© Pascal Neis

Freie Karte

"OpenStreetMap hat das Rennen gewonnen"

Am vergangenen Wochenende wurde ein neuer Rekord geknackt: Es hat sich der millionste OpenStreetMap-Nutzer registriert. Pascal Neis, ein in Deutschland lebender Programmierer und aktiver OpenStreetMap-Nutzer, erfasst die Nutzerzahlen für die freie Karten-Community. "Da immer wieder Mitglieder aufgrund von Spam gelöscht, die IDs der Mitglieder aber weiter gezählt werden, kann man leider nicht genau ermitteln wer der Millionste war", erklärt Neis gegenüber der futurezone. Für das im Juli 2004 von Steve Coast gestartete Crowdsourcing-Projekt ist diese Marke ein schöner Erfolg, denn im April 2012 lag die Zahl der mitwirkenden Nutzer erst bei rund 585.000.

Neis hat auch einige weitere Datenmaterialien zu den Open Street Map-Nutzern zusammengetragen, denn in der Praxis zählen nicht so sehr die Anzahl der registrierten Nutzer, sondern jene, die aktiv an der Karte mitwirken und auch etwas eintragen. Ein Großteil der aktiven Nutzer kommt - wenn man die beiden Karten von Neis miteinander vergleicht - aus Europa. Besonders auffallend ist, dass vor allem die Community in Österreich neben Deutschland sehr aktiv ist.

Österreich: Bis zu 900 aktive Nutzer pro Monat
"In Österreich haben insgesamt bis zum Ende des Jahres 2012 grob 10.000 verschiedene Mitglieder mindestens eine Änderung in den Daten gemacht", zitiert Neis aus seinen aktuellen Berechnungen, die er nach dem Knacken der Millionenmarke auf futurezone-Anfrage durchgeführt hat. "Ebenfalls zum Ende des Jahres haben pro Monat im Schnitt bis zu 900 verschiedene Mitglieder aktiv etwas beigetragen. Die Zahl der täglich aktiven Mitglieder in Österreich liegt zwischen 50 und 80. Jeden Tag kommen rund vier bis sechs neue Mitglieder dazu", sagt Neis, der vor kurzem auch eine interaktive Karte gestaltet hat, bei der die einzelnen Contributors der OpenStreetMap-Community zu sehen sind. Aus dieser Karte geht zudem hervor, wer wieviel zur freien Karte beigetragen hat.

Die aktiven Mapper zeichnen Häuser, Hausnummern, Bäume, Radwege, Wanderwege oder Toiletten in die Karte ein und verbessern dadurch die Karte (die futurezone berichtete bereits über die

). InWiengilt die freie Straßenkarte seit Februar 2009, also seit fast vier Jahren, als "nahezu komplett". "Häuser gibt es so etwa bis zur Vorortelinie, sprich am Stadtrand fehlen noch Details. Dann haben wir auch die Bäume aus den OGD-Daten der Stadt Wien importiert, sodass die Karte in Wien schon recht detailliert ist", erzählt der OSM-Pionier Andreas Labres der futurezone. "In anderen größeren Städten ist das ähnlich, Innsbruck hat Häuser und Hausnummern fertig, Linz und Graz sind auch schon sehr weit."

In ländlichen Gegenden würde viel davon abhängen, ob es sogenannte "Local Heroes" gibt, so Labres. "Es hängt viel von Lust und Laune der einzelnen Mitglieder ab. Der eine kümmert sich um seine Heimatgemeinde, der andere kraxelt gern auf Berge und trackt die Wanderwege und -steige, da können schon sehr detaillreiche Informationen rauskommen", erklärt der Mapper, der zugleich Vorstandsmitglied des Vereins Openstreetmap Austria ist. Die freie Karte werde beispielsweise auch von der Freiwilligen Feuerwehr (FF) Vösendorf eingesetzt, die alle Hydranten in ihrer Gemeinde erfasst habe, erklärt Labres. Auch die FF Lanzendorf setzt OpenStreetMap als "OpenFireMap" ein.

Google verhalf OpenStreetMap zum Erfolg
2012 war überhaupt das "Jahr der freien Karte". Vor knapp einem Jahr begann Google, Gebühren zu verrechnen, wenn zu viele Anfragen über die Programmierschnittstelle des Kartendienstes Google Maps eingehen. Das "Wikipedia der Karten" wurde daher für Google Maps zunehmend zum Konkurrenten. Nach Foursquare und Apple setzte auch Wikipedia bei seinen Apps auf OpenStreetMap. "OpenStreetMap hat das Rennen gegen die kommerziellen Kartenverlage eindeutig gewonnen. Allerdings bleiben den Verlagen immer noch viele spezielle Nischen, die OpenStreetMap noch lange nicht abdecken wird", meint Helge Fahrnberger, Co-Gründer des Start-ups Toursprung, das selbst Apps und Karten im Netz anbietet, die auf OpenStreetMaps-Daten basieren.

"Viele unserer touristischen Kunden sowie nationale und regionale Tourismusverbände haben die Wichtigkeit der OpenStreetMap erkannt und investieren inzwischen in die Verbesserung der Datenqualität, sei es durch Bewerbung der freien Karte, durch Lobbying für die Freigabe staatlicher Daten oder auch, indem sie einen Praktikanten hinsetzen, der gewisse Lücken schließt", erzählt Fahrnberger. "Der Switch zu OpenStreetMap war ein wichtiger Schritt für uns. Jetzt sind wir in der Lage auch Print-Karten in bis zu 600dpi und Karten für Offline-Nutzung in Apps anzubieten", sagt Fahrnberger. Die meist genutzte Plattform von Toursprung, Bikemap.net, konnte im vergangenen Sommer pro Monat 1,2 Millionen Unique Visitors verzeichnen. Hier gibt es allerdings für Fans der (altbekannten) Google-Bilder zusätzlich die Möglichkeit, auf die Google-Satellitenansicht umzuschalten.

Mit OpenStreetMap-Daten lassen sich jedoch neben Hydranten-Karten für die Feuerwehr, Rad- und Wanderkarten viele weitere Anwendungen umsetzen. "Wir entwickeln gerade für das Bundesland Niedersachsen einen auf OpenStreetMap basierenden Radrouting-Algorithmus. Dieser wird in ganz Europa funktionieren, der Launchtermin ist Anfang März", erzählt Fahrnberger. Der Einsatz der Millionen OpenStreet-Map Nutzer, die sich freiwillig an dem Kartenprojekt beteiligt, zahlt sich angesichts der zahlreichen Ideen, was man damit anstellen kann, aus.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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