Wirbel um gesperrtes ACTA-Video
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"Unfortunately this video is not available in Germany, because it may contain music for which GEMA has not granted the respective music rights" ("Unglücklicherweise ist dieses Video in Deutschland nicht verfügbar, weil es Musik beinhalten könnte, für die die GEMA die jeweiligen Rechte nicht gewährt hat", heißt es, wenn man in Deutschland das Protest-Video "Was ist ACTA?" aufrufen möchte. Das bestätigten YouTube-Nutzer aus Deutschland zu Mittag gegenüber der futurezone, denn in Österreich ist das Video nach wie vor verfügbar.
Das Video wurde inhaltlich vom Kollektiv Anonymous zusammengestellt und vom deutschen Künstler Bruno Kramm ("Das Ich") in die deutsche Sprache übersetzt und mit einer düsteren Synthesizer-Fläche unterlegt. Das Original-Video in deutscher Sprache wurde in den ersten zwei Wochen (es ist erst seit 27.1.2012 online) mehr als 600.000 mal abgerufen. Auf YouTube gibt es mittlerweile zahlreiche Kopien davon, eine erreichte bereits mehr als zwei Millionen Seher. Eine andere, hochgeladen von "feinStaubTV", wurde nun am Wochenende gesperrt, worauf der deutsche Blogger C. Hofmann aufmerksam machte.
"Das beste Beispiel für Zensur"
Der Künstler Kramm sagte in einer ersten Reaktion zu der Sperre: "Diesen Bildschirm habe ich in letzter Zeit einfach zu oft gesehen. Dass das Video gesperrt wurde, ist das beste Beispiel für die krampfhafte Durchsetzung von Zensurmaßnahmen im Netz." Die deutsche Verwertungsgesellschaft GEMA will, wie auch bei den anderen in Deutschland gesperrten Videos, damit allerdings nichts zu tun haben. "Wir wissen nicht, wer die Videos sperrt", heißt es Anfrage der futurezone.
Die Hinweistafel, dass die GEMA für die Sperre verantwortlich sei, sei faktisch falsch und irreführend, erklärte Peter Hempel, ein Sprecher der GEMA. Wer hinter der Sperre stecke, sei der GEMA nicht bekannt. Die Verwertungsgesellschaft, die derzeit einen Musterprozess gegen YouTube führt, wolle allerdings keinen "Nebenkriegsschauplatz" eröffnen und nehme diese "faktisch falschen" Hinweistafeln unkommentiert hin.
Google: "Es können Fehler unterlaufen"
Eine Anfrage bei Google ergab in den späten Abendstunden folgende Antwort: "Bei einer massiven Menge an Videos auf YouTube und der steigenden Anzahl an Uploads - momentan 60 Stunden Videomaterial in der Minute - können auch bei dem Hochladen manchmal Fehler unterlaufen. Wenn dieses passiert und wir darauf hingewiesen werden, reagieren wir schnellstmöglich, um das Video wieder einzustellen."
Gemeint ist damit freilich, dass es bereits beim Upload des Videos zu Problemen gekommen ist. Mitterlweile hat YouTube das Video in Deutschland auch wieder verfügbar gemacht. Damit ist die Frage, wie es sein kann, dass es bei einem Video, das unter "Creative Commons"-Lizenz gestellt wurde, eigentlich zu einer derartigen Sperre kommen kann, beantwortet.
"Kein musikalisches Werk"
Das Video enthält neben dem gesprochenen Text, der von Kramm übersetzt und gesprochen wurde, lediglich eine Synthesizer-Fläche, die laut Kramm kein "musikalisches Werk" darstelle. "Das ist eine zufällig entstandene Granularsynthese. Diese wabende Synthie-Fläche mit den Grusel-Drown-Sounds entstand durch clustermäßiges Drücken von Tasten", erklärte Kramm. Die Aufnahme stamme aus dem Studio von Kramm und sei nicht urheberrechtlich geschützt. Die Tasten habe seine kleine Tochter gedrückt.
Kramm, der die deutsche Fassung des Original-Videos eingesprochen und produziert hatte, ist zwar Mitglied der GEMA, aber kein Mitglied der VG Wort, die zum Beispiel die Rechte von Übersetzern vertritt. "Aus meiner Sicht ist keine Rechteverletzung feststellbar", sagt Kramm.
"Klima der Angst und Kontrolle"
Kramm ist seit mehr als 20 Jahren als Künstler aktiv. Er hielt auch am Wochenende auf der Anti-Acta-Demo in München eine Rede, in der er erklärte, warum er gegen das umstrittene Anti-Piraterieabkommen sei. "Die restriktive Anwendung von Urheberrechten der Unterhaltungsbranche im Internet bedroht unsere Privatsphäre und Freiheit elementar. Wenn bereits die Beihilfe zu zweifelhaften Urheberrechtsverletzungen strafbar wird, wenn Provider aus immer trivialeren Gründen Internetadressen herausgeben müssen, breitet sich ein Klima der Angst und Kontrolle aus", so der Künstler.
CC und Vewertungsgesellschaft "nicht vereinbar"?
Wenn man die Synth-Fläche als "musikalisches Werk" werten würde und diese von Kramm selbst stammen würde, wäre es laut Auskunft der GEMA nicht möglich gewesen, das Werk unter einer "Creative Commons"-Lizenz zu veröffentlichen. "Die Rechtewahrnehmung der GEMA lässt sich nicht mit Creative Commons vereinen", sagte der GEMA-Sprecher auf futurezone-Anfrage.
In Dänemark, Frankreich und den Niederlanden gibt es allerdings bereits Pilotprojekte, im deren Rahmen Mitglieder von Verwertungsgesellschaften spezielle Werke über Creative Commons freigeben können. Die GEMA lehnt dies allerdings ab. "Es handelt sich bei Creative Commons um zeitlich nicht begrenzte und für alle Sparten freigegebene Lizenzen", so der GEMA-Sprecher. Dies sei nicht mit dem Verwertungsmodell der GEMA vereinbar.
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