© WSA/ Philipp Benedikt

UNESCO-Kongress

Mit einer Handy-App die Welt verbessern

Während sich in den vergangenen Tagen in Barcelona am Mobile World Congress alles um die neuesten Smartphones, Tablets und Entwicklungen in der Mobilfunkbranche drehte, fand zeitgleich in Paris der UN Weltgipfel zur Informationsgesellschaft (WSIS) statt. Dabei zogen die Vereinten Nationen Bilanz über die vergangenen zehn Jahre, was die Entwicklung sowie Fortschritte in Bereichen wie zum Beispiel dem Zugang zu Gesundheit, Bildung oder Information über das Internet betrifft. Im Fokus standen nicht etwa die neuesten Highend-Gadgets oder angesagte Lifestyle-Apps, sondern die Frage, wie neue Technologien real das Leben von Menschen auf der ganzen Welt verbessern können.

World Summit Award
Österreich war auf dem WSIS mit der Initiative World Summit Award vertreten. Die Organisation wurde ebenfalls 2003 gegründet, steht unter der Patronanz der UNESCO und hat ein internationales Netzwerk in 168 Ländern aufgebaut, das sich zur Aufgabe macht, innovative E-Content- und IKT-Projekte weltweit zu evaluieren und auszuzeichnen.

Im Fokus steht dabei nicht, dass jemand etwa eine möglichst schicke App mache, vielmehr gehe es um den tatsächlichen und sinnvollen Nutzen, den eine Anwendung ihren Usern bringe, wie Peter A. Bruck, Chairman des WSA, im Gespräch mit der futurezone betont. Als Beispiel führt Bruck etwa die SMS-Applikation "mPEDIGREE" aus Ghana an, die die Echtheit von Medikamenten überprüft. Man verstehe sich auch nicht als Wettbewerb für kreative Ideen, Beachtung finden vom World Summit Award nur tatsächlich bereits auf dem Markt bestehende Produkte.

Eine finanzielle Unterstützung bzw. ein Preisgeld gibt es seitens des WSA für die Gewinnerprojekte nicht. Das wäre gar nicht zielführend, erklärt Bruck. "Das wäre eine Verfälschung, weil die Leute nur noch wegen dem Preisgeld einreichen würden, und nicht deswegen, was sie wirklich brauchen." Das ist Bruck zufolge ein Netzwerk zum Kontakteknüpfen, Marketing und Best Practise-Beispiele. Und das sei auch das, was der WSA den Gewinnern - insgesamt gibt es in jeder Runde acht Kategorien, aus denen (zweijährlich) je fünf Projekte als Sieger ermittelt werden - anbiete.

Nicht retten, aber verbessern
Natürlich werde man mit einer App oder einer einfachen SMS auch in Zukunft nicht die Armut in Indien abschaffen oder gleich die ganze Welt retten, räumt Bruck ein. Aber dennoch könnten sinnvolle Anwendungen sowohl zum Austausch der Menschen untereinander beitragen, den Leuten Wissen vermitteln und dabei helfen, in unterschiedlichsten Bereichen Verbesserungen zu erreichen - sei es auf demokratischer oder aber auch auf ökologischer Ebene.

Der World Summit Award will laut Bruck auch dazu beisteuern, die WSIS-Ziele einer inklusiven Wissensgesellschaft zu erreichen. Man sei daher unentwegt international auf der Suche nach bedeutsamen Projekten. "Es geht auch um die Frage, was zahlt sich aus, wo kann man von Ermächtigung letztlich nicht mehr nur abstrakt sprechen, sondern von ganz konkreten Umständen." Die mPEDIGREE-Anwendung aus Ghana sei dafür ein gutes Beispiel. Das Projekt habe einen ganzen Markt und die Sichtweise darauf nachhaltig verändert.

Schließen der digitalen Kluft
Hinter dem WSIS-Gipfel in Paris stand auch die Analyse der digitalen Kluft. "Dabei geht es heute nicht mehr nur um die reine Frage der Verfügbarkeit", sagt Bruck. Es gehe auch um Wissen und um soziale Fragen. "Als wir begonnen haben, ging es beim Digital Divide hauptsächlich um eine Frage der Infrastruktur, die WSA-Gewinner-Projekte aus den vergangenen Jahren zeigen, wie innovativer Inhalt, diese Lücken schließen kann", so Bruck.

Schon zum Auftakt der Konferenz am Montag zeigten sich UNESCO-Vertreter erfreut darüber, welche Fortschritte in den vergangenen zehn Jahren gemacht wurden. So lobte der Ökonom Jeffrey Sachs, Sonderberater der UN für die Millenniumsziele, etwa konkrete Verbesserungen in afrikanischen Ländern. Sachs verwies dabei auch auf das von der University of Columbia initiierte Projekt der Millienniumsstädte.

Gleichzeitig wies er aber auch darauf hin, dass man längst nicht am Ziel sei und noch sehr viel verbessert werden müsse. Sachs wünscht sich etwa, dass jeder Schüler weltweit in seiner Ausbildung die Möglichkeit hat, zu lernen, wie man ein paar Zeilen Code schreibt. Dem pflichtet auch Bruck bei. "In den USA steht das oft schon an der Tagesordnung. Aber schauen wir nur nach Österreich, hier sind wir noch weit davon entfernt, dass Schüler standardmäßig Programmiersprachen lernen."

Wettbewerb für Junge
Mit dem eigenständigen Wettbewerb des World Summit Youth Award für junge IT-Aktivisten will der WSA auch gezielt die Erreichung der UN-Milleniumsziele mit unterstützen. "Hier haben wir tatsächlich strikte politische Kriterien aufgestellt, die von den teilnehmenden Projekten erfüllt werden müssen", erklärt Bruck. Dazu zählen die Bekämpfung extremer Armut und Hunger, Grundschulbildung für alle, die Geschlechter-Gleichstellung und ökologische Nachhaltigkeit ebenso wie der Aufbau einer globalen Partnerschaft für Entwicklung durch die Nutzung von IKTs. Im Rahmen des Unesco-Kongresses wurden auch einige der Siegerprojekte der vergangenen Jahre wie das niederländische Projekt Lifeneedsinternet.com, die deutsche Plattform Theglobalexperience.org und das französische Hiboo-project.com präsentiert.

Im Rahmen einer Gala ebenfalls ausgezeichnet wurden die acht besten aller bisherigen WSA-Gewinnerprojekte. Unter dem Titel "World Summit Award Global Champions" ehrten die Initiatoren noch einmal besonders herausragende Plattformen und Initiativen. Eine vollständige Liste mit Beschreibung der jeweiligen Projekte findet sich hier. Die Palette reicht von einer e-Government-Plattform für Firmen aus Estland bis hin zu einem Umwelt-Lernspiel aus Guatemala. Der nächste World Summit Award wird im Oktober 2013 in Sri Lanka vergeben.

Rückblick
Im Jahr 2003 fand der erste WSIS-Kongress statt, 2005 gab es dann einen weiteren Gipfel, im Rahmen dessen auch bestimmte Ziele für die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien in entwickelten sowie in Entwicklungsländern definiert wurden. Nun sollte mit dem aktuellen Event eine erste Evaluierungsphase eingeleitet werden. Diskutiert wurde im UNESCO-Hauptquartier in Paris unter anderem über die Verringerung der digitalen Kluft bzw. wie gut dies in den vergangenen Jahren bereits gelungen ist. Weitere Themen waren die Förderung von weltweitem Zugang zu Wissen sowie die sich verändernde Medienlandschaft, Datenschutz und neue Bedrohungen aus dem Netz.

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Claudia Zettel

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futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

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