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Test

Facebook Home: Wühlen in der Bilderflut

Das von vielen

wurde es nicht, doch mit
lieferte das Online-Netzwerk immerhin eine alternative Oberfläche für Android ab. Diese soll mit Facebook-Inhalten den Bildschirm füllen und Apps in den Hintergrund rücken - in der Theorie die perfekte Oberfläche für Facebook-Powernutzer. Doch lässt sich Facebook Home tatsächlich produktiv im Alltag nutzen oder ist es nur eine weitere hübsche Design-Studie? Die futurezone hat die Oberfläche mehrere Tage ausprobiert.

Safety last
Beim Einschalten des Smartphones bekommen Nutzer standardmäßig ein aktuelles Status-Update aus ihrem Newsfeed sowie die aktuelle Uhrzeit präsentiert. Facebook hat keinen eigenen Lockscreen oder sonstige Sicherheitsfunktionen implementiert und "deaktiviert" auf den ersten Blick zuvor eingerichtete Lockscreens. Facebook Home kann ohne PIN-Eingabe oder Entsperrmuster durchgesehen werden, beim Öffnen einer zusätzlichen App wird jedoch der vom Hersteller vorinstallierte Launcher, wie etwa Touchwiz oder HTC Sense, aktiv und der entsprechende Code muss eingegeben werden.

Sobald die Funktion "Beim Einschalten des Bildschirmes Home anzeigen" deaktiviert wurde, wird der Standard-Lockscreen bereits vor Facebook Home aktiv und das Smartphone muss zur Nutzung entsperrt werden. Dadurch entsteht jedoch eine etwas inhomogene Mischung, da der bereits vorinstallierte Launcher des Herstellers und Facebook Home für den Nutzer sichtbar nebeneinander existieren.

Wischen und Tippen
Das Konzept eines tastenlosen Smartphone-Betriebssystems wurde bereits des Öfteren versucht, zuletzt veröffentlichte der Software-Anbieter Canonical mit Ubuntu Phone seine Vorstellung davon. Doch das Bedienkonzept

- auch wenn Canonical hier anderer Meinung ist. Facebook versuchte den selben Weg zu gehen, auch wenn der Mut fehlte, auf den Home-Button zu verzichten.

Bildergalerie mit Suchtpotenzial
Das Bedienkonzept funktioniert dennoch. Durch ein simples Tippen auf den Bildschirm wird die Oberfläche aktiviert und das eigene Facebook-Profilfoto, das in einem Kreis angezeigt wird, verschwindet nach unten. Wenn der Bildschirm zuvor über einen Lockscreen entsperrt werden muss, erspart sich der Nutzer das Antippen und die Oberfläche ist sofort nach dem Entsperren aktiv. Durch Wischen navigiert man nun zwischen den einzelnen Postings hin und her, doppeltes Antippen führt zum Like. Alternativ steht auch der bekannte Daumen nach oben links unten zur Auswahl, direkt neben einem Symbol zum Kommentieren. Rechts unten wird die Zahl der Likes und Kommentare gesammelt. Das Tippen darauf bringt, wie bisher in der Facebook-App, die Kommentare zum Vorschein.

Facebook präsentiert alle Inhalte mit Bild - auch reine Text-Postings. Diese werden dann anstatt mit einem Vorschaubild mit dem Titelbild des Facebook-Profils versehen. So entsteht eine recht ansehnliche Bildergalerie mit Suchtpotenzial. Ähnlich wie Flipboard ist es deutlich übersichtlicher, einzelne Postings von Freunden durchzublättern als einen konstanten Stream von Nachrichten. Etwas verwirrend ist jedoch, dass Facebook die Postings nicht wirklich sortiert. Sie werden offensichtlich nicht chronologisch angezeigt und gelegentlich sogar nach dem Deaktivieren und dem neuerlichen Einschalten des Bildschirms bunt durchgemischt. So entsteht zwar ein gewisser Anreiz, die Postings nochmals durchzublättern, doch Transparenz sieht anders aus. Eine Einstellung für die Art der Sortierung wäre durchaus angebracht.

Wichtig, wichtiger, Facebook-Profil
Die zentrale Anlaufstelle von Facebook Home ist das eigene Profilfoto, das am unteren Rand des Bildschirms in einer kleinen Blase angezeigt wird. Die "Profil-Blase" wird beim Einschalten des Bildschirms (ohne Lockscreen) oder durch einfaches Tippen auf den Bildschirm eingeblendet. Hält der Nutzer die Blase, werden drei Auswahlmöglichkeiten eingeblendet. Links findet sich eine Verknüpfung zum Messenger, der ebenfalls einige Zusatzfunktionen erhalten hat, oben der App-Launcher und rechts die zuletzt verwendete App. Zieht der Nutzer nun sein Profilbild auf eine der Funktionen, wird diese ausgeführt.

Der App-Launcher ist in zwei Bildschirme aufgeteilt. Der Start-Bildschirm ist eine von Facebook angepasste Übersicht für die persönlichen App-Favoriten. Bis zu 16 Apps haben pro Bildschirm Platz, allerdings können nahezu beliebig viele Bildschirme hinzugefügt werden. Der einzige Unterschied zu bisherigen Launchern liegt in der Statuszeile über den Apps, über die der Facebook-Status direkt aktualisiert werden kann. Tatsächlich verbirgt sich dahinter jedoch nur eine Verknüpfung zur Facebook-App, wodurch dieses Feature einen eher eingeschränkten Nutzen hat.

