Start für Hacker-Treffen #33C3 in Hamburg: "Works for me"
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Rund 12.000 Hacker und Netzaktivisten werden die nächsten vier Tage in Hamburg erwartet. Eröffnet wurde der Kongress von Anna Biselli von Netzpolitik.org und der Open Knowledge Foundation. Das News-Portal für digitale Bürgerrechte hat in seinem Jahresrückblick den Ausbau des Überwachungsstaates genauer unter die Lupe genommen, der in diesem Jahr besonders stark an Boden gewonnen hat. Selbst netzpolitik.org zeigte sich laut eigenen Angaben erschreckt davon, dass 2016 fast keine Woche vergangen war, ohne dass eine neue Überwachungsbefugnis in einem EU-Land auf Schiene gebracht worden war oder in der Schublade liegt und darauf wartet, im nächsten Jahr beschlossen zu werden.
Motto: "Works for me"
Exzessive Überwachung werde zudem als „politisch normal“ dargestellt, vor allem für die, die „anders, ungreifbar und fremd“ sind, so der Chaos Computer Club (CCC) bei der Erklärung für sein diesjähriges Congress-Motto „Works for me“. Alle, die Software programmieren, kennen diesen Spruch nur zu gut. Bei Entwicklern funktioniert die Software, die sie programmiert haben, nämlich meistens, während andere Menschen von technischen Problemen betroffen sind. „Works for me“ ist dann der Spruch, den diese von den Entwicklern als Antwort auf ihre Probleme zu hören bekommen. "Das gibt es aber auch im gesamtgesellschaftlichen Bereich, wo viele Menschen wissen, dass es Probleme gibt. Wenn alle so denken, dass es sie nicht betrifft, werden wir uns immer weiter abspalten, werden immer mehr Keile hinein treiben. Diese Unzufriedenheit führt dazu, dass viele das Gesellschaftssystem grundscheiße finden", sagt Linus Neumann, Pressesprecher des Chaos Computer Club (CCC) gegenüber der futurezone.
Drohnenkrieg
Für aktuelle politische Brisanz beim weltweit größten nicht-kommerzielle Hackertreffen des CCC in Hamburg ist aber nicht nur durch die Beleuchtung der Überwachungsgesetze gesorgt. Der Vortrag von Cian Westermoreland von der US Air Force drehte sich um Drohnenschwärme für den vernetzten Krieg und die Infrastruktur und Menschen hinter der Ermordung von Menschen durch Drohnen. Westermoreland kritisierte, dass hinter den Tötungen oftmals keine Einzelentscheidungen stecken, sondern diese von automatisierten Systemen übernommen werden, in denen einzelne Menschen gar nichts mehr zu sagen haben. Das sei ethisch zu überdenken, so Westermoreland.
Die nächste Generation der Drohnen soll zudem nicht nur töten, sondern auch tarnen und täuschen. Vorausfliegende kleine Drohnenschwärme sollen angreifende Flottenverbände tarnen, in dem feindliche Radars durch Störsignale geblendet werden. Der Aufgabenbereich soll von gezielten Tötungen also bewusst erweitert werden.
Fintech-Hack
Im Vorfeld bekannt wurde etwa ein Hack des Sicherheitsforschers Vincent Haupert. Ihm war es gelungen, über die App des Fintechs N26 Überweisungen zu manipulieren, ganze Accounts zu übernehmen, damit alle möglichen Transaktionen auszuführen. Die Sicherheitslücke wurde von N26 mittlerweile beseitigt. Haupert geht es in seinem Vortrag mit dem Titel "Shut up and take my money" auch vor allem darum, aufzuzeigen, dass es jungen Start-ups vor allem um eine hübsche Bedienungsoberfläche ihrer Produkte gehe und weniger häufig um Security.
Neben Netzpolitik und Sicherheitsthemen – gehackt werden FinTechs, Spielkonsolen, Online-Buchungssysteme oder Smart Cities – gibt es mit dem Bereich „Weltraum“ einen neuen, zusätzlichen Schwerpunkt. Jan Wörner, Generaldirektor der European Space Agency ESA wird etwa einen Vortrag halten zum Thema „Der Mond und die europäische Weltraum-Erforschung“, Markus Landgraf von der ESA erzählt darüber, warum es so schwer ist, zum Mond zu gelangen und der Astrophysiker Peter Buschkamp spricht über „Lasers in the sky“.
Streams und Wiki
Mehr als 200 Einzelsprecher und Gruppen präsentieren ihre Projekte in Vorträgen und Workshops. Die Veranstaltung ist seit Wochen ausverkauft. Die Streams aller Vorträge, die aufgezeichnet werden, sind unter https://streaming.media.ccc.de/ erreichbar, alle Aufzeichnungen unter https://media.ccc.de/c/33c3 abrufbar. Für Congress-Besucher gibt es zudem eigene Apps, in denen sie sich das Programm speichern und sich per Push-Nachricht an ihre favorisierten Vorträge erinnern lassen können.
Für Congress-Besucher gibt es neben den zahlreichen Vorträgen aber auch sogenannte „selbstorganisierte Sessions“ und Workshops, die von Teilnehmern organisiert werden und die in einem eigenen Wiki gesammelt sind. Dazu zählen etwa Löt-Workshops, 3D-Druck für Anfänger, Treffen für Roman-Schreiberlinge, GPG Schlüsselverteilung, Space Hacking oder den ersten Schritten zum Brauen von Bier.
Dann gibt es auch noch die sogenannten „Assemblies“, wo Gruppen von Hackerspaces oder anderen Organisationen zusammen kommen können, um gemeinsam an Projekten und Ideen zu arbeiten. Das Motto hier lautet: „Bringt euer Spielzeug, arbeitet an Projekten, habt Spaß und lasst andere daran teilhaben, an dem, was ihr tut!“
Eigenes Telefonnetz
Auch dieses Jahr gibt es für Congress-Besucher wieder das kongresseigene DECT- und GSM-Telefonnetz. Über diverse Klappen lassen sich beispielsweise das medizinische feuertechnische Notfallteam Cert (112) oder das Security-Team (110) erreichen. Unter der Klappe 113 gibt es ein eigenes „Awareness“-Team, das auf Probleme spezialisiert ist, die entstehen, wenn Menschen persönliche Grenzen überschreiten.
Der Congress findet vorläufig zum letzten Mal in den alten Räumlichkeiten statt, bevor das CCH ab dem Jänner 2017 revitalisiert wird. Nicht ohne Wehmut verabschiedet sich die europäische Hackerszene mit dem #33c3 fürs Erste vom CCH. „Einem Ort, an dem wir uns in den letzten Jahren zuhause fühlen durften und der uns in jeder Hinsicht eine hackerkompatible Umgebung bot“, wie es der Chaos Computer Club selbst nennt.
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