Open Commons: "Unkenntnis der User als Gefahr"
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Am 28. August wurde der erste Open Commons-Kongress im Neuen Rathaus in Linz abgehalten. Warum hat man sich bei der Stadt Linz dazu entschieden, einen ganztägigen Kongress durchzuführen?
Stefan Pawel: Wir wollten einem interessierten Publikum Grundinformationen zu Open Commons geben und das Thema möglichst einfach verständlich machen. Im Bereich Bildung und Wissenschaft wollten wir beispielsweise Lehrer und Universitätsprofessoren ansprechen, die als Multiplikatoren dienen, um die Ideen weiterzutransportieren. Aus dem Bildungsbereich gab es großes Interesse am Kongress, es nahmen etwa 30 bis 40 Personen aus dem Bereich teil. Insgesamt war die Veranstaltung mit mehr als 120 Teilnehmern sehr erfolgreich.
Gerald Kempinger: Die positive Resonanz sehen wir als Auftrag, den Open Commons-Kongress weiterzuführen. Es wird keine Einmal-Aktion bleiben.
Bleiben wir beim Bildungsbereich. Wie weit ist Österreich beim Thema Open Education?
Pawel: Die Entwicklung steckt noch in den Kinderschuhen. Bei Open Education geht es vor allem darum, Lehrmateralien frei zur Verfügung zu stellen. Hier müssen wir noch viel entwickeln und Aufklärungsarbeit leisten, dass man als Lehrende auch gemeinsam an Kursmaterialien arbeiten kann und diese dann frei zur Verfügung stellen kann. Das ist noch eine relativ neue Idee, viele Lehrende muss man erst davon überzeugen. Sie haben ja die Arbeit beim Erstellen von Unterlagen. Dass sie, wenn sie die Lehrmaterialien teilen, auch etwas von anderen zurückbekommen und sie eventuell gemeinsam verbessert werden können, dieser Gedanke ist noch nicht sehr weit verbreitet. Natürlich wollen wir auch nicht die Urheberschaft in Frage stellen. Mit Creative Commons gibt es eine Lizenz, mit der man solche Dinge regeln kann.
Wie können digitale Gemeingüter ins tägliche Leben integriert werden?
Kempinger: Um Open Commons zu verstehen, müssen wir Beispiele bringen, wie man Materalien zur Verfügung stellen kann und was man damit machen kann sowie Ergebnisse aufzeigen. Im Bereich Verwaltung und Wirtschaft wurde etwa das Open Government Data-Portal geschaffen, das die Daten in maschinenlesbarer Form unter einer Creative-Commons-Lizenz (CC-BY 3.0 AT) zur freien Verfügung stellt. So manche Smartphone-Anwendung oder Web-Lösung wäre ohne Open Commons nicht entstanden. Dadurch können diese auch ins tägliche Leben integriert werden, etwa wenn man die Fahrplandaten aufruft.
Sie haben die Open Commons Region Linz ins Leben gerufen. Was gibt es da derzeit für Pläne und Projekte?
Pawel: Wir haben diese Initiative 2010 begonnen. Im Oktober letzten Jahres wurde Open Government Data gestartet, danach gab es einen Apps4Linz-Preis, bei dem 39 Anwendungen eingereicht worden sind. Diese Apps haben es etwa ermöglicht, Gemeinderatsprotokolle oder Fahrplandaten via Smartphone abzurufen. Das ist in enger Zusammenarbeit mit der Community passiert. Jetzt haben wir im Rahmen der Open Commons-Konferenz überlegt, wie man den Gedanken weiter vorantreiben kann und zwar im Bildungs- und Kulturbereich. Wir machen uns z.B. gemeinsam mit monochrom Gedanken darüber, wie man die Idee des Teilens unter geregelten Bedingungen umsetzen kann.
Wie geht es mit Open Governement Data weiter?
Pawel: Es wird laufend neue Datensätze geben. In Planung ist, dass wir die Budgetdaten der Stadt Linz veröffentlichen. Auch bei den Umweltdaten in Linz gibt es eine Kooperation. Personen in Steyr, Wels oder Kremsmünster in Oberösterreich zeigen Interesse.
Kempinger: Wir versuchen, die Plattform in Oberösterreich breiter aufzustellen und in die Fläche zu kommen und weitere Daten zur Verfügung zu stellen.
Pawel: Erst wenn Open Government Data flächendeckend wird, werden die Daten besser vergleichbar. Auch für die Unternehmen wird es dann interessanter, wenn man neue Apps auf den Markt bringen und auch neue Geschäftsmodelle entwickeln kann.
Mit Creative Commons-Lizenzen gab es in der Vergangenheit in der Medienbranche immer wieder Probleme. Bilder von Flickr, die unter Creative Commons standen, wurden an Bildagenturen verkauft und diese schickten dann plötzlich Abmahnungen aus und man stand unter der Beweislast. Angenommen, das würde bei einem Film mit CC-Materialien passieren...
Pawel: Eine einmal erteilte Creative Commons-Lizenz kann dem Lizenznehmer nicht mehr entzogen werden, allerdings ist es sehr wohl möglich, dass der Urheberrechtsinhaber die Lizenzbedingungen nachträglich ändern. Was mit Creative Commons möglich ist und was nicht, darüber gibt es zu wenig Aufklärung und diese muss man stärken. Man sollte sich allerdings am besten bereits vorher überlegen, unter welche Lizenz man sein Werk stellen möchte, da gibt es ausreichend Auswahl. So kann man beispielsweise auch die kommerzielle Nutzung eines Werkes zulassen. Eine missbräuchliche Verwendung von Lizenzen, etwa um dann User in Folge abmahnen zu können, ist nicht zu unterstützen.
Kempinger: Bei Open Government Data hat man sich zusammengetan, um die Datensätze unter verpflichtenden Standards zu veröffentlichen und zwar unter CC-BY 3.0 AT. Da gibt es eine Garantie, das war ein klarer Abstimmungsprozess unter allen Beteiligten und die öffentliche Hand steht dafür gerade.
Was ist aus Ihrer Sicht die größte Bedrohung für Open Commons?
Pawel: Die Unwissenheit und Unkenntnis der User ist die größte Gefahr. Etwa wenn sie urheberrechtlich geschütztes Material auf Facebook stellen oder weiterbearbeiten, ohne es zu wissen. Der Bevölkerung fehlt das Bewusstsein dafür. Dann werden Gesetze angedacht und beschlossen, die die Freiheit des Einzelnen beschränken kann. Das ist eine große Gefahr. User, die neue Ideen basierend auf Inhalten von anderen gestalten, sollten das auf Fair Use-Basis tun können. Es muss Möglichkeiten geben, dies zu tun, ohne Urheber dadurch zu schädigen. Denn in der Weiterverarbeitung von Werken steckt großes Potential. Wir leben in einer Read & Write-Gesellschaft und es wäre wünschenswert, wenn man das Urheberrecht entsprechend anpassen würde.
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