© Martin Gnedt, Kurier

Nach NSA-Skandal

SAP-Chef warnt vor IT-Abschottung Europas

"Ein Zusammenschluss einiger europäischer IT-Unternehmen mit dem Ziel, sich vom Weltmarkt abzugrenzen, macht überhaupt keinen Sinn", sagte Co-Vorstandschef Jim Hagemann Snabe am Mittwoch.

Weniger Innovation

"Die Idee eines staatlich verordneten europäischen IT-Champions ist von vornherein zum Scheitern verurteilt." Dies führe nur zu weniger Wettbewerb, Innovation und Wachstum in der global ausgerichteten Branche. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel und die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hatten als Konsequenz aus der Ausspäh-Affäre um den US-Geheimdienst NSA gefordert, die Kräfte in Europas IT-Industrie nach dem Vorbild des Flugzeugbauers Airbus zu bündeln.

Durch die Stärkung der IT-Anbieter in Europa soll die Abhängigkeit von Konzernen in den USA oder China verringert werden, die einem weniger strengen Datenschutz unterliegen. Die US-IT-Branche befürchtet bereits Einbußen wegen der Debatte. Doch nach Ansicht von Hagemann Snabe ist die Branche mit ihren nur wenigen großen, aber vielen kleinen Firmen nicht dazu geeignet, mit Hilfe der Politik einen europäischen Champion als Konkurrenz zu Microsoft, Cisco oder Google aufzubauen. Europa sollte vielmehr weiter auf offenen Wettbewerb setzen.

"Momentane Debatte hilft SAP"

SAP gehört zu den weltweit führenden Anbietern von "Cloud"-Diensten, die Firmen gegen Miete über ihre Server Software nutzen oder Daten speichern lassen. Das Geschäft wächst rasant - vor allem in den USA. Die strengen Datenschutz-Vorschriften des Heimatlandes Deutschland verschaffen SAP nach den Worten von Hagemann Snabe angesichts der NSA-Affäre zwar einen enormen Wettbewerbsvorteil. "Die momentane Debatte hilft SAP", sagte er. So haben die amerikanischen Sicherheitsbehörden leichter Zugriff auf geschützte Daten als die deutschen.

Doch offensiv werben will der global aufgestellte Konzern mit dem Standortvorteil gegenüber Wettbewerbern in den USA aus Rücksicht auf sein internationales Publikum nicht. Denn der für deutsche Kunden enorm wichtige Datenschutz steht für viele Amerikaner hinter dem Schutz vor Terrorgefahr zurück, auch wenn dazu Überwachung von Internet und Datendiensten notwendig ist.

Für einheitliche Datenschutz-Regeln

Handlungsbedarf sieht Hagemann Snabe dagegen bei der Regulierung. Klare internationale Rahmenbedingungen seien nötig, damit Unternehmen und Verbraucher Vertrauen in die Technologien gewännen. "Einheitliche Standards für den Datenschutz sind dabei extrem wichtig", sagte Snabe. Dies gelte für die EU wie für die USA. Das Nebeneinander verschiedener nationaler Datenschutzregeln verursache zusätzliche Kosten, die vor allem kleinere Unternehmen von grenzüberschreitenden Geschäften fern halte. Die unterschiedliche Regulierung bremse das Wachstum. "Deshalb unterstützt die SAP einen voll funktionsfähigen einheitlichen Markt für Cloud Computing mit hohem Datenschutzstandard - in Europa ebenso wie weltweit", erklärte der noch bis Mitte 2014 amtierende SAP-Co-Chef.

Ein weiterer Hebel, um die IT-Branche in Europa zu stärken, sei die staatliche Förderung von Innovationen. "Dabei geht es nicht nur um Innovationen in der IT-Branche, sondern um IT als Grundlage für Innovation in allen Industrien", ergänzte Snabe. Unternehmensgründungen in Europa müssten vereinfacht, und es müsse mehr in die Ausbildung investiert werden. "Das Silicon Valley in den USA ist klar ein Vorbild."

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