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Spieletest

Crysis 2: Im Hightech-Anzug zur schönen Schießerei

Crysis 2 (PC, PS3, Xbox360, ab 18 Jahren) schließt an die Story des ersten Teil an. Dabei geht es vom Insel-Dschungel in den Großstadt-Dschungel. Im Vorgänger wurden nordkoreanische Soldaten und Aliens auf den tropischen Ling-Shan-Inseln bekämpft, jetzt wird Manhattan zum Schauplatz der Ceph-Invasion. Den menschlichen Part im Dreiecks-Konflikt übernehmen Söldner von Crynet. Crynet, der Hersteller des Nanosuits, der dem Spieler übermenschliche Kräfte verleiht, versucht genau diesen Anzug zurückzubekommen.

Schicker Anzug
Der Nanosuit macht optisch vielleicht nicht so viel her wie ein maßgeschneiderter Armani, erleichtert aber das Leben, wenn einem die Kugeln um die Ohren fliegen. Auf Knopfdruck wird entweder der Panzer-Modus aktiviert, der zusätzlichen Schutz verleiht, oder der Tarn-Modus, der einen fast völlig unsichtbar macht. Zusätzlich ermöglicht der Nanosuit höhere Sprünge, übermenschliche Sprint-Geschwindigkeit und harte Schläge und Tritte, die bei Bedarf auch ein Autowrack dem Gegner entgegen schleudern. Im weiteren Spielverlauf können durch das Einsammeln von Alien-Resten zusätzliche Fähigkeiten „gekauft“ werden. So verbessern Upgrades etwa die Effektivität des Panzer-Modus oder bringen die Schüsse der Gegner zum Leuchten, wodurch Scharfschützen leichter auszumachen sind.

Trotz übermenschlichen Fähigkeiten macht der Anzug nicht unbesiegbar. Jede aktivierte Fähigkeit verbraucht Energie. Ist die Energie alle, steht man relativ nackt und verwundbar da. Die Energie lädt sich zwar wieder auf, allerdings können schon ein paar Sekunden Schutzlosigkeit ausreichen, um das Zeitliche zu segnen. Und da die Checkpoints teils sehr weit auseinander liegen, ist das Ableben doppelt frustrierend.

Freiraum
Der Trick zum effektiven Einsatz des Nanosuits liegt in der Ausnutzung der Umgebung. Im Gegensatz zu gescripteten Shootern, wie Call of Duty und Medal of Honor, bietet Crysis 2 relativ viel Freiraum. Die einzelnen Sektionen haben zwar immer ein klares Ziel, das man erreichen muss, jedoch hat der Spieler fast immer die Wahl wie er das macht. Versucht man sich im Panzer-Modus mit einem Granatwerfer bewaffnet frontal durchzuschlagen oder hüpft man über die Hausdächer, um sich mit dem Scharfschützengewehr einen Höhenvorteil zu verschaffen? Natürlich könnte man auch im Tarn-Modus heranschleichen und einen Soldaten nach den anderen von hinten erledigen – im Idealfall so, dass man, bevor die Energie zu neige ist und sichtbar wird, in die Videothek an der Ecke flüchten kann, um zwischen den Regalen hockend den Anzug aufzuladen. Oder man mischt die Fähigkeiten: Erst schleicht man sich hinter die feindlichen Linien, tritt ein Auto gegen einen Geländewagen der Feinde, reißt ein Maschinengewehr aus der Sandsack-Stellung und nimmt damit den zur Verstärkung herbeieilenden Hubschrauber aufs Korn.

Trotz der zahlreichen Optionen ist die Freiheit nicht grenzenlos – man kann nicht einfach an der Kreuzung abbiegen und so den feindlichen Checkpoint in der Parallelstraße umgehen. Durch die vielen Möglichkeiten und die Superkräfte entsteht jedoch die Illusion praktisch alles machen zu können. Das ändert sich drastisch, wenn man gegen die Ceph-Aliens kämpft. Die springen, sprinten, schießen, kratzen und beißen – sind also eine Art Light-Version des Spielers. Spätere Ceph-Typen können auch den Tarn-Modus des Nanosuits leichter durchschauen als andere Gegner. Man wird vom Jäger zum Gejagten. Da man durch beseitige Cephs aber Upgrades für den Anzug bekommt, ist man doch immer wieder versucht den Kampf zu suchen, anstatt den Konfrontationen aus dem Weg zu gehen.

