UK hält Huawei-Risiken bei 5G für kontrollierbar, Samsung wittert Chance
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Dies sagten zwei Personen unter Berufung auf Erkenntnisse des britischen nationalen Cybersicherheitszentrums NCSC der Zeitung (Montagausgabe). Details wurden nicht genannt. Eine Person sagte dem Blatt, diese Schlussfolgerung könne "starkes Gewicht" bei anderen europäischen Ländern haben und ihnen gegebenenfalls als Schablone dienen. US-Geheimdienste werfen Huawei und dem kleineren chinesischen Wettbewerber ZTE vor, Verbindungen zur Regierung in Peking zu pflegen. Sie vermuten, Ausrüstung oder Handys könnten für Spione eine Hintertür öffnen, um an Staats- und Firmengeheimnisse zu gelangen oder kritische Infrastruktur lahmzulegen. Huawei weist dies vehement zurück. Beweise gibt es bisher nicht. Inzwischen haben allerdings mehrere Industriestaaten erklärt, den Einsatz von Huawei-Technik in ihren Märkten einzuschränken.
Die Bundesrepublik Deutschland hat bisher noch keine Entscheidung über den künftigen Umgang mit Huawei getroffen. Bisher arbeiten alle Telekomanbieter in Deutschland mit dem chinesischen Unternehmen zusammen. Das Verkehrsministerium in Wien hat vor kurzem davor gewarnt, dass ein Ausschluss von Huawei vom Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes zum Innovationshemmnis werden könnte. Im November hatte der neuseeländische Geheimdienst dem Telekomanbieter Spark verboten, 5G-Infrastruktur von Huawei einzusetzen. Zugleich zeigte der Nachrichtendienst GCSB Spark Möglichkeiten auf, gegen die Sicherheitsbedenken vorzugehen. Jetzt sei es an Spark, sagte die neuseeländische Ministerpräsidentin Jacinda Ardern am Montag. Neuseeland gehört wie das Vereinigte Königreich und die USA dem Sicherheitsbündnis "Five Eyes" an. In diesem Rahmen würden Informationen geteilt, aber "wir treffen unabhängige Entscheidungen" hinsichtlich des weiteren Umgangs mit Huawei, sagte Ardern. Spark erklärte, in Gesprächen mit dem GCSB zu sein.
Samsung will Huawei ersetzen
Samsung Electronics will Profit aus den Spionagevorwürfen gegen den weltgrößten Netzwerkausrüster Huawei schlagen und sein eigenes Infrastrukturgeschäft ausbauen. Es würden mehr Ressourcen in den Bereich gesteckt, sagten mehrere Firmenvertreter sowie Branchenkenner der Nachrichtenagentur Reuters. Demnach wechseln Manager und andere Angestellte von der schwächelnden Handysparte zur Netzwerk-Tochter. Der Technologiegigant setzt angesichts der weltweiten Schwierigkeiten des Branchenprimus darauf, dass jetzt die Stunde der Südkoreaner schlägt. Den chinesischen Rivalen Huawei beuteln Spionagevorwürfe. In vielen Industriestaaten laufen Anstrengungen, den Anbieter sowie seinen kleineren heimischen Konkurrenten ZTE vom Ausbau des 5G-Netzes auszuschließen. Der neue Mobilfunkstandard, der deutlich schnellere und reibungslosere Übertragungsraten verspricht, wird derzeit erst eingeführt. Beim Vorgängernetz 4G haben die meisten Telekomkonzerne weltweit mit den Chinesen zusammengearbeitet.
"Wir stärken unser Netzwerkgeschäft, um Möglichkeiten in einer Zeit auszuschöpfen, in der Huawei im Mittelpunkt von Sicherheitsbedenken steht", sagte einer der Samsung-Insider. Analyst Kim Young Woo vom Finanzdienstleister SK Securities rechnet damit, dass Samsung noch im laufenden Jahr 1.000 bis 1.500 neue Mitarbeiter einstellt, zusätzlich zu den bestehenden rund 5.000. Denn bisher hinken die Südkoreaner nicht nur Huawei deutlich hinterher, sondern auch den beiden europäischen Anbietern Ericsson und Nokia. In der Branche sind die Bemühungen Samsungs längst aufgefallen. So wird der französische Anbieter Orange, der bisher auf Huawei vertraut, noch in diesem Jahr erste 5G-Tests mit Samsung vornehmen. "Samsung macht im Moment einen großen Vorstoß in Europa", sagte ein Industrievertreter.
Weltweiter Konkurrenzkampf
Dabei konzentriert sich Samsung nicht nur auf Europa, sondern ist auch in Indien auf der Suche nach neuen Kunden. So ist die Firma in Gesprächen mit dem Anbieter Reliance Jio, Hauptzulieferer für den 5G-Aufbau zu werden. Unter Dach und Fach sind bereits 5G-Verträge mit den Telekomfirmen AT&T, Verizon und Sprint. Im Gegensatz zu Huawei und den Europäern liefert Samsung häufig jedoch nur einige Bestandteile. Den Marktbeobachtern von Dell'Oro zufolge stammen lediglich drei Prozent der weltweiten Telekom-Infrastruktur von Samsung, während Huawei 28 Prozent stellt. Dem Finanzdienstleister Eugene Investment zufolge verdiente Samsung operativ im vergangenen Jahr mit Netzwerktechnik rund 680 Mio. Euro, Nokia kam dagegen auf 1,2 Mrd. Euro und Ericsson auf 1,85 Mrd. Euro. Zu Huawei gibt es keine Zahlen.
Angesichts der Schwächen auf dem Smartphone- und Chipmarkt will Samsung in den nächsten drei Jahren 22 Mrd. Dollar (19,54 Mrd. Euro) in 5G-Technologien und andere Felder investieren. Wie viel von der Summe genau in 5G wandert, lässt der Konzern - auch auf Anfrage - offen. Neben den notwendigen Investitionen in neue Technik wird das Unternehmen einige Gelder benötigen, um Talente anzulocken. "Wir benötigen mehr Software-Ingenieure und wollen mit der Regierung zusammenarbeiten, um diese zu finden", zitierten Regierungsvertreter den Samsung-Chef Jay Y. Lee aus einem Gespräch mit dem Ministerpräsidenten Lee Nak Yeon. Während Samsung auf Expansion setzt, befinden sich Nokia und Ericsson auf einem ganz anderen Pfad und sind eher dabei, Kosten zu streichen. Bisher konnten sie nach Einschätzung von Branchenkennern kaum von den Huawei-Problemen profitieren. Allerdings sind die Zyklen im kosten- und zeitintensiven Telekomsektor lang und Veränderungen in den Geschäftsbeziehungen machen sich erst nach und nach bemerkbar.
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