Netzpolitik

Strom abgedreht, weil Smart-Meter-Einbau verweigert wurde

Im Burgenland wurde Anfang des Jahres einer Kundin der Strom abgedreht, weil sie sich keinen neuen digitalen Zähler installieren lassen will. Das geht aus einem Bericht der Initiative „Stop Smart Meter“ (PDF) hervor. Der alte, mechanische Ferraris-Zähler sei eichfällig gewesen und deshalb habe der Netzbetreiber die Kundin darüber informiert, das der Stromzähler ausgetauscht werden muss. Die Kundin sollte daraufhin einen digitalen Zähler bekommen, wie es das Gesetz derzeit vorsieht.

Bis 2020 müssen mindestens 80 Prozent der österreichischen Stromkunden neue, digitale Stromzähler bekommen. Bei Eichfälligkeit werden analoge, mechanische Stromzähler durch elektronische Zähler ersetzt, die bidirektional kommunizieren und digitale Daten empfangen und senden können. Man nennt diese Zähler auch „Smart Meter“, weil sie Verbrauchswerte im 15-Minuten-Intervall auslesen können. Der Standard-Zähler liest die Daten einmal pro Tag aus. Diese Funktion kann man allerdings mit einem schriftlichen Schreiben beim Netzbetreiber ablehnen. Hierfür gibt es ein „Opt-Out“-Recht.

Will keinen Smart Meter

Die betroffene Kundin im Burgenland geht jedoch noch weiter: Sie möchte unbedingt ihren mechanischen Stromzähler behalten und lehnt daher den Einbau eines Smart Meters komplett ab.  Sie verweigerte daher den Monteuren, die vor ihrer Tür standen, den Einbau des neuen Zählers. „Ich habe mich bereit erklärt, den vorhanden Ferraris-Zähler gegen einen geeichten Ferraris-Zähler oder einen Zähler ohne Fernzugriff austauschen zu lassen“, sagte sie laut dem Bericht der Initiative „Stop Smart Meter“.

Nach vielen Schreiben durch Anwälte und mehreren Monteur-Besuchen wurde der Kundin letztendlich am 7.1. 2019 der Strom abgedreht. Der Termin war besonders ungünstig gewählt: Davor hatte der Anwalt der Kundin dem Netzbetreiber nämlich noch mitgeteilt, dass er bis zu diesem Datum auf Urlaub sei und erst danach wieder erreichbar. Der zuständige Netzbetreiber sieht sich in vollem Recht: „Wir sind gesetzlich verpflichtet, nur Messgeräte einzusetzen, die dem Maß- und Eichgesetz entsprechen“, heißt es seitens der Netz Burgenland gegenüber futurezone.at. Ende Jänner soll es aber noch einmal einen gemeinsamen Termin mit der Kundin geben, um die Situation zu klären.

Briefverkehr

Bei der Netz Burgenland spricht man davon, dass es „in Einzelfällen vorkommen kann, dass Kunden den Tausch der Zähler verweigern.“ In so einem Fall würde „mindestens zweimal schriftlich über die gesetzlichen Verpflichtungen per Einschreiben“ aufgeklärt, heißt es. „Sollten alle Maßnahmen nichts bewirken, ist die Netz Burgenland letztlich aufgrund der Rechtsgrundlage gezwungen, die Netzdienstleistungen spätestens mit Ablauf der Nacheichfrist auszusetzen, das heißt, die physische Trennung der Netzverbindung vorzunehmen.“ Die Stromversorgung werde „unverzüglich wiederhergestellt, sobald ein geeichter, digitaler Stromzähler eingebaut wurde“, heißt es seitens des Netzbetreibers.

Dies will die Kundin im Burgenland jedoch weiterhin nicht. Laut „Kronen Zeitung“ gibt sie sich kämpferisch: „Ich kann auch noch länger ohne Strom überleben. Mein Schwedenofen und die Unterstützung von Freunden halten mich warm“, wird die Frau zitiert. Der Anwalt der Frau argumentierte gegenüber dem Netzbetreiber, dass die „Stromversorgung ein lebenswichtiges Gut darstelle und es gesetzeswidrig wäre, wenn sie diesen abstellen.“

Kein Recht auf Grundversorgung

Diese Rechtsansicht wird von der zuständigen Regulierungsbehörde E-Control nicht geteilt. Wenn Kunden ihren „vertraglichen Verpflichtungen“ nicht nachkommen und den Tausch des Stromzählers verweigern, gibt es kein Recht auf eine Grundversorgung. Dies bestätigt die E-Control im Gespräch mit futurezone.at.

„Das Abdrehen von Strom ist gerechtfertigt. Wenn ein Kunde den Zugang zum Zähler verweigert, ist das Vertragsbruch. Es hat außerdem etwas mit der Netzsicherheit zu tun, wenn die Geräte nicht mehr geeicht sind hat das sicherheitstechnische Auswirkungen“, erklärt Leo Kammerdiener von der E-Control.

Der Burgenländischen Kundin rät Kammerdiener zu einem Streitschlichtungsverfahren. Allerdings gebe es nicht nur kein Recht auf eine Grundversorgung, sondern auch kein Recht auf einen Ferraris-Zähler. „Die Kundin glaubt dies vielleicht, aber dieses Recht gibt es nicht“, so Kammerdiener.

Das zuständige Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus will zu dem konkreten Fall keine Stellungnahme abgeben, „ohne die Sachverhalte im Detail zu kennen“. Grundsätzlich sei im Fall von Vertragsverletzungen die Abschaltung des Stroms nur „nach Durchführung eines mehrstufigen Mahnverfahrens möglich“.

Keine Ausnahmen

Generell stellt sich nun nicht nur die Frage, ob das Vorgehen der Netzbetreiber rechtens ist, sondern auch die ethische Frage, ob man Kunden wirklich im Winter bei Minusgraden den Strom abdreht. Der Fall im Burgenland ist zudem nicht der erste, bei dem es bei einer Ablehnung von einem Smart Meter wirklich zum Äußersten kommt: In Oberösterreich hat eine Familie freiwillig den Netzvertrag gekündigt, weil sie keinen Smart Meter bekommen möchte. Auch sie bemängelt, dass es bei Zählern keine „Wahlfreiheit“ gebe.

Warum es keine Ausnahmen gibt, obwohl die bisherige Opt-Out-Rate von Smart Metern bei unter einem Prozent liegt, argumentiert ein Netzbetreiber aus Oberösterreich: „Einzelne Wünsche, was den Zählerwechsel betrifft, haben wir bis dato immer zurückgewiesen. Im Sinne der Gleichbehandlung und um das Gesamtprojekt nicht zu gefährden, ersuchen wir um Verständnis dafür, dass wir auch künftig dabei bleiben müssen und werden.“

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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