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Österreich

Provider suchen Ausweg aus Dilemma um Netzsperren

„Wir sind eigentlich für das Löschen von urheberrechtsverletzenden Inhalten und gegen Netzsperren“, sagt Maximilian Schubert, Generalsekretär der ISPA. Trotzdem hat der Providerverband in den letzten Monaten eine Studie erarbeiten lassen, die nach Lösungen beim heiklen Thema Netzsperren in Österreich sucht.

Lose-Lose-Situation

Die aktuelle Situation ist nämlich derzeit für die Provider mehr als unbefriedigend: Sie bekommen von Rechteinhabern wie dem Verein für Antipiraterie (VAP) oder der IFPI regelmäßig Abmahnschreiben, worin sie aufgefordert werden, den Zugang zu bestimmten Websites zu sperren. Die Begründung: Auf den Websites befindet sich urheberrechtsverletzendes Material. Begründet wird dieses Vorgehen mit einem OGH-Urteil aus dem Jahr 2014, das seither von den Rechteinhabern als Grundlage für ihre Abmahnschreiben herangezogen wird.

Gleichzeitig gibt es seit Mai 2016 aber eine neue Telekomverordnung, die es Providern untersagt, Netzsperren „ohne zu Grunde liegende staatliche Rechtsakte“ einzurichten. Ergo: Egal, wie es Provider angehen, sie sitzen zwischen den Fronten. Sperren sie Websites ausschließlich aufgrund des Abmahnbriefes der Rechteverwerter verstoßen sie gegen die Telekomverordnung, sperren sie die Websites jedoch nicht, werden sie von den Rechteverwertern gerichtlich verklagt. Derartige Verfahren sind oft langwierig und teuer.

Zentrale Clearingstelle

Der Providerverband ISPA will da nicht mehr länger zusehen und schlägt nun eine zentrale Clearingstelle vor, die inhaltlich über Netzsperren im Zusammenhang mit Urheberrechtsverletzungen urteilen soll. Das Research Institute in Wien hat nun unter Leitung des Rechtsexperten Christoph Tschohl untersucht, unter welchen Voraussetzungen eine derartige Stelle zur Verbesserung der aktuellen Situation beitragen könnte.

Tschohl fokussiert in der Studie (PDF) auf die Idee einer zentralen „Clearingstelle“ zur Gewährleistung eines Interessensausgleiches zwischen Urheberrecht einerseits und Informations- sowie Meinungsfreiheit andererseits. Seiner Ansicht nach wäre eine zentrale Clearingstelle für Provider, Nutzer und Rechteinhaber besser als der jetzige Status quo. Umgesetzt sollen demnach zudem nur DNS-Sperren. Die Rechteverwerter fordern allerdings seit Jahren auch IP-Sperren.

Angesiedelt könnte so eine „Clearingstelle“ etwa bei der Telekom-Control-Kommission (TKK), da sie sowohl eine rechtssprechende Tätigkeit ausübt, als auch über die notwendigen rechtlichen und technischen Kompetenzen verfügt. In der Studie vorgesehen ist auch eine zeitliche Befristung der Sperren, damit ein sogenannter „Sperrfriedhof“ verhindert wird.

Transparenzbericht

Zudem soll ein jährlich öffentlicher Bericht über Anzahl und Umfang der Sperren sorgen. Derzeit weiß man gar nicht, welche Seiten von welchem Provider aufgrund welcher Rechtsgrundlage gesperrt werden. Dies wäre also auf jeden Fall eine Verbesserung zur aktuellen Situation. Erst im Dezember kam es zur Umsetzung neuer Netzsperren. Die beiden Internetportale kinox.tv und movie4k.tv werden seither von einigen österreichischen Providern blockiert.

Um eine derartige „Clearingstelle“ umzusetzen, müssten allerdings gleich mehrere Gesetze geändert werden. Es bleibt daher abzuwarten, wie die jeweiligen Ministerien auf den Vorschlag des Providerverbands reagieren. Zudem bleibt die Gefahr bestehen, dass Netzsperren durch die Schaffung einer eigenen "Clearingstelle" legitimiert werden - und sie eines Tages auch für andere Zwecke (wie etwa zum Sperren von Hasspostings) eingesetzt werden könnten.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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