Überraschend ist auch, dass Facebook seine iOS-Kamera-App nicht für Android portiert hat oder eine Verknüpfung zu Instagram hinzugefügt hat. Beim Upload eines Fotos wird nach wie vor nur der Auswahldialog der Facebook-App gestartet. Ohnedies ist die versprochene "tiefere Facebook-Integration" kaum zu erkennen, tatsächlich wurden lediglich die Inhalte in den Vordergrund und Apps nach hinten gerückt. Der Funktionsumfang selbst ist ident zur Facebook-App.

(Manchmal) schnell und sparsam
Damit die App laufend neue Inhalte anzeigen kann, müssen diese im Hintergrund nachgeladen werden. Facebook erlaubt in den Einstellungen die Begrenzung der Datennutzung, allerdings ist diese mit "Niedrig", "Mittel" (Standardeinstellung) und "Hoch" äußerst schwammig ausgefallen. Ein Unterschied ließ sich im Test nicht feststellen, an einem Abend bei recht ergiebiger Nutzung (über mehrere Stunden verteilt mehrere Minuten lang) fielen bei "Mittel" rund 10 Megabyte an Daten an (Up- und Download).

Auch bei der Akkulaufzeit ließ sich kaum ein Unterschied erkennen. Die Facebook-App, die das Herz des Launchers darstellt, ist ohnedies nicht gerade als energieeffizient bekannt, doch immerhin hat sich dies durch Facebook Home nicht verschlimmert. 

 dürfte es wohl nur eine Änderung geben, die jedoch alle Nutzer der Facebook-App betrifft: nun werden auch Daten über gestartete Apps aufgezeichnet, wobei diese nur anonymisiert für 90 Tage von Facebook gespeichert werden. Eine Opt-Out-Funktion gibt es derzeit nicht.

Die wirkliche Neuerung - der Messenger
Das wohl größte Update hat der Facebook Messenger erfahren, der nun sogenannte Chat Heads mitliefert. Dabei handelt es sich um kleine Blasen, die auf der Android-Oberfläche am rechten oder linken Rand eingeblendet und beliebig verschoben werden können. Durch einfaches Tippen öffnet sich die Unterhaltung im Facebook Chat ohne dass die Messenger-App geöffnet werden muss. Um die Chat Heads nutzen zu können, muss außerdem kein Facebook Home installiert sein, lediglich die aktuelle Version des Facebook Messengers ist erforderlich.

Auf Wunsch lässt sich eine bereits bestehende Konversation auch als Chat Head auf den Startbildschirm ziehen. Dazu bleibt man lediglich etwas länger auf der Unterhaltung und wählt anschließend "Chatsymbole einblenden" aus. Ansonsten bietet die App keine wirklichen Neuerungen, nach wie vor besteht die Option, die App auch für SMS-Nachrichten zu verwenden.

Fazit
Sollte hinter Facebook Home tatsächlich ein Prototyp für ein eigenes Betriebssystem stecken, so wartet auf die Facebook-Entwickler noch viel Arbeit. Die bislang noch sehr rudimentären Funktionen mögen gut gelungen sein, doch das reicht derzeit einfach noch nicht. Facebook-Poweruser dürften zwar dem ersten Reiz erliegen, doch der Suchtfaktor zu Beginn verfliegt schnell, vor allem da Beiträge nicht chronologisch geordnet werden. Auch die Tatsache, dass Apps nur sehr schwer erreichbar sind, nervt auf die Dauer.

Derzeit steckt hinter Facebook Home ein interessantes Konzept, das aber nur halbherzig umgesetzt wurde. Viel zu oft landet man noch auf dem eigentlichen Launcher und wird daran erinnert, dass viele Funktionen noch fehlen. Wer das Durchblättern von Bilderbüchern im Stil von Flipboard mag, wird wohl, zumindest für kurze Zeit, auch seine Freude am Design von Facebook Home haben. Ein Muss ist Facebook Home nicht, es ist jedoch auch kein absoluter Fehlschlag, 

meinten.

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Facebook Home ist derzeit nur in den USA verfügbar, einige Branchen-Blogs sowie die Entwickler von xda-developers bieten die Installationsdatei aber zum Download an.

Die eigentliche Home-App ist nur knapp 300 Kilobyte groß und hat nahezu alle Berechtigungen auf die offizielle Facebook-App ausgelagert. Die Installation ist ohne Root-Zugriff für das HTC One X, HTC One X+, Samsung Galaxy S III sowie dem Samsung Galaxy Note II möglich, in Zukunft sollen auch das HTC One sowie das Samsung Galaxy S IV unterstützt werden.

Ein xda-developers-Nutzer konnte die App jedoch so modifizieren, dass sie auf allen Android-Smartphones lauffähig ist. Dazu muss jedoch die Facebook-App zuvor entfernt werden - ein Vorgang, der auf einigen Smartphones nur mit Root-Zugriff möglich ist.

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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