Ringelspiel-K.I.
Aber auch die menschlichen Feinde sind nicht bloß Opfer. Besonders in größerer Stückzahl machen sie einem zu schaffen. Die K.I. ist nicht dumm, geht vorsichtig vor und ruft Verstärkung, wenn sie misstrauisch ist. Meistens jedenfalls. Selten aber doch scheint die künstliche Intelligenz ein Blackout zu haben und Gegner drehen sich auf dem Stand oder laufen gegen Wände.

Um gegen die wehrhaften Feinde zu bestehen - neben Infanterie, Geländewagen, Panzern und Hubschraubern gibt es auch noch schwere Ceph und Alien-Walker - steht ein ansehnliches Waffenarsenal zur Verfügung. Die Waffen ähneln realen Vorbildern, sind aber keine original-getreuen Abbildungen von M4, G36 und Co. Dennoch ist es möglich die Schießeisen zu modifizieren, sobald die entsprechenden Teile gefunden werden. So können verschiedene Visiere, Schalldämpfer, Granatwerfer oder Schrotflinten angebracht werden. Die Auswahl ist nicht so groß wie im Multiplayer-Modus von CoD: Modern Warfare, was aber im Spielverlauf nicht negativ auffällt.

Grafik und Story
Wenn es um die Grafik von Crysis 2 geht, verfällt man schnell in Superlative. Optisch ist der Titel definitiv die Shooter-Referenz. Das zerstörte New York wird großartig in Szene gesetzt, Erdbeben, Flut, Explosionen, Lichteffekte – es sieht einfach alles toll aus. Stilistisch passt alles zusammen, die Ceph-Strukturen, die sich durch die Hochhaus-Schluchten fressen, sind glaubhafter in Szene gesetzt als die Alien-Invasionen in den meisten Science-Fiction-Filmen.

Das Gameplay stimmt, die Grafik ist phänomenal, da könnte man auf die Hintergrundgeschichte eigentlich verzichten - was Crysis 2 aber nicht tut. Die Story stammt vom Science-Fiction-Schreiber Richard K. Morgan und wird dem Spieler nicht aufgedrängt. Zwischensequenzen, die die Ladezeiten überbrücken, können meist abgebrochen werden, da die Ladezeiten nicht besonders lang sind. Wer sich wirklich für die Geschichte interessiert, kann freigeschaltene Flash-Backs und gefundene E-Mails betrachten. Da man allerdings ständig danach giert den nächsten Abschnitt zu sehen, wird man das beim ersten Durchspielen eher sein lassen. Aber nicht nur die Handlung motiviert zum erneuten Spielen der Kampagne. Nach einem erfolgreichen Durchgang stehen die freigeschaltenen Upgrades für den Anzug und die Waffen schon beim Start zur Verfügung, wodurch sich in diversen Abschnitten neue Möglichkeiten bieten.

Multiplayer
Zwölf Levels, sechs Modi und verschiedene Modifikatoren: Der Umfang des Multiplayer-Modus von Crysis 2 ist Standard. Auch das Erstellen eigener Klassen, das Freischalten von Waffen, Upgrades und Fähigkeiten, gehört seit Call of Duty zum Repertoire der meisten Shooter. Den Unterschied macht wieder die Nanosuit. Allerdings sind bestimmte Fähigkeiten etwas übermächtig, speziell in den ersten Spielstunden. Bis man die Levels, die oft mehrere Ebenen in die Höhe gehen, halbwegs durchschaut hat, erlebt man zahlreiche, überraschende, virtuelle Tode.

Campende Scharfschützen scheinen die Levels zu dominieren. Und versteckt man sich selbst oder nutzt den Tarn-Modus, scheint das nur wenig zu helfen. Spieler, die bereits länger spielen, spüren einen mit der Nano-Vision oder anderen Fähigkeiten ohnehin auf. Zu Beginn ist man hauptsächlich Opfer. Spieler, die die Herausforderung schätzen, werden aber auf ihre Kosten kommen.

Fazit
Crysis 2 überzeugt mit Gameplay, Grafik und Geschichte – wenn man sich auf sie einlässt. Der Wechsel von der tropischen Insel zu New York hat dem Shooter gut getan. Das, was der Umgebung jetzt an Breite fehlt (und ohnehin nicht störend auffällt), machen die Levels durch ihre Höhe, mehrere Ebenen und die charakteristischen New Yorker Sehenswürdigkeiten wett. Über die wenigen Mankos und Bugs kann man hinwegsehen und auch wenn der Multiplayer-Modus nicht gespielt wird, werden Shooter-Freunde den Kauf nicht bereuen.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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Gregor Gruber

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