re:publica: "Kondome" fürs Internet und Asyl für Snowden
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Zum Auftakt der diesjährigen, mittlerweile achten Auflage der Internetkonferenz re:publica in Berlin wurde unter dem Motto “Into the wild” wie zu erwarten kräftig gegen die massenhafte Überwachung getrommelt. “Wie können wir den Geheimdiensten das Netz wieder entreißen”, fragt Mitorganisator Markus Beckedahl in seiner Willkommensrede. Man dürfe sich jedenfalls nicht geschlagen geben. “Lasst uns das Netz gemeinsam zurück erkämpfen”, so Beckedahl, der angesichts der NSA-Affäre ausdrücklich die netzpolitischen Themen auf der Konferenz betonte. Über 70 Vorträge gibt es in diesem Jahr allein zu diesem Schwerpunkt.
Insgesamt werden auf der Konferenz heuer rund 350 Vorträge gehalten, erstmals wird die Veranstaltung gemeinsam mit der Media Convention abgehalten, die sich mit der Zukunft der Medien beschäftigt. 6.000 Besucher zählt die re:publica in diesem Jahr, längst hat sie sich als die wichtigste Internetkonferenz in Europa etabliert.
Asyl für Snowden gefordert
Die Organisatoren der re:publica fordern Solidarität mit sowie politisches Asyl für Aufdecker Edward Snowden, das diesem seitens der deutschen Bundesregierung, aber auch vieler anderer Staaten, bis dato verwehrt wird. WikiLeaks-Aktivistin Sarah Harrison stimmte in den Tenor ein, für sie ist diese Verweigerung auf die Dominanz der USA auf der internationalen politischen Bühne zurückzuführen. Man müsse etwas gegen diese Vormachtstellung unternehmen und endlich aufstehen.
Solidarität spricht man auf der re:publica aber auch all jenen Menschen aus, die in vielen Ländern in ihrer Meinungsfreiheit eingeschränkt werden oder aufgrund ihres Aktivismus inhaftiert sind. Die Veranstalter geben konkrete Beispiele aus Ländern wie Vietnam, Syrien, Äthiopien und China. Sie rufen dazu auf, Petionen zu unterzeichnen, die eine Freilassung der Betroffenen erwirken sollen.
Aktivismus mit Humor
Die Medienaktivisten "The Yes Men", die für ihren Humor bekannt sind, zeigen vor, wie man Menschen von “etwas Gutem” überzeugen kann. Sie berichten von einer Homeland-Security-Konferenz in den USA, die sie unterwandert und zu einem Appell für erneuerbare Energien genutzt haben. Ihr Fazit: “Auch die von der dunklen Seite sind vom Guten zu überzeugen.”
"Kondome" für das Netz
Auch der Aktivist und Journalist Jacob Appelbaum und Jillian York von der Electronic Frontier Foundation appellieren an die Menschen, sich aktiv zur Wehr zu setzen. In ihrem Talk zum Thema Verschlüsselung verweisen sie darauf, dass das Thema noch bei viel zu wenigen Menschen ankommt bzw. ernst genommen wird. Es werde nicht genug dafür getan, die Wichtigkeit von Verschlüsselungstechnologien in das Bewusstsein der Internetnutzer zu rufen. “Es ist ein sehr schwieriges, komplexes Thema, das besser veranschaulicht werden muss”, sagt Appelbaum.
Der Titel der Keynote ist nicht zufällig gewählt: “Let’s talk about sex, baby. Let’s talk about PGP” zieht bewusst den Vergleich mit Epidemien wie Aids und möglichen Schutzmaßnahmen wie Kondomen. In punkto Überwachung habe man es ebenso mit einer Epidemie zu tun, gegen die man sich ganz selbstverständlich schützen müsse, so Appelbaum und York. Ähnlich wie David Hasselhoff, der als Kampagnenbotschafter für F-Secure auf die re:publica gekommen ist, sind sich auch Appelbaum und York einig: “Jeder hat etwas zu verbergen” - und sei es nur, dass man sich wohl kaum vor versammelter Menschenmenge die Hose ausziehen würde.
Wichtig sei, dass jeder selbst aktiv werde und Verschlüsselungstools wie TOR oder PGP einsetze und dass dies in der breiten Masse etabliert werde. “Was nützt mir ein verschlüsseltes Smartphone, wenn sonst keiner eines hat. Wen soll ich dann mit dem Cryptohandy anrufen”, so Appelbaum.
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