von europäische Facebook-Nutzern auch wirklich gelöscht werden, erklärte Schrems, der auch der Meinung ist, dass Facebook noch viel über europäisches Recht lernen müsse. Dass das Datenzentrum in Schweden allerdings andere Probleme mit sich bringen könnte, lesen Sie hier nach.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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