Abhörtechnik sieht heute oft anders aus
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Bericht

NSA horcht auch "in die Vergangenheit"

Die NSA kann offenbar auch in die Vergangenheit horchen: Der US-Geheimdienst verfügt einem Zeitungsbericht zufolge über die Fähigkeit, alle Telefonate in einem Staat aufzuzeichnen und bis zu einem Monat lang zu speichern. Damit könne die NSA die Telefongespräche rückwirkend belauschen, schrieb die "Washington Post" am Dienstag auf ihrer Internetseite. Die Zeitung berief sich auf Dokumente des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden. Die Überwachungsinstrumente mit den Namen "Mystic" und "Retro" würden wie eine "Zeitmaschine" funktionieren, heißt es in dem Bericht. Die NSA könne Gespräche auch dann abhören, wenn eine verdächtige Person zum Zeitpunkt des Telefonats noch gar nicht auf dem Radar des Geheimdienstes gewesen sei. Das System wird den Angaben zufolge seit 2011 gegen das erste Zielland eingesetzt.

Die "Washington Post" erklärte, den Namen dieses Landes auf Bitten der US-Regierung nicht zu nennen. Auch die Information, in welchen Staaten das Programm in Zukunft zum Einsatz kommen könnte, hielt die Zeitung zurück. Seit Juni vergangenen Jahres gelangten durch Snowden-Enthüllungen eine Reihe von Spähaktivitäten der NSA und verbündeter Geheimdienste ans Licht. So überwachte die NSA auf der Suche nach Terrorverdächtigen nicht nur massenhaft E-Mails und Telefonate von unbescholtenen Bürgern rund um die Welt, sondern hörte auch Spitzenpolitiker aus befreundeten Staaten ab, darunter die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Auf die Empörung aus dem In- und Ausland reagierte Obama mit einer Überprüfung der Geheimdienstarbeit.

Eine unabhängige Kommission legte im Dezember mehr als 40 Reformvorschläge vor, die der Präsident aber nur teilweise umsetzt. In einer Rede Mitte Jänner versprach Obama unter anderem, ein Programm zur Sammlung der Telefonverbindungsdaten von US-Bürgern in seiner jetzigen Form zu beenden. Außerdem sagte er einen stärkeren Schutz der Privatsphäre ausländischer Bürger zu und verbot die Überwachung eng verbündeter Staats- und Regierungschefs. Grundsätzlich hielt Obama aber an den Spähprogrammen der NSA fest.

Bereits im Einsatz

Die amerikanische NSA hat offenbar eine riesige Datenbank aller Telefonate eines Landes angelegt. Jeder Anruf werde aufgezeichnet und für mindestens 30 Tage gespeichert, heißt es in einem Medienbericht. Bisher war nur bekannt, dass die NSA Verbindungsdaten im großen Stil sammelt. Das sind Informationen darüber, wer wann mit wem telefoniert oder eine E-Mail schreibt. Diese Informationen werden auch Metadaten genannt. Dass die NSA auch die Gesprächsinhalte eines ganzen Landes abgreift und abspeichert, ist dagegen neu. Wie der Geheimdienst an die Daten kommt, geht aus dem Artikel nicht hervor.

Die Datensammlung erlaube es NSA-Mitarbeitern, im Nachhinein Telefonate von Menschen abzuhören, die zum Zeitpunkt der Gespräche nicht verdächtig waren. Zum Durchsuchen der aufgezeichneten Gespräche dient ein Computerprogramm namens „Retro“. In Unterlagen fänden sich Beispiele für Fälle, in denen damit wichtige Hinweise gewonnen worden seien, schreibt die „Washington Post“. Als Symbol für das „Mystic“-Programm habe die NSA einen Zauberer mit lilafarbener Robe gewählt, der einen Zauberstab hält. Auf der Spitze des Zauberstabs sitzt ein Handy. Das Programm sollte offenbar auf weitere Länder ausgedehnt werden oder wurde das möglicherweise schon. Im Haushaltsplan von 2013 sei von fünf weiteren Ländern die Rede, in denen Gespräche gesammelt würden. Ein weiteres Land sollte bis Ende vergangenen Jahres hinzukommen.

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