PK "GEMEINSAM GEGEN HASS IM NETZ": RAAB / EDTSTADLER / ZADIC / MAURER
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Netzpolitik

Neues Gesetz zu Hass im Netz: Was sich ändert

Die türkis-grüne Regierung hat am Donnerstag ihre vielfältigen Vorhaben in einem Gesetzespaket gegen „Hass im Netz“ präsentiert. Neben einem „Kommunikationsplattformen-Gesetz“, das Online-Netzwerke wie Facebook in die Pflicht nehmen soll, gab es auch Ankündigungen zu Verbesserungen im Opferschutz und ein gerichtliches Eilverfahren, das Opfer anstreben können. Es soll eine erleichterte Ausforschung der Täter bei Privatanklagedelikten geben, damit die Opfer von Hass im Netz kostengünstiger zu ihrem Recht kommen.

Justizministerin Alma Zadić, Verfassungsministerin Karoline Edtstadler, Frauen- und Integrationsministerin Susanne Raab sowie die Klubobfrau der Grünen Sigi Maurer präsentierten die neuen Maßnahmen am Donnerstag.

Das steht im neuen Gesetz

Das Kernstück der heutigen Präsentation bildete das sogenannte „Kommunikationsplattformen-Gesetz“. Mit diesem soll es es möglich werden, „Hass im Netz effektiv zu bekämpfen“, wie Justizministerin Zadić sagte.

Bereits am Vorabend war der Gesetzesentwurf auf der Seite der Europäischen Kommission aufgetaucht, die diesen genehmigen muss. Neben Frankreich und Deutschland ist Österreich damit das dritte Land in Europa mit einem Gesetz, das große Plattformen in die Pflicht nimmt, um hetzerische und beleidigende Inhalte schneller zu löschen.

Löschen binnen 24 Stunden

Betroffen von dem neuen Gesetz sind alle Plattformen mit mehr als 100.000 registrierten Usern und einem Umsatz von 500.000 Euro. Ausnahmen gibt es für österreichische Medienunternehmen und Wikipedia. Die Betreiber müssen ein Formular zur Verfügung stellen, mit dem Verstöße gemeldet werden können. Gelöscht werden müssen offensichtlich strafrechtlich relevante Beiträge binnen 24 Stunden. Bei Beiträgen, bei denen es weniger klar ist, ob ein Delikt vorliegt, haben die Plattformen 7 Tage Zeit.

Die Plattformen müssen zudem eine Meldestelle einrichten und Personen, die sich um die Hass-Postings kümmern sollen. Nutzer, die der Meinung sind, ihr Posting wurde irrtümlich gelöscht und sie hätten gar keinen Hass verbreitet, haben das Recht, eine Überprüfung anzufordern. Damit soll „Overblocking“ verhindert werden, also dass von den Netzwerken zu viel gelöscht wird und damit die Meinungsfreiheit gefährdet ist.

Hohe Strafen drohen

Wenn die Plattformen sich nicht an das Gesetz halten, drohen hohe Strafen. Löscht eine Plattform die Postings nicht in der vorgesehenen Zeit, und das für einen längeren Zeitraum, drohen Geldbußen bis zu zehn Millionen Euro. „Auch Milliardenkonzerne müssen den Opferschutz ernst nehmen“, heißt es. „Die Meinungsfreiheit wird weiter gewährleistet. Strafen gibt es nicht, wenn eine Plattform einmal ein Posting nicht löscht, sondern nur bei systematischen Verletzungen“, sagt die Verfassungsministerin Edstadler.

Bei der Eintreibung von Geldbußen geht man zudem einen innovativen Weg, der bisher einzigartig ist und den man sich aus der Exekutionsordnung abgeschaut hat: Wenn Unternehmen nicht zahlen wollen, kann man auf die Erlöse zugreifen, die die Unternehmen von österreichischen Werbekunden erwirtschaftet hätten. Ergo: Die Werbekunden müssen nicht zahlen und werden „schuldbefreit“. „Plattformen müssen außerdem physische Ansprechpersonen nennen“, so Edstadler.

Transparenzpflicht

In dem Gesetzesentwurf gibt es auch eine umfangreiche Transparenzpflicht. Man habe außerdem aus Fehlern, die in Deutschland und Frankreich bei den Gesetzen gemacht wurden, gelernt, so Edstadler. Anders als in Deutschland müssen die Plattformen nicht nur offenlegen, was für strafrechtlich relevante Postings sie gelöscht - oder nicht gelöscht haben, sondern auch die, die aufgrund von „Community-Richtlinien“ gelöscht wurden. Diese Berichte müssen viermal im Jahr erfolgen.

Justizministerin Zadić rechnet damit, dass der neue Gesetzesentwurf bei der EU-Kommission Anklang finden wird. „Bisher haben wir keine negativen Signale aus Brüssel empfangen", heißt es.

"Betroffene können sich jetzt wehren"

Doch das neue Gesetz ist nicht das einzige Vorhaben der Regierung. Es werden auch weitere Gesetze adaptiert. „Bisher ist es sehr schwierig dass sich Betroffene gegen Hass im Netz wehren können - aus zwei Gründen: Erstens ist vieles nicht klagbar und zweitens gibt es - wenn etwas überhaupt klagbar ist - meist ein enormes Kostenrisiko. Beide Probleme werden mit diesem Paket angegangen: es wird ein Schnellverfahren eingeführt, und eine Ermittlungspflicht für den Staat - die Kosten für die Betroffenen werden massiv gesenkt“, sagt Sigi Maurer, Grüne Klubobfrau bei der Pressekonferenz. "Betroffen können sich jetzt endlich wehren!"

Bei dem Schnellverfahren, das eingeführt wird, geht es darum, dass nicht nur das Posting gelöscht werden muss, in dem Hass verbreitet wird, sondern dass der Poster auch die Gerichtsgebühren von 107 Euro zu übernehmen hat. "Das hat eine abschreckend Wirkung", sagt Maurer.

Zusätzlich werden Straftatbestände ausgeweitet: Einerseits bei Cybermobbing, Verhetzung und dem sogenannten "Upskirting", dem Fotoggrafieren unter den Rock. „Es wird also billiger, schneller und öfter ermöglicht zu klagen - und damit der Hass im Netz deutlich eingedämmt werden“, so Maurer.

Prozessbegleitung

Auch Arbeitgeber sollen künftig bei Hasspostings gegen ihre Mitarbeiter aktiv werden können, sofern die Interessen des Arbeitsgebers beeinträchtigt werden. Das sei insbesondere bei Richterinnen und Polizistinnen bereits vorgekommen, heißt es. Das Paket sieht zudem eine psychosoziale und juristische Prozessbegleitung für Opfer von Hass im Netz vor, da es in diesem Bereich oft zu besonderen Belastungen durch die Straftat kommt. Dadurch soll der Opferschutz auch im Prozess gestärkt werden.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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