© Martin Gnedt

Arge R.U.S.Z

Technik mit gutem Gewissen

Etwas versteckt in einem großen Hinterhof im 14. Wiener Gemeindebezirk findet man den Eingang zum "Reparatur- und Service-Zentrum" einem Verein zur Förderung der Sozialwirtschaft. Schon beim Eintreten ist klar, worum es hier geht: Gebrauchtgeräte überall - links stehen Waschmaschinen, rechts schweift der Blick über alte Radios, die auf der Stelle ein Gefühl von Nostalgie wecken. Hier kann man Technik jeglicher Art reparieren lassen oder Secondhand-Ware kaufen.

An dem Verkaufsraum knüpfen an beiden Seiten große "Recycling-Hallen" an, wo sich in Regalen Hunderte Geräte stapeln und die Mitarbeiter den Reparaturarbeiten nachgehen.
"Uns gibt es seit 1998. Gestartet sind wir damals mit zwölf Leuten", erzählt Sepp Eisenriegler, Chef und Gründer der Arge R.U.S.Z, die derzeit 40 Mitarbeiter beschäftigt - allesamt Menschen, die in der Regel auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt werden. Langzeitarbeitslose bekommen hier ebenso die Chance auf einen vollwertigen Arbeitsplatz wie Menschen mit Behinderung. "Bei uns arbeiten Leute aus allen Altersschichten. Besonders erfreulich ist auch, dass der Frauenanteil kontinuierlich steigt", sagt Eisenriegler.

Qualität zählt
Mit R.U.S.Z verfolgt der Visionär seit zwölf Jahren die Prinzipien "Ökologisch", "Ökonomisch" und "Sozial". Eisenriegler hält es für geradezu unverantwortlich, dass heute der Trend gilt, sich jedes Jahr ein neues Handy kaufen zu müssen, selbst wenn das alte noch einwandfrei funktioniert. "Für mich zählt Qualität, ich muss nicht jeder Mode hinterherhetzen. Wenn ich etwas neu kaufe, orientiere ich mich daran, ob und wofür ich es tatsächlich brauche." Er greift in die Jackentasche und legt sein Handy auf den Schreibtisch - ein Sony-Ericsson-Modell, das schon sieben Jahre auf dem Buckel hat. "Touchscreens sind ja schön und gut, aber man muss sich einmal vorstellen, wie Ressourcen-fressend sie in der Herstellung sind."

Soziales und nachhaltiges Denken beweist Eisenriegler auch, wenn es um seine Kunden geht. Menschen mit niedrigem Einkommen, aber auch jene, die sich bewusst für ein ökologisches Leben entscheiden, sind die Zielgruppe von R.U.S.Z. "Wir richten uns natürlich an alle Menschen, wollen aber insbesondere sozial Schwächeren die Möglichkeit bieten, bestimmte Grundbedürfnisse zu befriedigen."
Secondhand-Geräte gibt es zu unterschiedlichen Preisen, je nachdem, wie gut sie in Schuss sind. Waschmaschinen sind durchschnittlich für 300 Euro, Röhrenfernseher für 70 Euro und Videorecorder um 40 Euro zu haben.

Immer neue Ideen
2010 wurden auch zwei neue Geschäftsfelder gestartet: ein Haushaltspannendienst und ein Energieberatungsservice. Der Haushalts-pannendienst übernimmt diverse kleinere Reparaturen zu günstigen Preisen. 15 Minuten Arbeitszeit kommen auf 15 Euro. Die Energieberatung kostet normalerweise 90 Euro, für sozial Schwache ist sie aber gratis. Auch Studenten kommt das Servicezentrum entgegen - an der Wiener Uni verteilte man im Herbst zum Beispiel Gutscheine, mit denen Erstsemestrige die Dienstleistungen günstiger in Anspruch nehmen können.

Obwohl Eisenriegler mit R.U.S.Z ein außergewöhnliches Projekt auf die Beine gestellt hat und dafür bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnet wurde, ist für ihn noch lange nicht das Ziel erreicht. Ständig hat er neue Ideen, wie die Welt zu verbessern wäre: Etwa, wie man Arbeitslose wieder in den Beruf holen könnte. R.U.S.Z ist auch in internationale Projekte involviert. Der Verein ist ein Gründungsmitglied des EU-Dachverbandes für Sozialwirtschaft und betreibt auch ein Büro in Brüssel. Dort wird derzeit über eine neue Abfall-Rahmenrichtlinie diskutiert, die im Februar 2011 in Kraft treten soll.

(Claudia Zettel)


Auch Nostalgiegeräte werden repariert

Kabelsalat in den Recycling-Hallen

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Claudia Zettel

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futurezone-Chefredakteurin, Feministin, Musik-Liebhaberin und Katzen-Verehrerin. Im Zweifel für den Zweifel.

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