re:publica: "Das Netz ist ein öffentliches Gut"
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Denn wenn gedrosselt werde, könnten auch Websites von Politikern nur noch gegen Geld abgerufen werden, so der Netzaktivist, der sich mit der Digitalen Gesellschaft für die gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität in Deutschland einsetzt. In Deutschland sei die Debatte über die Gleichbehandlung aller Daten und Dienste im Internet immer sehr technisch diskutiert worden, meinte Beckedahl. Nun werde sie konkret.
"Sehr einfache Idee"
Hinter der Netzneutralität stehe eine sehr einfache Idee, sagte Ben Scott, früherer Berater von Ex-US-Außenministerin Hillary Clinton und Mitgründer der Initiative Save The Internet, die sich in den USA seit Jahren für ein offenes Internet einsetzt. Es gehe darum, dass sich jeder Internet-Nutzer jederzeit mit jedem anderen Nutzer verbinden und alle Inhalte im Netz abrufen könne, ohne dass in die Verbindung eingegriffen werde.
"Das erwarten wir uns auch, wenn wir das Netz nutzen", sagte Scott. Dieses End-to-End-Prinzip sei eine Grundlage des Internet und fest in der Architektur des Netzes verankert.
Öffentliches Gut oder kommerzieller Dienst?
Im Zentrum der Debatte über die Netzneutralität stehe die Frage, ob das Internet als öffentliches Gut oder als kommerzieller Dienst gesehen werde, meinte Scott. Betrachte man das Netz als kommerziellen Dienst, dann gäbe es auch keinen Grund, Unternehmen daran zu hindern, Datenpakete bevorzugt zu behandeln. Sehe man das Internet aber als öffentliches Gut, müsse es gesetzliche Regulierungen zu dessen Schutz geben. Letztlich gehe es um die Frage, wer warum kontrolliert, wie offen und geschlossen das Internet sei.
Wenn man die Offenheit des Netzes aufgrund von Geschäftsmodellen von Internet-Anbietern in Frage stelle, werde das Internet als öffentliches Gut bald der Vergangenheit angehören. Das Netz sei die Infrastruktur der Informationsgesellschaft, sagte Scott und dürfe nicht den Geschäftsmodellen von Betreibern geopfert werden. "Was für Unternehmen gut ist, ist für die Öffentlichkeit auf lange Sicht schlecht."
"Unsicherheit weder für Unternehmen noch für Bürger gut"
Scott sprach sich dafür aus, klare Regeln zur Netzneutralität zu formulieren und gesetzlich festzuschreiben. Die Unsicherheit sei weder für Unternehmen noch für Bürger gut. Konzerne wie Google oder die Deutsche Telekom müssten sich ebenso wie Start-ups darauf verlassen können, dass sich Marktbedingungen nicht ändern. Auch Internet-Nutzer müssten darauf vertrauen können, dass die Regeln gleich bleiben.
"Es braucht starke Regulierungsbehörden"
Sie sei über das Vorgehen der Deutschen Telekom nicht überrascht, sagte Hannah Seiffert vom Verband der deutschen Internetwirtschaft eco. Über solche Schritte werde seit Jahren diskutiert. Wolle man die Netzneutralität sichern, brauche es starke Regulierungsbehörden. Das EU-Telekompaket sehe vor, dass nationale Regulierer über Verordnungen die Qualität von Diensten festlegen könnten.
Es gehe auch darum, wie die Internet-Anbieter mit ihrer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft umgehen, meinte Scott. Die Politik sollte Unternehmen, die bei ihren Geschäftsmodellen auf die Verknappung von Ressourcen setzen auf die Finger klopfen. Dies sei nicht im Interesse des Landes. Es sollte vielmehr darüber diskutiert werden, wie eine Infrastruktur geschaffen werden könne, die den Anforderungen der Informationsgesellschaft gerecht werde.
Die EU würde Fördermittel kappen und auch von der deutschen Bundesregierung gäbe es keine wirklichen Investitionen, sagte Seiffert. "Letztlich ist es eine politische Entscheidung, ob wir das Internet als öffentliches Gut betrachten und möchten, dass die Gesellschaft digital wird."
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