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Österreich 2020

"Social Networks ignorieren geltende Gesetze"

Facebook, Twitter und YouTube gehören für die junge Generation heute zum Alltag. Dass die sozialen Medien sowohl Chancen mit sich bringen als auch Gefahren steht ebenfalls außer Zweifel. Die Frage für die Zukunft lautet eher, wie diese Gefahren minimiert werden können und man den richtigen Umgang mit Online-Plattformen lernt.

"Noch stehen wir vor dem Problem, dass zwar erhoben wird, wie viele "ungeeignete Inhalte" Kinder in sozialen Netzwerken gesehen haben, meist aber außer Acht gelassen wird, welche Auswirkungen das dann auf sie hatte", so Bernhard Jungwirth, Geschäftsführer des ÖIAT und Projektleiter der Initiative Safer Internet, im Rahmen der Diskussionsveranstaltung. Generell gelte: Risiken gibt es überall. Es gehe im Netz, wie auch sonst, um die Frage, wie man richtig damit umgeht. "Man muss nun einmal bedenken, dass soziale Netzwerke aus ihrer Natur heraus, das Preisgeben von Daten erfordern. Wir befinden uns hier in dem ewigen Spannungsfeld von Schutz der Privatsphäre und Informationsfreiheit", meinte Jungwirth und verwies auf die Notwendigkeit, die Medienkompetenz von Jugendlichen zu fördern.

Die Verantwortung der Anbieter

Die Nutzer allein in die Pflicht zu nehmen, greife natürlich zu kurz, auch darüber herrscht Einigkeit. Auf Anbieterseite müssten in Zukunft grundlegende Dinge beachtet werden: Etwa schon bei der Entwicklung einer Plattform bestimmte Grundsätze zu berücksichtigen oder anstelle von voreingestellten Funktionen (Opt-out), die Aktivierung den Nutzern selbst zu überlassen (Opt-in), so Jungwirth.

Klare Worte fand Johann Maier, SPÖ-Abgeordneter und Vorsitzender des Datenschutzrates. "Viele Internetdienste haben Datenschutzbestimmungen lange Zeit bewusst ignoriert. Viele Nutzungsbedingungen und AGB widersprechen schlichtweg geltenden europäischen Gesetzen." Außerdem gebe es einen Mangel an Transparenz, die meisten Nutzer seien mit den kompliziert formulierten Texten in den Nutzungsbedingungen überfordert. "Immerhin ist aber zu beobachten, dass sich die Nutzer die Vorgehensweise der Anbieter nicht mehr einfach so gefallen lassen. Immer mehr gehen vor Gericht, etwa wenn ungefragt Daten an Dritte weitergegeben werden", so Maier weiter.

Derzeit wird auf europäischer Ebene über neue Datenschutzbestimmungen diskutiert. "Es geht hier ganz umfassend um die digitalen Rechte der Verbraucher. Es gilt Gesetze zu schaffen, die auch auf globaler Ebene durchgesetzt werden können", erklärte der Datenschutzbeauftragte. Soziale Netzwerk seien jedenfalls nicht sozial, sondern repräsentierten wirtschaftliche Unternehmen, die kapitalistisch agieren, so Maier.

"Netzwerke sind weder gut noch böse"

Medienwissenschaftlerin Jana Herwig verwies in der Runde auf gängige Missverständnisse und Generationsklüfte im Zusammenhang mit den sozialen Medien. Dass Medienrevolutionen ausgerufen werden, sei in der Geschichte nichts neues. "Auch das vermeintliche Suchtpotenzial, das derzeit insbesondere den Social Networks nachgesagt wird, wurde in ganz ähnlicher Form auch mit anderen Medien in Verbindung gebracht. Das gab es bei Zeitungen, beim Roman ebenso wie beim Fernsehen." Darüber hinaus ist Herwig überzeugt, dass sich in Zukunft nicht nur kommerzielle Plattformen durchsetzen werden. Einen neuen Akzent habe zum Beispiel Diaspora gesetzt, das auf eine andere Form der Netzwerke setze, bei denen die Nutzer auch ihre eigenen Strukturen aufbauen können.

Für Wolfgang Krammer, Prozessmanager im Landeskriminalamt der BPD Wien, zeigen sich die sozialen Netzwerke in janusköpfiger Gestalt. "Einerseits können sie einen Beitrag zur Demokratisierung leisten, wie globale Entwicklungen gezeigt haben, andererseits gibt es natürlich jede Menge Gefahren, etwa was den Umgang mit persönlichen Daten betrifft." Zudem könne es zur Entstehung von Parallelwelten kommen, "wenn wir die Netzwerke nicht als das anerkennen, was sie sind, nämlich Realität", so Krammer. Er appelliert an die persönliche Kritikfähigkeit der Menschen: "Soziale Netzwerke an sich sind weder gut noch böse, es kommt nur darauf an, was wir damit machen."

Politik muss reagieren

Dass auch politische Parteien heute nicht mehr um das Thema herum kommen und selbst in Netzwerken vertreten sind bzw. sein müssen, demonstrierte die SPÖ-Abgeordnete Elisabeth Hakel, die selbst auf Facebook und Twitter aktiv ist. "Es kommt aber darauf an, was wir als politische Vertreter in diesen Netzwerken machen und wie wir sie richtig einsetzen", betonte Hakel. Auf der anderen Seite stehe die Politik natürlich in der Pflicht auf die aktuellen Entwicklungen zu reagieren und gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine kritische Medienkompetenz fördern.

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(Claudia Zettel)


Politiker und Experten diskutierten über Chancen und Risiken sozialer Netzwerke

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Claudia Zettel

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futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

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